Bundestagswahl Ein Krefelder als Haushälter der Nation

Krefeld · Der Krefelder FDP-Kandidat hat es geschafft, mit dem spröden Thema Haushalt zu einer bundespolitischen Marke der FDP zu werden. Und er hat manchen liberalen Schiffbruch überstanden.

 Otto Fricke (FDP) bei einer Rede im Bundestag.  2002 zog er erstmals in den Bundestag ein. Sein zentrales Thema: Haushaltspolitik.

Otto Fricke (FDP) bei einer Rede im Bundestag.  2002 zog er erstmals in den Bundestag ein. Sein zentrales Thema: Haushaltspolitik.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Er gehört mit Christian Lindner und Wolfgang Kubicki zu den bekanntesten Liberalen Deutschlands. Eine Leistung auch deshalb, weil er ein auf den ersten Blick trockenes Spezialgebiet hat: Haushalt. Doch der FDP-Politiker Otto Fricke ist so etwas wie der Haushälter der Nation geworden, der im Chor der FDP-Typen eine klares Profil besetzt: den des Fachmannes, der seriös mit Zahlen hantiert und tunlichst nicht in den zuweilen hässlichen Nahkampf geht.

Fricke – Kandidat für den Bundestagswahlkreis Krefeld I – Neuss II (Wahlkreis 110) mit den Stadtbezirken West, Süd, Fischeln, Oppum-Linn und Uerdingen sowie Meerbusch, Kaarst, Korschenbroich und Jüchen – hat aus der Not eine Tugend gemacht: Sein Dasein als Haushaltspolitiker hat er in einer Serie von Youtube-Filmen mit dem ebenfalls relativ bekannten Hermann Otto Solms als „Fricke & Solms“ augenzwinkernd ironisiert, aber eben auch profiliert. In Talkshows hat er stets den Part des sachlich Argumentierenden eingenommen, auch aus der Überzeugung, dass offener Streit zwar unterhaltsam ist, aber am Ende den Streithähnen schadet. Und im Spektrum der FDP-Feindbilder verkörperte er immer auch das Gegenbild: Wo Gegner den Liberalen vorwarfen, sie seien ja doch nur Polit-Hallodris ohne Substanz, blieb er Zahlenmensch, Fachpolitiker, Abglanz von Solidität.

Die FDP-Bundestagsfraktion nahm Frickes Passion wahr und ernst: Er zog 2002 erstmals in den Bundestag ein und wurde 2005 – mit 40 Jahren – Vorsitzender des einflussreichen Haushaltsausschusses. Eine Auszeichnung: Auf diesen Stuhl setzt man niemanden, bei dem man Angst haben muss, dass er sich blamiert. 2009 wurde er als haushaltspolitischer Sprecher das liberale Gesicht der Haushaltspolitik; und er wurde es wieder, als die Liberalen 2017 erneut in den Bundestag einzogen.

Fricke war es, der als Parlamentarischer Geschäftsführer nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag mehr als 500 Fraktionsmitarbeiter entlassen musste. Das ist ihm an die Nieren gegangen, auch weil der Prozess von Häme begleitet war. Die FDP war selbst daran schuld: Der damalige Bundesvorsitzende Philipp Rösler hatte 2012 in zynisch-technokratischer Sprache von der „Anschlussverwendung“ der Schlecker-Frauen gesprochen, die nach der Pleite des Drogeristen zu Tausenden ihren Job verloren. 2013, so wurde gehöhnt, mussten sich FDP-Mitarbeiter um ihre eigene Anschlussverwendung kümmern. Fricke hat die Not des Jobverlusts aus der Nähe erlebt; Röslers Wort war und ist seine Sprache nicht.

Frickes Renommee war so solide, dass er in Krefeld mehrfach als gemeinsamer Oberbürgermeister-Kandidat von FDP und CDU gehandelt wurde. So recht war nie klar, ob da etwas dran war. Wer Fricke kennt, weiß aber, dass dieses Amt nicht seins wäre. Das Berliner Parkett, die akademisch durchwirkte Vornehmheit der Haushaltsthematik: Das ist seine Welt.

Die OB-Kandidatur-Gerüchte waren in einem Punkt plausibel: Fricke hat Krefeld als Heimatbasis immer gehegt und gepflegt. Der Jurist ist verheiratet, Vater von drei Kindern, evangelisch, in Krefeld immer präsent, gern auch als geborener Uerdinger unterwegs.

Inhaltlich steht er, ganz Liberaler, für einen marktwirtschaftlichen Kurs in Wirtschaft und Gesellschaft und für solide Staatsfinanzen. Schulden misstraut er. Sein Credo: So schön es ist, Geld auszugeben – jemand muss am Ende bezahlen.

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