Krefeld Gewalt-Rap in der Kritik

Krefeld · Am Freitag kommt Rapstar Sido in die Kufa – sein Auftritt vor vier Jahren dort war skandalumwittert. Am Mittwoch läuft in der VHS eine Gegenveranstaltung – sie zeigt die Gefahren des deutschen Gangsta-Rap.

Am Freitag kommt Rapstar Sido in die Kufa — sein Auftritt vor vier Jahren dort war skandalumwittert. Am Mittwoch läuft in der VHS eine Gegenveranstaltung — sie zeigt die Gefahren des deutschen Gangsta-Rap.

Es ist ein Konzert mit schlechten Vorzeichen — vor vier Jahren spielte Rapstar Sido aus Berlin schon einmal in der Kulturfabrik, damals gab es Ärger: Der Künstler verherrlichte in seinen Liedern Gewalt, sang frauenverachtende und homosexuellenfeindliche Texte, die Band verteilte sogar Joints im Publikum.

Danach ermittelte die Polizei, Gerhard Ackermann vom Jugendamt, kündigte an, mit der Kufa über die Auswahl der Künstler sprechen zu wollen. Und ein Kufa-Sprecher, sagte damals: "Wenn wir das vorher gewusst hätten, hätten wir die Band nicht auftreten lassen." Vier Jahre später, November 2008 — Sido spielt wieder in der Kufa. Und wieder sorgt er im Vorfeld für Diskussionen.

"Sido ist Pop-Business"

An der VHS wird morgen über Gewalt in deutschsprachiger Rapmusik diskutiert. Dieser Vortragsnachmittag läuft von 14 bis 16 Uhr im Rahmen der "Aktionstage für Kinder- und Jugendschutz". Michael Herschelmann, Diplom-Pädagoge aus Oldenburg, wird zeigen, welche deutschen Rap-Künstler jugendgefährdende Texte singen. Namen wie "Kaiserschnitt", oder "Frauenarzt" finden sich auf der Liste.

Etliche ihrer Gangsta-Rap-Texte stehen auf der Indexliste der Bundesprüfstelle. "Für die Masse sind die Lieder nicht gefährlich. Aber es gibt für eine bestimmte Gruppe von Jungen ein erhöhtes Gefährdungsrisiko, wenn sie diesen Gewalt-Rap hört", sagt Herschelmann, der am Mittwoch auch über Sido sprechen wird: "Er gibt sich geläutert. Doch an mancher Stelle sind seine Texte immer noch sehr bedenklich."

Sido hat sich gebessert: Der Typ ist braver geworden, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Er sitzt in der Popstars-Jury von Pro 7, in den Texten seines neuen Albums "Ich & meine Maske" singt er sogar von Liebe. Doch das ist nur die eine Wahrheit: Auf Konzerten macht der Rapstar aus Berlin-Reinickendorf oft genug noch die alte Masche — es geht noch immer um Drogen, Sex und Gewalt. In einem Lied heißt es: "Ich bin auf Koks von der Nase bis ins Bein/ Doch glaub mir, mein Freund, da passt noch mehr rein." In einem anderen Song singt er: "Wir sind die Armee der Straße, sowas wie das vierte Reich." Ist das noch ganz normale Popmusik?

Jeder Jugendliche kennt den Namen "Sido". Und ein Großteil der Schüler hört seine Musik — verteilt auf alle Schulformen. Herschelmann hat Statistiken erstellt. Demnach hören 30 Prozent aller Hauptschüler und zehn Prozent aller Gymnasiasten deutschsprachigen Rap von Künstlern wie Sido, Frauenarzt oder Bushido. Der Experte sagt: "Sogar viele Eltern kaufen die Alben mittlerweile ihren Kindern. Die sehen kein Problem darin."

In der Kulturfabrik rechnet man für Freitag nicht mit neuen Sido-Skandalen. Sido sei geläutert und könne sich große Ausrutscher nicht mehr erlauben. Michael Herschelmann formuliert das so: "Wenn die Kommerzialisierung einsetzt, werden die Texte automatisch sanfter." Ob das stimmt? Das Sido-Gastspiel in Krefeld wird es zeigen.

(RP)
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