Literatur in Krefeld Europas Geschichte im Hotel „Metropol“

Krefeld · Buchpreisträger Eugen Ruge erzählt in „Metropol“ die Geschichte seiner Großeltern, die 1936 bis 1938 während der großen Verfolgungskampagne Stalins in Moskau im Luxushotel „Metropol“ ausharren mussten. Am Mittwoch ist Eugen Ruge in seiner ehemaligen Heimat Krefeld zu Gast.

 Eugen Ruge ist mit „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ als Romanautor berühmt geworden. In „Metropol“  erzählt er ein weiteres Kapitel aus seiner Familiengeschichte.

Eugen Ruge ist mit „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ als Romanautor berühmt geworden. In „Metropol“  erzählt er ein weiteres Kapitel aus seiner Familiengeschichte.

Foto: Tobias Bohm

Aus den Powileits sind die Germaines geworden: Charlotte und Wilhelm leben mit diesem Namen aber nicht etwa in einem heiteren Frankreich, sondern in Moskau. Eugen Ruges neuer Roman „Metropol“ erzählt ein Kapitel aus dem Leben seiner Großmutter und seines Stiefgroßvaters. Das deutsche Ehepaar mit kommunistischer Überzeugung lebt weit im Osten. Und zwar in dem Jugensstilprachthotel „Metropol“. 17 Monate, genauer gesagt 477 Tage, sind es, die sie im einstmals luxuriösen Ambiente verbringen. Wie eingesperrt, obwohl sie auf die Straße gehen dürfen; immer in Erwartung des eigenen Verschwindens.

Denn ihre Zeit im Metropol ist die der stalinistischen Säuberungen von Oktober 1936 bis Februar 1938. Zuvor waren sie Mitarbeiter des Nachrichtendienstes OMS der Kommunistischen Internationale. Diese Abteilung befasste sich mit den Kontakten in den deutschsprachigen Raum und wurde aufgelöst. So treffen die Gemaines in dem Hotel auf ehemalige Mitarbeiter, die wie sie im Speisesaal zweiter Klasse verköstigt werden.

Und den schildert der Roman wie einen Wartesaal – ein stetes Kommen und Gehen. Doch wer geht, kommt nicht mehr zurück. Er wird meistens am sehr frühen Morgen aus der  vierten Etage abgeholt, was sein Todesurteil bedeutet. Auf beklemmende und erschreckende Weise wird hier deutlich, wie das Regime Stalins funktioniert.

Die Beklemmung wird schon auf den ersten Seiten deutlich. Denn Charlotte und Wilhelm befinden sich auf einem Schiff in Batumi, einem Ort am äußersten östlichen Ufer des schwarzen Meers und wollen ihren Jahresurlaub in Jalta verbringen. Dort begegnen sie Alexander Emel, der schon auf der schwarzen Liste der Stalinisten steht. Die Geschichte nimmt ihren Lauf, nach der Rückkehr wird das Ehepaar wegen des Kontaktes zu Emel im Metropol untergebracht.

Charlotte und Wilhelm sind die Großeltern des Schriftstellers. An nur drei kleinen Hinweisen hat Eugen Ruge die Recherche zu deren Zeit in der Sowjetunion aufgehängt und daraus ein großes Tableau zur europäischen Geschichte geformt. „Metropol“, Name des Hotels, Titel des Romans, setzt einen Aspekt aus dem Roman „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ fort. Dieser Roman erschien 2011 und wurde erfolgreich verfilmt.

Wie gründlich der Autor in seinen Nachforschungen war, sieht man an den Faksimile in seinem Buch: So manches auf kyrillisch. Und dabei ist der Leser doch erstaunt darüber, wieviele Dokumente aus Russland er überhaupt gefunden, wieviele er überhaupt auswerten durfte.

Nun kommt Eugen Ruge nach acht Jahren wieder einmal nach Krefeld, das ihm 1989 bis 1995 Heimat war. Er liest aus „Metropol“, VHS am  Mittwoch,  19. Februar.  Die Lesung ist bereits ausverkauft.

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