Krefeld Gejazzte Elefanten und Sonnenaufgänge

Krefeld · Zur Krönung ihres Konzerts zum Internationalen Jazztag vereinten sich das Duo Gojo/Decker und das Schinkel Trio zum Quintett: Das Publikum auf Burg Linn war hingerissen.

 Das große Finale: Zum Ende des Konzerts im Rittersaal taten sich Filippa Gojo und Sven Decker (r.) mit dem Marcus Schinkel Trio zusammen für Horace Silvers "Peace".

Das große Finale: Zum Ende des Konzerts im Rittersaal taten sich Filippa Gojo und Sven Decker (r.) mit dem Marcus Schinkel Trio zusammen für Horace Silvers "Peace".

Foto: JKK

Zum fünften Mal begingen das Kulturbüro der Stadt Krefeld und der Jazzklub gemeinsam den von der Unesco 2011 ins Leben gerufenen International Jazz Day mit einem Doppelkonzert im Rittersaal der Burg Linn. Zunächst waren die Vokalistin Filippa Gojo und Sven Decker an der Bassklarinette im Duo zu erleben.

Obwohl sie auch ein Mini-Megafon zur Stimmverfremdung sowie verschiedene Variationen des afrikanischen "Daumenklaviers" und ein Glockenspiel einsetzten, hatten es die beiden und ihr Publikum in dieser Besetzung natürlich schwerer als im Klangbild einer ganzen Band. Und einige der zumeist lyrisch angelegten Stücke gerieten auch regelrecht langweilig. Dabei verfügen sowohl Gojo als auch Decker über großes Potenzial und auch eine gute Portion Humor. Eine Ahnung davon vermittelten der "Elephants' Walk", der zwar wenig an die gemütlichen Dickhäuter erinnerte, dafür aber sehr fröhlich nach einer Bande verspielter Paviane klang, und ein auf indischer Rhythmik fußendes, spannendes und bilderreiches Stück, in dem die spritzige Kommunikation von Stimme und Bassklarinette um den Klang des Bordune-Instruments Shruti-Box bereichert wurde.

Den zweiten Teil bestritt das Marcus Schinkel Trio mit seinen zwischen Klassik, Jazz und Rock oszillierenden Beethoven-Interpretationen. Der Pianist und Keyboarder konnte jedoch konzeptionell zunächst nicht überzeugen. Sein Spiel bot keine nennenswerte Bereicherung von Kompositionen wie der "Wut über den verlorenen Groschen" oder den Sätzen zwei und drei aus der Grande Sonate Pathétique. Swing hatte es auch wenig, und der Synthesizer störte mehr als er nützte. So waren es der großartige Fritz Roppel am Bass und der exzellente Wim de Vries am Schlagzeug, die das Set hörenswert machten. Erst als Schinkel ein eigenes Opus anstimmte, inspiriert von einem Sonnenaufgang in der Bucht von Halong in Vietnam, da fügten sich Komposition und Vortrag auf einmal prächtig zusammen, da war er am dichtesten bei sich selbst und beim Jazz - ein echtes Highlight, dem als Zugabe Beethovens "Für Elise" folgte. Nach einem witzigen Schwall von Zitaten stürzte er sich - ohne Synthesizer - kopfüber in die bekannte Melodie und swingte sich einfallsreich und ansteckend lustvoll durch das, was ehedem eine Schnulze war - so pfiffig hätten sich Play Bach-Fans das ganze Beethoven-Programm gewünscht. Zur Krönung gab es in Würdigung des besonderen Tages Horace Silvers "Peace", von allen Fünfen gemeinsam mit Andacht vorgetragen. Das Publikum auf Burg Linn war hingerissen.

(RP)
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