Schiedsmann aus Krefeld Neue Nachbarn sind häufigster Streitgrund

Krefeld · Seit gut fünf Jahren ist Hans-Josef Meys Schiedsmann für Krefeld Ost. Er spricht über neue Entwicklung und seine Arbeit. Das Kernproblem sei heute ein Generationenwechsel. Streitfälle hätten sich in den Jahren deutlich vermehrt.

 Schiedsmann Hans-Josef Meys findet im Schnitt bei drei von vier Fällen eine Lösung, mit der beide Parteien einverstanden sind. Etwa ein Viertel der Konflikte landen dennoch vor Gericht.

Schiedsmann Hans-Josef Meys findet im Schnitt bei drei von vier Fällen eine Lösung, mit der beide Parteien einverstanden sind. Etwa ein Viertel der Konflikte landen dennoch vor Gericht.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Hans-Josef Meys sitzt am Tisch in dem Raum, in dem er auch die Gespräche mit streitenden Parteien, zumeist Nachbarn, führt. Zu seinen Füßen liegt Hündin Frida. Das Tier steht immer wieder auf und bittet um Streicheleinheiten - nicht nur von seinem Herrchen. „Das ist oft sehr wichtig für Vermittlungsgespräche. Wenn ich in einem Gespräch zu vermitteln versuche und die Fronten zu verfahren sind, dann frage ich oft, ob es okay ist, wenn ich sie herein lasse“, erzählt Meys. Normalerweise sei der Hund bei Gesprächen nicht im Raum, sondern warte stets vor der Tür. „Wenn es aber zu verfahren ist und die Parteien einverstanden sind, dann lasse ich sie herein, und das löst fast immer die Spannung. Frida bringt dann Ablenkung, und die Leute freuen sich über ihre Zuwendung“, sagt der Schiedsmann. Im Dezember wurde er für eine zweite Amtszeit gewählt.

Ein unbedarfter Beobachter geht wohl davon aus, dass er nicht viel zu tun haben könne. Schließlich gelten Bockum, Verberg oder Traar nicht eben als die Problemviertel Krefelds. Doch in den Jahren, seit Meys die Aufgabe übernahm, habe sich hier viel verändert. „Als ich in 2014 angefangen habe, waren es sieben oder acht Fälle. Mittlerweile habe ich über 30 pro Jahr“, erzählt er. Fast immer handelt es sich um Nachbarschaftsstreitigkeiten. „Das Problem ist, dass gerade hier im Gebiet viele Familien zu gleicher Zeit gebaut hatten. Es haben sich feste Nachbarschaften ergeben, alle Familien waren in einer ähnlichen Lebensphase und aufeinander eingestellt. Doch einige Menschen sind zwischenzeitlich gestorben oder haben die Häuser verkauft, weil die Kinder längst aus dem Haus sind. Es ziehen nun junge Familien in eine alte Nachbarschaft, und das sorgt oft für Konflikte“, sagt Meys.

Die neuen Eigentümer wollten sich verwirklichen und Dinge verändern. Sehr zum Ärger der Nachbarn. Das trage dann teils irritierende Züge. „Da kann es vorkommen, dass ein Baum, der dreißig Jahre alt ist, plötzlich zum Streitfall wird“, erzählt Meys. Doch um den Baum selbst gehe es nicht, sondern um eine Abkehr vom Gewohnten. „Am besten hat es mal eine ältere Frau ausgedrückt. Ich habe einfach nicht verstanden, was eigentlich ihr Problem war und habe sie gefragt, was sie denn nun eigentlich wolle. Sie dachte einige Zeit nach und antwortete dann: ‚Ich will, dass alles wieder so wird, wie es war’. Das fasst es gut zusammen“, erzählt der 52-Jährige.

Doch es gebe auch Fälle, die ihn staunen lassen. So der eines Landwirtes. Dessen Wirtschaftsweg verlief am Grundstück eines Nachbarn vorbei. „Der Weg nebst Randstreifen, sowie die daneben stehende Hecke gehörten eigentlich zum Grundstück des Anwohners. Der Bauer hatte ein Wegerecht. Doch der Weg war für heutige Maschinen zu schmal. Auf der anderen Seite war der Acker des Bauern. Der wollte, dass der Anwohner seine Hecke versetze, was der natürlich nicht einsah und dem Bauern sagte, er solle halt über ein Stück des Ackers fahren. Der Landwirt sah das nicht ein und hat nachts mit einem Radlader die gesamte Hecke zwei Meter auf das Grundstück geschoben. Das war schon ein erstaunlicher Fall“, erzählt Meys schmunzelnd. Recht bekam natürlich der Gründstückseigentümer.

Wichtig ist aus Sicht des gelernten Handelsfachwirtes vor allem Kommunikation. „Wenn Menschen miteinander reden, lösen sich viele Probleme von selbst. Ich versuche auch immer, eine Basis dafür zu schaffen, denn das hilft, künftige weitere Streitfälle zu vermeiden“, sagt er. Immerhin rund 70 Prozent der Fälle könne er lösen. Bei den restlichen gehe es vor Gericht. „Ich sagen den Leuten aber immer: Gericht bedeutet für alle ein Risiko. Einer wird dort verlieren, denn wenn sie sich bei mir nicht vergleichen können, dann werden sie vor Gericht auch keinen Weg finden“, sagt Meys. Die Aufgabe macht ihm auch nach fünf Jahren noch großen Spaß. Seine Botschaft an die Bürger, neben dem Gespräch, lautet: „Wertschätzung. Wenn man mit dem Nachbarn wertschätzend umgeht und ihn respektiert, kommt es fast nie zum Streit“, sagt er. Spricht sich das herum, geht die Zahl seiner Fälle vielleicht wieder auf die anfänglichen sieben bis acht im Jahr zurück.

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