Krefeld „Haus der Bildung“ für Migrantenviertel

Krefeld · Schule und Kita unter einem Dach: Das Konzept ist ehrgeizig und soll Bildungsherausforderungen in Krefeld-Mitte lösen. Die Neubauten würden teurer werden als üblich. Die CDU sieht praktische Probleme und bezweifelt den Ertrag.

 Diese Planskizze der Stadt zeigt den Standort der Mosaikschule im Bereich Hofstraß/ Oranierring; auf dem Gelände soll das „Haus der Bildung“; der Plan ist insofern veraltet, als dort mittlerweile eine sechs- und keine vierzügige Kita geplant ist.

Diese Planskizze der Stadt zeigt den Standort der Mosaikschule im Bereich Hofstraß/ Oranierring; auf dem Gelände soll das „Haus der Bildung“; der Plan ist insofern veraltet, als dort mittlerweile eine sechs- und keine vierzügige Kita geplant ist.

Foto: Stadt Krefeld

Mit einem neuen, ehrgeizigen Modell möchte Krefelds Schuldezernent Markus Schön die Bildungsherausforderungen in einem Viertel lösen, das viele Probleme vereint: hoher Migrantenanteil, Armut, Bildungsferne, zerrüttete Familien. Ein Viertel der Menschen, die in Mitte leben, sind Sozialhilfeempfänger. Die Herausforderungen sind bekannt: Kinder mit dieser Herkunft landen in Deutschland immer noch zu oft in einem Teufelskreis aus Bildungsdefiziten und neuer Armut. In solchen Vierteln wachsen die Hartz-IV-Empfänger von morgen auf. Das neue Konzept mit dem griffigen Titel „Haus der Bildung“ will diesen Teufelskreis durchbrechen. Das Modell wurde am Mittwoch im Jugendhilfeausschuss vorgestellt und diskutiert. Darum geht es:

Schule und Kita unter einem Dach

Am Standort Hofstraße der heutigen Mosaikschule sollen, wenn die Mosaikschule in die Prinz-Ferdinand-Straße umgezogen ist, zwei „Lernhäuser“ entstehen: eine Grundschule und eine  sechszügige Kita.  Verbindendes Element der beiden Lernhäuser soll ein Familienzentrum sein, das als gemeinsamer Eingangsbereich für Kita und Grundschule dient. Von diesem Zentrum  aus sollen auch Mensa und Verwaltungsräume erreichbar sein. Der Sinn der engen  Nachbarschaft von Kita und Grundschule steht in der pädagogischen Fachwelt außer Frage: „Die räumliche Nähe ist wichtig“, sagt dazu Krefelds Schulamtsdirektorin Marita Koblenz-Lüschow klipp und klar.

Aufgaben des Familienzentrums

Ziel der engen Nachbarschaft von Kita und Grundschule ist es,  Kinder und  Familien vom ersten Tag in der Kita bis zum Wechsel an eine weiterführende Schule intensiv zu begleiten. Das Familienzentrum soll von Kita und Schule gemeinsam geleitet werden. Im Familienzentrum soll es viele Angebote für Kinder und Eltern geben: ein Eltern-Café, Sprechstunden zur Erziehungs- und Familienberatung bis hin zu Schuldnerberatung; Elternveranstaltungen zu  Medienerziehung und Leseförderung; Eltern-Kind-Kurse; Gesundheitsvorsorge; Sprechstunden von Lehrern, Hebammen, Kinderärzten oder anderen Fachleuten sowie Informationen über  Angebote des Kommunalen Integrationszentrums.

Zusätzlich zu Lehrern und Erziehern für Kita und Schule würde im Familienzentrum ein Team aus Sozialpädagogen und weiteren Erziehern etwa zur Betreuung von Inklusionskindern gehören. Wie viele Leute eingestellt werden müssten, ist noch nicht klar.

Besonderheit der Kita

Die Kinder (und deren Eltern) sollen vor allem im letzten Kita-Jahr die Nachbarschaft zur Schule erleben und so einen leichten Übergang ins Schulleben und dessen Anforderungen haben.

Besonderheit bei der Grundschule

Die Grundschule soll zwei jahrgangsübergreifende Eingangsklassen haben, in denen also  Erst- und Zweitklässler zusammen unterrichtet werden. Hintergrund: Kinder aus solchem Umfeld weisen  oft starke Entwicklungsunterschiede auf – nach Angaben der Stadt liegen die Kinder einer Altersstufe in ihrer Entwicklung drei bis vier Jahre auseinander. Mindestens eine der Eingangsklassen soll in gebundenem (also: verpflichtendem)  Ganztag mit entsprechenden Bildungs-, Freizeit- und Sportangeboten erfolgen.

Kritik und Zweifel Die CDU ist nicht generell gegen das Konzept, zweifelt aber die räumlichen Voraussetzungen und den Ertrag im Verhältnis zum Aufwand an.  CDU-Ratsfrau Stefanie Neukirchner sagte, ihre Fraktion lehne das Konzept nicht grundsätzlich ab. „Wir glauben aber, dass der Platz an dieser Stelle nicht ausreicht.“ Eine dringend benötigte Quartiersgarage, die Parkprobleme rund um die Schule lösen sollte, müsste als Tiefgarage gebaut, die Turnhalle abgerissen und neu errichtet werden: „Das alles würde die Kosten hochtreiben; die grobe Schätzung liegt bei 46 Millionen Euro.“  Getrennte Standorte würden erheblich günstiger werden. „Wir favorisieren einen Kita-Neubau in der Nähe des Nordbahnhofs; dort ist genügend Fläche vorhanden; zudem könnte eine Quartiersgarage ebenerdig errichtet  werden. Die CDU ist auch nicht überzeugt, dass die pädagogischen Vorteile des Hauses der Bildung den finanziellen Aufwand rechtfertigen. „Es gibt ja gute Netzwerke, mit denen man die Betreuung der Kita-Familien gewährleisten könnte“, sagte Neukirchner

Sonderproblem Schulgründung

Neukirchner weist auch auf ein anderes Problem hin: Die Grundschule ist eine Neugründung; pädagogische Konzepte werden von der Schulkonferenz beschlossen. Da die Schule noch nicht gegründet ist, kann es  also sein, dass die Stadt dort für ein Konzept baut, dass dann möglicherweise abgelehnt wird. Krefelds Schulamtsdirektorin Marita Koblenz-Lüschow bestätigt diese rechtlich Lage. „Es ist richtig, dass ein pädogogisches Konzept von der Schulkonferenz aus Lehrern und Eltern verabschiedet werden muss. Auch die Entscheidung über jahrgangsübergreifenden Unterricht liegt in der Hoheit der Schule.“

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