Krefeld Franziska Gramss zeigt Hollywoods dunkle Seite

Krefeld · Die Komödie "Mondlicht und Magnolien" hat Samstag Premiere. Sie erzählt von der Entstehung des Filmklassikers "Vom Winde verweht" und von drei Männern am Rande des Nervenzusammenbruchs.

 Franziska Gramss inszeniert fürs Stadttheater die Komödie "Mondlicht und Magnolien". "Es geht darum, was man im Namen der Kunst darf", sagt sie.

Franziska Gramss inszeniert fürs Stadttheater die Komödie "Mondlicht und Magnolien". "Es geht darum, was man im Namen der Kunst darf", sagt sie.

Foto: isa

Es ist eine der berühmtesten Kussszenen, die Hollywood unsterblich gemacht hat: Scarlett O'Hara sinkt selig in die Arme von Rhett Butler. Für Romantikfans ist "Vom Winde verweht" noch immer Pflichtlektüre, und die Verfilmung des 1000-Seiten-Schmökers hat ihren Stammplatz im Festtags-Fernsehprogramm. An Dramaturg Martin Vöhringer wären Film und Buch fast spurlos vorbeigegangen - hätte er nicht einen Hinweis vom Rowohlt-Verlag bekommen. Seit sechs Jahren ist Vöhringer "richtig guten Komödien" auf der Spur, die nicht ständig auf den Theaterspielplänen stehen. "Mondlicht und Magnolien", 2004 in Chicago uraufgeführt und ihm vom Verlag ans Herz gelegt, sagt er, sei so eine. Und die hat am Samstag Premiere in der Fabrik Heeder. Regie führt Franziska Marie Gramss, Tochter des kürzlich verstorbenen früheren Intendanten Eike Gramss - sie ist die Wunschbesetzung für die Krefelder. "Wir wollten jemanden haben, der eine Geschichte ein bisschen verrücken kann", sagt Vöhringer. Und das hat die 32-Jährige hier bereits vor zwei Jahren bewiesen mit der Inszenierung von Elfriede Jelineks "Wolken.Heim".

Nach den Spracheskapaden der sperrigen Nobelpreisträgerin Jelinek ist die Traumfabrik Hollywood nun Gramss' Spielfeld. "Mondlicht und Magnolien" des gebürtigen Briten Ron Hutchinson erzählt von den dunkleren Kapiteln der Glanzwelt Hollywoods, von der nervenaufreibenden Arbeit hinter den Kulissen und von dem Ringen um die Kunst.

In gehöriger dichterischer Freiheit verwendet Hutchinson die turbulente Entstehungsgeschichte des Filmklassikers "Vom Winde verweht". Nach jahrelanger Vorbereitung und einigen Monaten Dreharbeiten hat Produzent David O. Selznick 1939 den Regisseur gefeuert und das Drehbuch verworfen. Unerhörtes Risiko traf auf abenteuerlichen Glauben an einen neuen Autor, der bisher nicht mal die Romanvorlage kannte. In rund zwei Wochen musste das neue Team nun den Film schaffen, der Kinogeschichte geschrieben hat.

Das ist auch die Ausgangssituation für die Komödie: Ein Drehbuchautor, ein Regisseur und ein Produzent sollen in fünf Tagen aus 1037 Romanseiten ein cineastisches Glanzstück machen. Jeder verlorene Tag kostet 50 000 US-Dollar. Also wird das kreative Trio von der Außenwelt abgeschirmt, soll bei Erdnüssen und Bananen in Rund-um-die-Uhr-Arbeit den Coup landen. "Es geht um die Schwierigkeiten und den Wahnsinn beim Kunstmachen, um Machkämpfe und Pragmatismus und auch um die Frage, die auch uns Theaterleute beschäftigt: Was darf man im Sinne der Kunst machen?", sagt Gramss. "Aus Kompromiss und Diplomatie entsteht selten gute Kunst."

Die Klausursituation reizt die Regisseurin, das Aufeinanderprallen von Menschen mit ganz unterschiedlichen Meinungen unter extremem Druck - Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs. "Wir haben als Kulisse ein wunderschönes Produzentenbüro, in dem die Welt irritiert wird", sagt sie. Und Martin Vöhringer, der von der Entstehungsgeschichte des Filmklassikers inzwischen fasziniert ist, schwärmt, dass viel gelacht werde, aber auch tiefergehende, schmerzhaftere Themen durchschimmern.

(RP)
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