Krefeld Gioconda Bellis - Kampf ist ihr Leben

Krefeld · Der Verein Ökumenische Partnerschaft Esperanza Nicaragua (O.P.E.N. e.V.) hat die Schriftstellerin aus Nicaragua nach Krefeld in die Mediothek eingeladen, denn ihr Roman "Die bewohnte Frau" wurde vor 30 Jahren veröffentlicht.

 Solidarität, betont die Schriftstellerin am Schluss ihrer Lesung, ist das Wichtigste, um die Hoffnung auf ein demokratisches Nicaragua nicht zu verlieren.

Solidarität, betont die Schriftstellerin am Schluss ihrer Lesung, ist das Wichtigste, um die Hoffnung auf ein demokratisches Nicaragua nicht zu verlieren.

Foto: Lammertz Thomas

Die hoffnungsvolle Gioconda Belli. Im Herzen ist sie immer noch leidenschaftliche Kriegerin, die ihr Ziel immer klar vor Augen hat: Nicaragua in Freiheit. "Ich werde nicht sterben, ohne das befreite Land zu sehen", sagt die berühmte südamerikanische Autorin am Montagabend bei einer eindrucksvollen Lesung in der Mediothek.

 Grupo Sal Duo spielen Lieder aus ganz Lateinamerika.

Grupo Sal Duo spielen Lieder aus ganz Lateinamerika.

Foto: Lammertz

Gioconda heißt auf Italienisch die Heitere, vielen auch bekannt als "La Gioconda", das weltweit wohl berühmteste Frauenporträt der Kunstgeschichte. Die Frau mit dem geheimnisvollen Lächeln. Gioconda Belli hat auch etwas von dieser geheimnisvollen Aura, sie strahlt mehr als nur Stärke und Selbstbestimmtheit aus, während sie aus ihrem weltberühmten Roman "Die bewohnte Frau" vorliest. Am Ende des Abends ist sie etwas müde, doch vor allem hoffnungsvoll, was die Zukunft ihres geliebten Heimatlandes betrifft.

Der Verein Ökumenische Partnerschaft Esperanza Nicaragua (O.P.E.N. e.V.) hat die Schriftstellerin nach Krefeld eingeladen, denn ihr Roman "Die bewohnte Frau" wurde vor 30 Jahren veröffentlicht. Anlass genug, um zurück zu blicken auf 1988 und auf die prekäre, gegenwärtige Situation in Nicaragua.

Solidarität, betont die Schriftstellerin am Schluss ihrer Lesung, ist das Wichtigste, um die Hoffnung auf ein demokratisches Nicaragua nicht zu verlieren. Auch wenn sie mit ihrer Familie die meiste Zeit in Los Angeles lebt, so beobachtet sie mit sehr wachem und kritischen Blick, was sich seit der Amtszeit von Daniel Ortega in Nicaragua abspielt. Und sie ist natürlich mehr, als bloße Beobachterin. Im Gespräch mit dem Publikum wird klar, dass in ihr immer noch das Herz einer leidenschaftlichen Kämpferin schlägt. Auch wenn die linke Utopie der Sandinisten scheiterte, ist diese, so Belli, die 1970 bis 1990 selbst aktives Mitglied der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront war und vor allem für die Bildungspolitik und die Frauenrechte kämpfte, nicht umsonst gewesen. Im konkreten Fall von Nicaragua, trauen sich die Menschen auf die Straße zu gehen und sich gegen das diktatorische Regime von Ortega zu stellen.

Doch die Gegenwart zeichnet ein düsteres Bild von Nicaragua. Mit enormer Brutalität werden diese Widerstandskämpfe durch vornehmlich junge Studenten vom Staat unterdrückt, Belli ist schockiert. "Mit so einem Vorgehen hatten wir nicht gerechnet." Der 18. April 2018 bildet schließlich den Höhepunkt. Bei einer Protestaktion gegen das diktatorische Regime von Ortega, der seit 2009 an der Macht ist, kommt es zu brutalen Straßenkämpfen, 78 Menschen werden getötet und über 800 Menschen verletzt.

Belli gründet mit anderen Intellektuellen und Hinterbliebenen die Organisation "18 de Avril" und wieder kämpft Belli für ihre Ideale. Demokratie und Menschlichkeit in ihrem Heimatland Nicaragua. Diese Situation muss jeder vor Augen haben, der "Die bewohnte Frau" heute, dreißig Jahre später, noch einmal oder vielleicht zum ersten Mal liest. Belli sagt, "auch heute stehe ich als bewohnte Frau eines unterdrückten Volkes vor Ihnen." Wie die Protagonistin ihres Romans steht sie am Rednertisch, "stark und sanft" zugleich.

"Die Liebe fährt mir wie galoppierende Pferde durch die Brust. Land meiner Träume und meiner Qualen. Ich sage dir Worte, denn sie sind die Mörtel meines Lebens", liest die Schriftstellerin aus einem ihrer Gedichtbände und findet eindringliche Bilder, die die Zerrissenheit und Liebe zu ihrem Heimatland auszudrücken.

Neben der charismatischen Schriftstellerin und ihrer ebenso charismatischen deutschen Stimme (Viola Gabor) haben Grupo Sal Duo auf der Bühne der Mediothek Platz genommen. Die beiden Musiker (Percussion und Gitarre) spielen Lieder aus ganz Lateinamerika. In kleinen Einführungen erklären sie die Geschichten hinter ihren Liedern. Auch hier wird es trotz der heiteren Rhythmen sehr politisch. In einem Lied geht es um eine junge, brasilianische Aktivistin, Marielle Franco. Sie mischte sich jüngst zu weit in die brutalen Übergriffe durch Militär und Polizei ein und wurde kurzerhand von der Regierung ermordet. "Das Buch ist ein Manifest", erklärt Belli die Bedeutung ihres Werkes, damals wie heute, "es ist ein Manifest für die umfassende Teilhabe einer Frau im Kampf um Gerechtigkeit". Obwohl sie jüngst in einem anonymen Video als Protagonistin des Terrorismus in Nicaragua bezeichnet wurde, fühlt sich Belli nicht bedroht.

(RP)
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