Interview: Zum Advent Freude, Schöner Götterfunken Freude - ein verdächtiges Gefühl

Krefeld · Was unterscheidet Spaß und Freude? Dürfen wir uns auch über teure Geschenke freuen? Reden Pfarrer zuviel über die Welt als Jammertal? Wir sprachen mit Pfarrerin Busmann über ein Gefühl, das Schiller als Menschheitstraum entdeckt hat.

 Sabina Busmann, geboren in Alpen, hat in Bonn Theologie studiert, war 18 Jahre lang Gemeindepfarrerin in Saarlouis, ist dann wieder heimgekehrt an den Niederrhein und ist seit zwei Jahren an der Lutherkirche tätig. Sie sagt: "Neben viel Freude am Beruf erfreue ich mich gerne im Garten, liebe die Natur und das Lachen!"

Sabina Busmann, geboren in Alpen, hat in Bonn Theologie studiert, war 18 Jahre lang Gemeindepfarrerin in Saarlouis, ist dann wieder heimgekehrt an den Niederrhein und ist seit zwei Jahren an der Lutherkirche tätig. Sie sagt: "Neben viel Freude am Beruf erfreue ich mich gerne im Garten, liebe die Natur und das Lachen!"

Foto: T.L.

Wann haben Sie sich zum letzten Mal richtig gefreut?

Busmann Was heißt "richtig" gefreut? Ich freue mich häufig. Ich habe mich vorhin gefreut, als jemand angerufen hat, um den ich mir Sorgen gemacht habe.

Und wann haben Sie das letzte Mal richtig Spaß gehabt?

Busmann Oft. Ich bin eigentlich ein fröhlicher Mensch.

Sehen Sie einen Unterschied zwischen Spaß und Freude haben?

Busmann Absolut. Spaß hat etwas Fun-Charakter. Freude ist ernsthafter, innerlicher, etwas gesetzter. Als Pfarrerin redet man wohl häufiger darüber, dass man Freude hat - wobei ich auch viel Spaß habe.

Was bei Kirchens offenbar nicht selbstverständlich ist. Margot Käßmann hat neulich gesagt, dass die Gemeinschaft der Heiligen schon etwas erlöster aussehen könnte. Freuen sich Christen zu wenig? Ist Freude ein verdächtiges Gefühl?

Busmann Manchmal denke ich ja. Das ganz fröhliche Lachen passt nicht recht in einen Gottesdienst, da lachen wir zu wenig!

Wird die Welt in Predigten nicht zu oft als Jammertal angeprangert?

Busmann Tun wir das wirklich? Nein, das tun wir nicht mehr.

Es gibt schon das Predigt-Muster: Die Welt ist düster, aber ich hab ein Lichtlein Jesus, mit dem sie zu ertragen ist.

Busmann Ich glaube, das ist insgesamt nicht mehr so. Es gibt aber schon ein gewisses Misstrauen in eine Spaßkultur. Nochmal: Die Freude am Herrn ist innerlicher. Das ist der Punkt. Ich glaube aber schon, dass wir insgesamt erlöster wirken dürfen.

So predigen Sie also nicht?

Busmann Nein, ich predige nicht vom Jammertal. Und es entspricht auch nicht meinen Grunderfahrungen. Wir hatten hier zuletzt Frau Riedel vom Hospiz zu Gast, die tatsächlich voller Freude von ihrer Arbeit im Hospiz berichtet hat, wo es ja auch um Sterben und Tod geht - aber es geht auch darum, bis zuletzt das Leben auszukosten und Freude, das Gute und Schöne angesichts des Todes nicht zu vergessen. Und dabei auch herzhaft zu lachen. Davon lebt die Seele. Wir leben ja alle angesichts des Todes.

War es früher so?

Busmann Ja, vielleicht haben wir lange den Akzent auf die Abkehr vom Vergänglichen gesetzt.

Bis hin zu Anti-Konsumterror-Predigten, in denen alles schlecht gemacht wird, was zum Weihnachtsfest auch gehört: Geschenke einkaufen, das Fest vorbereiten, sich anstrengen, damit es schön wird.

Busmann Das ist heute nicht mehr so. Das ist seit den 50-er Jahren zunehmend aufgebrochen. Denken Sie nur an Hanns Dieter Hüsch. Er hat auf seine Weise von der Freude am Leben im Kleinen und im Zwischenmenschlichen gesprochen und doch die Ewigkeit immer im Blick gehabt. Außerdem dürfen Sie eins nicht vergessen: Wir spiegeln zum Teil auch wider, was die Menschen uns erzählen: dass Weihnachten mit großem Druck verbunden ist, weil alles perfekt sein soll, an diesen drei Tagen. Das überfordert eben auch viele.

Es gibt ja auch das andere Extrem: dass Freude quasi verordnet wird, Beispiel zu Weihnachten.

Busmann Das geht ja nicht, man kann Freude nicht verordnen. Man kann immer nur versuchen aufzuzeigen, was es an Gutem, Wahrhaftigem und Schönen, an Liebe und Nächstenliebe gibt - auch in dieser Welt, die genug an dunkelen Seiten hat. Erst recht zu Weihnachten. Weihnachten ist eine große Einladung an uns, sich zu freuen. Annehmen müssen wir sie schon selbst.

Darf man sich denn nun über Geschenke freuen, auch über teure?

Busmann Ich bitte Sie; natürlich. Ich plädiere nur dafür, nicht zu vergessen, worum es wirklich geht. Das Geschenk ist Zeichen für Gemeinschaft, Liebe, Zusammengehörigkeit. Manchmal habe ich das Gefühl, das Fest ist zum Selbstläufer geworden. Man feiert es eben. Konsumkritik zielt für mich vor allem darauf: Vergesst den Kern, das Innerste nicht. Sie haben für Ihre Serie ein schönes Motto gewählt: Freude als Funken in der Welt, als Einladung und Erinnerung, sich nicht zu fürchten und zu wissen: Ich kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.

JENS VOSS FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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