Verdi-Streik in Krefeld Gewerkschaft erwartet langen Streik

Krefeld · Bei der Demonstration der Gewerkschaften Verdi und GEW auf dem Theaterplatz machten die Streikenden klar: Sie werden nicht klein beigeben.

 Bei der Demonstration der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Gewerkschaft Erziehung und Wissen machten die Beschäftigten am Mittwoch auf ihre Forderungen aufmerksam.

Bei der Demonstration der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Gewerkschaft Erziehung und Wissen machten die Beschäftigten am Mittwoch auf ihre Forderungen aufmerksam.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Menschen in Krefeld und Umgebung müssen sich, wie auch die im Rest der Republik, auf lange Streiks des öffentlichen Dienstes einstellen. Das jedenfalls ist der Tenor der Veranstaltung der Gewerkschaften Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Vormittag auf dem Theaterplatz. Die Beschäftigten beklagen vor allem den mangelnden Respekt, der durch die Angebote der Arbeitgeberseite ausgedrückt werde. Streikleiter Dominik Kofent drückte es in seinem Schlusswort so aus: „Ich habe eben versucht, mit Applaus ein Brötchen zu kaufen – das hat nicht geklappt“, rief er den rund 350 anwesenden Gewerkschaftern, gut 20 Prozent mehr als vor zwei Wochen, zu und erntete Johlen und Applaus.

Nun wird ein Angebot der Arbeitgeber erwartet. „Ich habe bisher nicht viel herausbekommen, aber ich habe einige Inhalte des Angebots der Sparkassen gesehen, und wenn sich das bestätigt, dann ist das eine weitere Kriegserklärung“, rief er. Dabei wollten die Arbeitgeber nicht nur auf Gehaltserhöhungen verzichten, sondern auch noch die Eingruppierungen ändern. „Sie wollen nun über den so genannten Arbeitsvorgang reden. Für einen Angestellten des kommunalen Ordnungsdienst würde das einen Wechsel der Tarifgruppe von EG9a auf EG5 bedeuten – oder 1000 Euro weniger pro Monat. Reinigungskräfte, die ja ohnehin alle Porsche fahren, sollen 631 Euro weniger bekommen, die Verwaltung 834, Sozialarbeiter rund 200, Erzieherinnen bis zu 400 und Kita-Lleitungen bis 560 Euro. Das ist eine Frechheit“, rief er.

Vanessa Peters, Personalrätin im chemischen und Veterinäruntersuchungsamt, brachte einen anderen Aspekt ins Spiel. „Unsere Mitarbeiterstruktur ist völlig überaltert. Mich fragte kürzlich rund um ein Bewerbungsgespräch, bei dem ich als Personalrätin dabei war, ein Vorgesetzter, warum wir uns so schwer tun, Bewerber zu bekommen. Die Voraussetzungen des Jobs seien doch so gut. Und das stimmt – nur eben nicht das Gehalt, und das gehört zu einem guten Arbeitsplatz maßgeblich dazu. Wir brauchen jetzt eine faire Bezahlung, sonst finden wir keine Bewerber, und in den kommenden zehn Jahren gehen 35 Prozent unserer Mitarbeiter in Rente. Wenn bis dahin keine Neuen da sind, die eingearbeitet werden, an die das Wissen weitergegeben wird, dann ist es für immer verloren“, mahnte sie. Es sei also, so ihr Schluss, auch im Sinne der Arbeitgeber, angemessene Bezahlung zu bieten. Die Tatsache, dass viele ausgeschriebene Jobs bei Stadtverwaltung und Kommunalbetrieb in den vergangenen Monaten kaum besetzt werden konnten, scheint ihr zumindest nicht zu widersprechen.

Besonders stößt den Streikenden auf, dass sie ihre Leistungen während der Corona-Krise nicht gewürdigt empfinden. „Als die Corona-Krise begann, da haben wir neben unseren normalen Tätigkeiten auch Labortests mitgemacht. Wir haben vergangene Woche eine E-Mail von den Ministern Laumann und Heinen-Esser bekommen, in der sie sich für unsere Arbeit bedanken. Uns für unseren Einsatz zu entlohnen, das wollen sie nicht – obwohl sie dadurch nach eigener Aussage sogar Geld sparen“, sagte Peters. Ihr Kollege Heribert Boosen, Personalrat der Stadtverwaltung, forderte vor allem Solidarität ein. „Morgen kommt das neue Angebot und ich glaube nicht, dass wir dann zufrieden nach Hause gehen. Als alter Metaller bin ich streikerfahren, aber eine solche Auseinandersetzung habe ich nie erlebt. Ich würde mir wünschen, dass sich Metaller oder die IG Chemie unserer Sache anschließen und sich solidarisch zeigen“, sagte er.

Kofent warf dem Präsidenten des Verbandes Kommunaler Arbeitgeber, Ulrich Mädge, vor, sich nur selbst profilieren zu wollen: „Bei der Veranstaltung in Potsdam rief er die Kolleginnen und Kollegen auf, schnell wieder an ihre Arbeit zu gehen. Dort würden sie dringender gebraucht. Diesen Hohn haben sie honoriert, heute waren doppelt so viele Menschen in Potsdam.“ Die Gewerkschaft übrigens habe nicht während der Pandemie streiken wollen. „Wir haben den Arbeitgebern angeboten, die Verhandlungen ins nächste Jahr zu schieben. Sie antworteten mit dem Angebot, 40 Monate, also gut drei Jahre, mit einem Inflationsausgleich von 0,5 Prozent zu schieben. Das ist unglaublich, eine Frechheit“, sagte Kofent. Darum sei jetzt der perfekte Zeitpunkt zu streiken. Oder, wie es Peter Lommes vom DGB-Stadtverbandsvorstand sagte: „Sie denken, sie seien die Stärkeren. Aber wir sind die Stärkeren. Das werden sie spüren.“

Der Arbeitskampf im öffentlichen Dienst hat, das war deutlich zu spüren, gerade erst begonnen.

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