Krefeld Härte des Standesamtes verhindert Hochzeiten

Krefeld · Nach der RP-Berichterstattung über die durch das Krefelder Standesamt verhinderte Hochzeit von Fanny Lukoki melden sich bei der RP immer mehr Betroffene mit ähnlichen Erfahrungen.

 Hanh Dinh mit ihrer Tochter Anhthu: Nach ihrer Hochzeit auf dem Standesamt in St. Tönis gab es auch keine Probleme mehr mit der Geburtsurkunde, als ihre Tochter zur Welt kam. In Krefeld hätte das Paar nicht heiraten können.

Hanh Dinh mit ihrer Tochter Anhthu: Nach ihrer Hochzeit auf dem Standesamt in St. Tönis gab es auch keine Probleme mehr mit der Geburtsurkunde, als ihre Tochter zur Welt kam. In Krefeld hätte das Paar nicht heiraten können.

Foto: Scharfetter

Der Fall von Fanny Lukoki ist offenbar bei weitem kein Einzelfall. Zudem fährt die Stadt eine harte Linie, während andere Städte in solchen Fällen zugunsten der Heiratswilligen flexibler reagieren. Eine Frau, die allein vier Fälle im engen Familienkreis hat, ist Hanh Dinh. Die 39-Jährige stammt gebürtig aus dem Vietnam und beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema. Als sie 1996 ihren Mann heiraten wollte, waren die nicht-aktuellen Geburtsurkunden der gebürtigen Vietnamesen für das Krefelder Standesamt Grund, die Hochzeit nicht zuzulassen.

"Wir sind Boatpeople. Bei unserer Flucht 1980 haben wir die wichtigsten Dokumente wie Geburtsurkunden und Familienstammbuch natürlich mitgenommen. Das Standesamt verlangt jedoch Dokumente, die nicht älter als sechs Monate sind. Die sind für uns, auch wegen der politischen Lage im Land, schwierig zu beschaffen", erklärt Hanh Dinh. Allein einen Anwalt in Vietnam zu beauftragen, der nach einer solchen Urkunde forscht, würde nach Dinhs Kenntnisstand rund 3000 Euro kosten. "Und ob man dann ein gültiges Dokument bekommt, ist auch nicht sicher. Das Land ist dermaßen korrupt, dass alles über Schmiergelder läuft", stellt die Krefelderin fest.

Sie und ihr Mann, beide besitzen einen deutschen Pass, entschieden sich damals für einen anderen Weg. Sie versuchten einfach, ihre Hochzeit beim Standesamt in St. Tönis anzumelden. "Nachdem wir von den Krefelder Beamten eine gewisse Unfreundlichkeit gewohnt waren, waren wir positiv überrascht, wie nett wir in St. Tönis behandelt wurden. Nach Geburtsurkunden hat uns dort keiner gefragt, und noch nicht mal unser Familienstammbuch hat eine Rolle gespielt. Unsere deutschen Pässe reichten aus, die Hochzeit anzumelden", erinnert sich Hanh Dinh. Seitdem sie verheiratet ist, war die Geburtsurkunde für sie kein Thema mehr. "Auch bei der Anmeldung der Geburt unserer Tochter hat keiner danach gefragt."

Ähnlich gute Erfahrungen hat Dinhs Schwester vor zwei Jahren mit dem Standesamt in Hamburg gemacht. Dorthin war sie gegangen, nachdem die Krefelder auch bei ihr den Antrag wegen der fehlenden Aktualität der Dokumente nicht zugelassen hatten. "In Hamburg hat alles reibungslos geklappt. Nur unsere Mutter ist noch immer traurig, dass sie bei der Hochzeit nicht dabei sein konnte", sagt die 39-Jährige, die wie ihr Mann mit sieben Geschwistern groß wurde.

 Fanny Lukoki ist Deutsche, sie wuchs bei Pflegeeltern in Schwalmtal auf.

Fanny Lukoki ist Deutsche, sie wuchs bei Pflegeeltern in Schwalmtal auf.

Foto: Lukoki

Sie erzählt auch, dass sich die Schwester damals Papiere aus Vietnam hatte kommen lassen. "Das waren natürlich gefälschte Dokumente, was anderes gibt's da ja nicht. Meine Schwester fand es einfach falsch, diese Korruption zu unterstützen, auch wenn es die deutschen Ämter scheinbar nicht interessiert. Deswegen ist sie damals nach Hamburg gegangen." Eine andere Verwandte zeigte die so beschafften Urkunden beim Düsseldorfer Standesamt vor, das sie ohne Probleme akzeptierte. "Aber das kann ja nicht der richtige Weg sein", sagt die 39-Jährige.

Für ihren Bruder kämpft sie bis heute mit den Krefelder Standesbeamten. Seit über acht Jahren. Ohne Erfolg. "Er möchte aber unbedingt wegen der Familie in Krefeld heiraten. Inzwischen hat er drei Kinder, das jüngste ist noch ein Baby. Weil das Paar nicht verheiratet ist und er keine aktuellen Dokumente besitzt, ist er bei allen Kindern nicht als Vater eingetragen." Hanh Dinh schätzt, dass von sechs bis sieben Geschwistern in einer vietnamesischen Familie, fünf mit dem Krefelder Standesamt Probleme haben. "Ich kenne keinen, der hier heiraten durfte."

Das Krefelder Standesamt war für eine Stellungnahme am Freitag nicht mehr zu erreichen.

(RP)
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