Genossenschaftliches Wohnprojekt in Krefeld Genossenschaftsmodell gegen Wohnungsnot

Krefeld · In Krefeld entsteht an der Oelschlägerstraße ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt. Besonders ist die Organisationsform in einer Genossenschaft. Die Bewohner erwerben einen Anteil an dieser und nicht die eigentliche Wohnung.

 So soll das Wohnhaus aussehen. In 25 Wohneinheiten werden Menschen aller Altersgruppen zusammen wohnen, eine bleibt als Gästeappartment frei.

So soll das Wohnhaus aussehen. In 25 Wohneinheiten werden Menschen aller Altersgruppen zusammen wohnen, eine bleibt als Gästeappartment frei.

Foto: Josef Hennebrüder

Immer weiter zunehmende Wohnkosten sind für viele Menschen gerade im Alter ein großes Problem. Erst jüngst sorgte die Meldung, dass jede zweite Rente unter 900 Euro liege, für Schlagzeilen. „Volkswirtschaftlich haben wir hier ein großes Problem. Selbst bei Wohneigentum laufen vielen Menschen die Kosten weg, weil ältere Häuser oft nicht gut gedämmt sind und die Energiekosten immer weiter steigen“, sagt Josef Hennebrüder. Der diplomierte Betriebswirt arbeitete sein ganzes Berufsleben in der Immobilienbranche. Als er in Rente ging, entschied er sich gegen einen Ruhestand. „Ich wollte Dinge bewegen, die ich für gut und zukunftsweisend halte“, sagt er und entschied sich, fortan den Bau von Häusern zu organisieren, die dieses Problem angehen.

Seine Lösung: Mehrgenerationen-Wohnprojekte in barrierefreien Gebäuden, die mindestens Passivhausstandard erfüllen. Das bringe mehrere Vorteile. „Alte Menschen leiden oft unter mangelnder sozialer Interaktion. Ihre Höhepunkte sind Arztbesuche oder Einkauf. Junge Familien brauchen Betreuung oder Babysitter, oder, ganz banal, jemanden der Pakete annimmt. Mit unseren Projekten wollen wir hier Bedarfe zusammenführen“, erläutert Hennebrüder.

Dabei stehe bei den Projekten Ökologie ebenso im Vordergrund, wie Ökonomie. „Unsere Gebäude sind von der Auswahlkomission der Energieagentur in NRW zertifiziert. Sie erfüllen Passivhausstandard. Tatsächlich haben die Wohnungen nur eine einzige Heizung: Im Bad. Und selbst die wird von den Bewohnern, wie sie uns berichten, nicht genutzt. Es reicht die Wärme durch Kochen, Beleuchtung und die Anwesenheit von Menschen. Über ein Lüftungssystem wird ständig Frischluft mit Wärmerückgewinnung zugeführt. Dadurch herrscht optimales Raumklima“, erklärt der Inititator des Projekts.

Zwei dieser Häuser mit 75 und 54 Wohneinheiten gibt es bereits in Köln und Leverkusen. Eines wird in Wuppertal gebaut. Das Vierte soll in Krefeld an der Oelschläger- bzw. Lewerentzstraße entstehen. Im ersten Bauabschnitt wird an der Oelschlägerstraße ab Frühjahr gebaut. Beim später baulich verbundenen Objekt an der Lewerentzstraße bestehen noch rechtliche Hürden. „Die Gebäude links uns rechts sind größer ausgeführt, als im Bebauungsplan vorgesehen. Dadurch müssen wir nicht nur unsere Pläne umändern, auch die Stadt muss dem neuen Bebauungsvorschlag zustimmen“, erläutert der Investor. 26 Wohneinheiten werden im ersten Bauabschnitt entstehen, fünf weitere im Zweiten. Die Besonderheit für ein Mehrfamilienhaus in der Innenstadt: Nicht nur die Erdgeschosswohnungen haben Gärten, zusätzlich gibt es im Innenhof ein Parkgelände von rund 2000 Quadratmetern, das allen Bewohnern offen steht.

Die größte Neuheit aber ist die Organisationsform: „Es sind keine Eigentumswohnungen im eigentlichen Sinne. Man erwirbt den Anteil an einer Genossenschaft. Dafür zahlt man zunächst 600 Euro pro Quadratmeter als Mindestanlage ein. Dann fallen für 30 Jahre Kosten von 8,50 Euro pro Quadratmeter an. Damit wird dann der Anteil der Finanzierung der Genossenschaft abbezahlt. Danach sinken die Kosten auf zwei Euro pro Quadratmeter für Gemeinkosten und Rücklagen, plus etwa 1,50 Euro für Nebenkosten. Also insgesamt 3,50 pro Quadratmeter. Damit sind aber auch alle Reparaturen, auch in der eigenen Wohnung, abgedeckt“, erläutert Hennebrüder das Konzept.

 Auf dieser Brachfläche an der Oelschlägerstraße soll das neue Wohnprojekt nebst Park entstehen.

Auf dieser Brachfläche an der Oelschlägerstraße soll das neue Wohnprojekt nebst Park entstehen.

Foto: SChalljo/Schalljo

Ein großer Vorteil an dieser Organisationsform sei vor allem gegeben, wenn Bewohner verkaufen wollen. „Ich verkaufe keine Wohnung, sondern einen Anteil an einer Genossenschaft. Dafür bedarf es keines Notars, keiner Gerichtskosten und auch Grunderwerbssteuer fällt nicht an. Die gesamten Kaufnebenkosten sind also beseitigt“, erläutert er. Für junge Familien sei das Konzept eine gute Alternative zur Mietwohnung. Bei der Finanzierung der Ersteinlage vermittelt das Unternehmen Bankkredite bis  zu 50.000 Euro auch ohne Sicherheiten, allerdings unter der Voraussetzung eines regelmäßigen Einkommens. Viele ältere Bewohner würden andere Immobilien veräußern und dann den Gesamtpreis zahlen, so dass sie von Beginn an nur 3,50 Euro je Quadratmeter zu tragen hätten.

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