Krefeld Finanznot: Awo schließt Sozialstation und Familienbetreuung

Krefeld · Im Herbst sollen die Sozialstation und die Familienbetreuung aufgegeben werden. 47 Mitarbeiter müssen gehen. 500.000 Euro hat der Kreisverband zuletzt aus Eigenmitteln hinzugeschossen.

 Die Awo-Sozialstation am Westwall in Krefeld — das Haus ist laut Awo bereits verkauft. So soll der Betrieb von Sozialstation und erzieherischen Hilfen zumindest für die kommenden Monate gesichert bleiben.

Die Awo-Sozialstation am Westwall in Krefeld — das Haus ist laut Awo bereits verkauft. So soll der Betrieb von Sozialstation und erzieherischen Hilfen zumindest für die kommenden Monate gesichert bleiben.

Foto: T. L.

Der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt in Krefeld muss notgedrungen zwei Angebote aufgeben, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Die Sozialstation am Westwall als ambulante Altenhilfe und der Bereich Erzieherische Hilfen am Nordwall wird wohl am 30. September 2014 geschlossen. 47 Mitarbeitern soll gekündigt werden. Derzeit laufen noch die Verhandlungen mit dem Betriebsrat. Nur die Awo-Kitas sind von den Schließungsplänen nicht betroffen. Dies teilte Awo-Sprecher Jürgen Otto auf Anfrage mit. Der Krefelder Geschäftsführer Hans-Joachim Olgemann nimmt offiziell nicht mehr Stellung, auch er verliert seinen Job.

Sozialstation war schon 2011 von Schließung bedroht

Brisant: Schon 2011 hatte unsere Zeitung über eine drohende Schließung der Sozialstation berichtet. Die Awo plante damals, die Sozialstation in eine private gGmbH auszugliedern. Die Personalausgaben lagen schon damals über den Einnahmen — eine Ausgliederung hätte der Awo die Möglichkeit gegeben, unter Tariflohn zu bezahlen. Die Gewerkschaft Verdi und die 40 Mitarbeiter legten eigene Konzepte vor. Ergebnis: Aus den Reihen der Mitarbeiterinnen seien viele Ideen zur Umstrukturierung gekommen, die umgesetzt werden, um Kosten einzusparen, sagte Awo-Geschäftsführer Olgemann damals.

130 bis 140 Patienten hatte die Awo zu diesem Zeitpunkt — man setze auf Expansion, hieß es. Jetzt sind es aber nach Angaben von Jürgen Otto nur noch 80 Patienten. 40 bis 50 Personen werden mit den "erzieherischen Hilfen" begleitet. Die Awo hat in Krefeld schlicht zu wenige Klienten.

Awo hat Haus am Westwall schon verkauft

Die Situation ist dramatisch: 500.000 Euro hat die Awo nach Angaben von Otto in den vergangenen zwei Jahren aus Rücklagen des Kreisverbandes hinzuschießen müssen, um den Betrieb von Sozialstation und Jugendhilfe aufrecht zu erhalten. "Wenn wir das bis Mitte des Jahres so machen, ist es vorbei", sagt Otto — ein deutlicher Hinweis auf die drohende Zahlungsunfähigkeit. Deshalb besteht akuter Handlungsdruck: Zuletzt hat die Awo ihr Haus am Westwall verkauft, damit bis Herbst zumindest die Finanzierung der Altenpflege und Jugendhilfe gesichert ist. Das Haus am Nordwall soll folgen. Die Migrationsberatung Lutherische Kirchstraße war Anfang 2014 eingestellt worden.

260 Mitglieder hat die Verein Awo in Krefeld, 100 Hauptamtliche werden beschäftigt. "Wir wollen diese Personen nicht im Regen stehen lassen und für einen geordneten Übergang sorgen", betont Jürgen Otto. Weiterbestehen sollen nur die beiden Kitas an der Gerberstraße mit 125 Kindern und 18 Erzieherinnen. Künftig wird die Awo auch den Betrieb der neuen Siemens-Betriebskita übernehmen. Diese drei Kitas werden künftig unter dem Dach des Bezirksverbandes Niederrhein betrieben. Man habe auch lange intern und extern nach Kooperationspartnern für Sozialstation und Jugendhilfe in Krefeld gesucht, betont er, sei aber nicht fündig geworden, sagt Otto.

Tariflöhne erschweren wirtschaftliches Arbeiten

Als Grund für die Finanzmisere nennt er "Rahmenbedingungen, die es immer schwieriger machen, wirtschaftlich zu arbeiten." In der Altenpflege hat die Awo viele ältere Krefelder mit alten Tarifverträgen, deren Gehalt die Awo nicht mehr stemmen kann. "Die Arbeit dieser Mitarbeiter ist sehr gut", betont Otto. Der Medizinische Dienst habe die Sozialstation zuletzt mit 1,0 (Landesschnitt 1,4) benotet. Weil aber andere Pflegedienste keinen Tariflohn zahlten, könnten diese wirtschaftlicher arbeiten. Im Bereich der erzieherischen Hilfen habe die Awo zuletzt nicht mehr bei ausreichend Ausschreibungen den Zuschlag erhalten.

Der Awo-Kreisverband unter der Vorsitzenden Petra Schneppe will weitermachen — mit Ehrenamtlern und neuen Aufgaben.

(RP)
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