Krefeld Fällt die Moltke-Platanen!

Krefeld · Versteh einer die Denkmalschützer, wenn sie wie im Falle des Moltke-Gymnasiums historische Gebäude und historische Bäume als gleichrangig einstufen.

Am Beispiel der Platanen vor dem Gymnasium zeigt sich, dass die Denkmalschützer vor einem fragwürdigen Naturbegriff kapituliert haben: Bäume gelten als fraglos schützenswert. Sind sie aber nicht.

Die Moltke-Platanen sind so mächtig geworden, dass sie den Blick auf die Zwei-Flügel-Anlage verdecken. Historische Fotos belegen, dass dort nicht drei, sondern elf Bäume pro Flügel standen, die mit der Fassade korrespondierten.

Die Bäume sollten die Struktur des Gebäudes widerspiegeln — aber nicht den Blick darauf versperren. Wer den Entwurf Biebrichers ernst nimmt, der kann nur zu dem Ergebnis kommen, dass die sechs Platanen, die dort jetzt stehen, dem Ursprungsentwurf widersprechen, ja das ganze Ensemble gefährden. Bäume waren, so wie Biebricher sie dort eingesetzt hat, Akzente im Raum. Sie sollten nicht "Natur" sein, sondern die Ordnung des Raums, die das Gebäude stiftet, über das Gebäude hinaus verlängern.

Insofern negiert diese Architektur dezidiert die Macht der Natur, denn der ordnende Zugriff des Menschen wird gerade betont. Draußen ist drinnen ist Ordnung ist Kultur: Das ist unser Schicksal, erst recht in einem Gebäude, in dem die Jugend zu Kulturtechniken befähigt und erzogen werden soll. Dieser Gedanke scheint heute verblasst oder — was schlimmer wäre — kaum erträglich zu sein. Als "Natur" gilt, was wächst und grünt; in dieser Simplizität wird beides ausgehöhlt: ein klarer Kulturbegriff, der um die Notwendigkeit weiß, dass man der Natur Grenzen setzen muss; und ein klarer Naturbegriff, der weiß, dass Natur der lebensstiftende Rahmen von allem ist.

Biebrichers Platanen-Muster reflektiert den Zugriff des Menschen auf die Welt im Medium der Kultur. Deswegen gehören die sechs Riesen gefällt und der Ursprungszustand wieder hergestellt.

(RP)
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