Historische Filme Stadtarchiv Filmische Reise in die Vergangenheit

Krefeld · 50 Besucher, mehr waren nicht zugelassen, fanden sich zur Filmvorführung vierer ausgewählter Filme aus dem bereits digitalisierten Fundus des Stadtarchivs ein. Die Resonanz auch während der Vorführung war riesig.

 Eine Szene aus einem privaten Film, der in den 1960er Jahren entstanden ist. Er war beim Filmeabend im Stadtarchiv einer von vier Zeitdokumenten, der erste Farbfilm des Abends.

Eine Szene aus einem privaten Film, der in den 1960er Jahren entstanden ist. Er war beim Filmeabend im Stadtarchiv einer von vier Zeitdokumenten, der erste Farbfilm des Abends.

Foto: Stadtarchiv

Gut 50 Menschen drängen sich im Leseraum des Stadtarchivs. Alle Stühle sind belegt, sogar zusätzliche Sitzgelegenheiten sind gebracht worden. Und das, obwohl nur rund die Hälfte der Interessenten überhaupt einen Platz bekommen haben. Die Räumlichkeiten geben schlicht nicht mehr her. All diese Menschen interessieren sich für historische Filme über Krefeld, die gezeigt werden. Um vier Sequenzen von je rund 20 Minuten handelt es sich: ein Werbefilm der Stadt aus den 20er Jahren, ein Film, der das zerstörte Krefeld nach dem großen Bombenangriff im Jahr 1943 zeigt, einer aus den 60er Jahren sowie ein weiterer Film des Stadtmarketings aus den späten 70ern.

„Das Interesse an der Veranstaltung ist riesengroß. Wir hatten über 100 Anfragen. Es wird noch einen zweiten Termin geben. Außerdem haben wir weitere Filme, die wir in einem ähnlichen Format zeigen werden. Einmal im Oktober diesen Jahres, wenn wir uns der Wirtschaftsgeschichte widmen, sowie im Frühjahr 2020. Dann geht es vor allem um die Ausgrabung in Gellep“, sagt Olaf Richter, der Leiter des Stadtarchivs.

Die Filme werden in chronologischer Reihenfolge gezeigt und schon bei dem aus den 20er Jahren, in dem ein fiktiver amerikanischer Geschäftsmann nach Krefeld reist, um hier Geschäftsverbindungen aufzubauen, kommentieren die zumeist älteren Besucher eifrig und benennen von ihnen erkannte Gebäude oder Orte wie das Moltke Gymnasium, das Ricarda-Huch-Gymnasium oder den alten Flugplatz in Bockum. Der Film zeigt auch, wie sehr sich die Zeiten gewandelt haben. Denn dass in einem offiziellen Werbefilm der Stadt von „Niggerboy Jeff“ die Rede ist, der den reisenden Bob begleitet, wäre heute, zurecht, unvorstellbar.

Tiefen Eindruck macht der zweite Film. Fotografien der Zerstörung hat wohl jeder Krefelder schon viele gesehen. Filmaufnahmen sind aber etwas ganz anderes. Vor allem eine Besucherin kommentiert eifrig: Ingrid Osterhoff, geboren 1936, erinnert sich noch gut an die Nacht vor 76 Jahren. „Der Film hat in mir viele Erinnerungen ausgelöst. Zum Beispiel wie die Nachbarn eine Wand durchbrochen haben und zu uns herüberkamen, um aus ihrem völlig zerstörten Haus zu fliehen“, erinnert sich die 83-Jährige. „Ich habe damals immer im Trainingsanzug geschlafen, damit ich sofort fliehen konnte. Fast jede Nacht sind Flugzeuge über uns geflogen. Die Flak-Scheinwerfer haben dann den Himmel beleuchtet. Bomben fielen aber nur zweimal. Beim Sommerangriff im Juni und bei einem Winterangriff. Mein späterer Ehemann hat dabei in der Kälte mit nackten Füßen seine Mutter aus Schutt gerettet und in Sicherheit gebracht. Es war einfach eine schreckliche Zeit. Ich habe erst 1945 wieder richtig geschlafen“, geht der Redeschwall der alten Dame weiter.

Nicht ganz so emotional sind die beiden weiteren Filme. Faszinierend: Im Film aus den 60ern, nur 20 Jahre später, ist von den Zerstörungen der Stadt nichts mehr zu sehen. Er zeigt Krefeld weitgehend aus der Luftperspektive. Die Besucher kommentieren eifrig weiter. Sie fachsimpeln untereinander, welche Gebäude wann ersetzt wurden, welche es noch gibt und mit welchen sie was verbinden. Sie sind so begeistert und so sehr im Fluss, dass sogar das Offensichtliche kommentiert wird wie die  Uerdinger Rheinbrücke“. Dann zieht die Kamera auf. Eine Schafherde kommt ins Bild. Der vielstimmige Kommentar: „Schafe“.

Die Zuschauer im Lesesaal des Stadtarchivs tauchen mit den Filmen in ihre eigene Geschichte und die Historie der Stadt voller Leidenschaft ein. Und eins erscheint sicher: Auch die weiteren Termine werden sich großer Beliebtheit erfreuen.

An Filmen für weitere Events übrigens herrscht kein Mangel. Gut 450 Filme sind im Bestand und werden nach und nach digitalisiert. Weiteres historisches Filmmaterial mit Krefelder Bezug wird immer noch gesucht. „Wer noch altes Material auf dem Speicher hat: Immer her damit“, sagt Stadtarchivleiter Olaf Richter.

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