Wiedereintritt in die Kirche „Warum ich wieder Mitglied der Kirche bin“

Krefeld · Darina Finsterer war katholisch und trat wegen wachsender Kritik an der Kirche aus. Den Bezug zum Glauben und zur Sinnhaftigkeit einer Kirche hat sie aber nie verloren. Nun ist  sie wieder eingetreten. Warum – das berichtet sie hier.

 Darina Finsterer und Pfarrer Christoph Tebbe in dem Gottesdienst, in dem ihre Aufnahme in die Kirche verkündet wurde.

Darina Finsterer und Pfarrer Christoph Tebbe in dem Gottesdienst, in dem ihre Aufnahme in die Kirche verkündet wurde.

Foto: Finsterer

Es wird viel über Kirchenaustritte berichtet – es gibt aber auch Eintritte. Ein Beispiel ist die Krefelderin Darina Finsterer. Sie ist katholisch getauft und vor Jahren aus der Kirche ausgetreten – die Kritik an der Institution ist  bei ihr immer größer geworden. Doch sie gehört zu den Kirchenmitgliedern, die nie den Bezug zum Glauben, zu Gott und zur spirituellen Dimension ihres Denkens und Fühlens verloren hat. Nun ist sie wieder in eine Kirche eingetreten –  in die evangelische Kirche. Nach Gesprächen mit dem für sie zuständigen Pfarrer Christoph Tebbe ist sie förmlich aufgenommen worden; die Aufnahme wurde in einem Gottesdienst besiegelt.  Pfarrer Tebbe hat die Aufnahme im Gottesdienst verkündet, ein Gebet gesprochen und etwas zu ihren Austritts- und Eintrittsgründen gesagt; dann wurden Fürbitten gelesen. Getauft werden musste Finsterer nicht; die katholische Taufe  wird in der evangelischen Kirche anerkannt – und umgekehrt. Im evangelischen Kirchenkreis Krefeld-Viersen gab es 2021 1.235 Austritte und 71 Aufnahmen; im Jahr 2022 waren es bis zum 22.September 1.008 Austritte und 58 Aufnahmen. Wir baten Darina Finsterer, ihre Motive für den Wiedereintritt in eine Kirche zu beschreiben. Hier ist ihr Bericht: 

„Mit kurz über 30 Jahren, nach der Taufe meiner Patentochter, habe ich den für mich überfälligen Schritt getan und bin aus der katholischen Kirche ausgetreten. Zu groß wurde die Ablehnung gegenüber der Haltung zu bestimmten Themen, z.B. Abtreibung, Sterbehilfe, Ehe für alle. Da ich nie eine große Sonntagsbesucherin der Kirche war und ich auch sonst alles bezüglich meines Glaubens mit mir selbst ausgemacht habe, bin ich damals nicht konvertiert.

In den folgenden Jahren habe ich die Kirchen immer wieder gesucht und besucht. Dort konnten die Gedanken frei sein. Ich genoss das, und da ich mit 16 Jahren bereits einen nahen Menschen verloren hatte, war auch das Anzünden von Kerzen und längeres Innehalten seit 1989 für mich zu einem Ritual geworden. Im Laufe der Jahre kamen mehr Kerzen hinzu, und ich nutzte den Raum Kirche, egal, wo ich gerade war. Gefühlt brannten und brennen in allen Orten auf der Welt, in denen ich eine Kirche fand, Kerzen. In der Kirche fand ich immer die nötige Ruhe und den nötigen Raum.

In den letzten etwa fünf Jahren habe ich durch meine Projektarbeit immer wieder festgestellt, dass viele der dort aktiven Menschen aus der Kirche selbst oder der Kirche angeschlossenen Organisationen kommen. Langsam reifte also der Entschluss, sich wieder einer Kirche anzuschließen und sich dort zu engagieren. Warum aber Kirche?

Ohne die Kirche wären viele Menschen verloren - Kirche ist für viele ein wichtiger Ort des Glaubens und der Gemeinschaft, und wenn es so weitergeht, gibt es in wenigen Jahrzehnten möglicherweise keine Kirchen mehr. Ich bezeichne mich selbst eher als altruistisch, und deshalb möchte ich eben auch den finanziellen Beitrag leisten und die Kirche für mich „legal“ nutzen.

Kirche ist ein Ort der Gemeinschaft, theologisch, spirituell und auch diakonisch. Eben nicht nur der sonntägliche Gottesdienst. Ich möchte gern dazu beitragen, dass die für so viele Menschen wichtige Kirche nicht verschwindet, und werde mich zunächst in meiner Uerdinger Gemeinde engagieren und vielleicht ein wenig dazu beitragen können, dass weniger Menschen aus der Kirche austreten – vielleicht gibt es auch weitere Krefelder wie mich, die einen Wiedereintritt wagen. Dazu kommt, dass ich mich zur Notfallseelsorgerin ausbilden lassen möchte. Auch diese wichtige Arbeit ist von den Kirchen getragen, setzt eine Mitgliedschaft voraus und stellt ein Angebot für alle Betroffenen dar, unabhängig vom Glauben oder einer Mitgliedschaft in einer Kirche. Auch diese Arbeit darf in meinen Augen keinesfalls verschwinden.

Was ich als sehr positiv erlebe in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, ist, dass diejenigen, denen ich davon erzählt habe, dass meine Zugehörigkeit in einem Gottesdienst manifestiert wird, sofort gesagt haben, dass sie gern dabeisein möchten. Es sind unter ihnen Katholiken, Evangelische und solche, die aus der Kirche ausgetreten sind.

Ich werde einfach versuchen, mit Engagement voranzugehen und nicht durch Überreden. Ich denke, dass die Menschen das für sich entscheiden müssen – mich hätte vor zehn Jahren niemand zum Wiedereintritt bewegen können. Das muss in jedem selbst wachsen – so zumindest meine Sicht.“

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