Krefeld Erstmals wurde in Krefeld eine Herzpumpe eingesetzt

Krefeld · Im Krefelder Helios-Klinikum ist erstmals eine Pumpe implantiert worden, die ein schwer geschädigtes Herz unterstützt und für den Patienten lebensrettend ist. Die Operation darf als technische und chirurgische Meisterleistung bezeichnet werden.

 Prof. Dr. Franz Xaver Schmid (59) führte die Operation aus; er arbeitet seit neuneinhalb Jahren in Krefeld.

Prof. Dr. Franz Xaver Schmid (59) führte die Operation aus; er arbeitet seit neuneinhalb Jahren in Krefeld.

Foto: Thomas Lammertz

Die Pumpe wird an die Spitze der linken Herzkammer angesetzt; dazu wird ein Metallring als Eingang eingenäht, in der Mitte wird ein Loch gestanzt, durch das ein Pumpstutzen eingeführt wird; ein Polyesterkranz sorgt dafür, dass der Anschluss dicht ist und kein Blut aus der Kammer heraussickert. Außerhalb der Herzkammer führt eine Gefäßprothese zur Hauptschlagader, durch die das Blut dann wieder zurückgeführt wird.

Die Pumpe ist ein kleines technisches Wunderwerk mit ungeheurer Leistungsfähigkeit. "Das Gerät ist eine Zentrifugalpumpe, deren Propeller mit 2000 bis 5000 Umdrehungen pro Minute rotiert", erläutert Schmid, "sie fördert zwei bis zehn Liter Blut pro Minute." Es ist ein beständiger Blutstrom, der produziert wird - ohne die bei einem gesunden Herz üblichen Pulsschübe durch den sich zusammenziehenden Herzmuskel. "Es kann sein, dass man fast oder gar keinen Puls fühlt", sagt Schmid: Da das Herz sehr schwach ist, sind eben kaum die Impulse der Kontraktionen zu spüren.

 180 Gramm schwer - und ein Meisterwerk der Technik: Eine Pumpe, die das Herz unterstützt. Im Innern rotiert ein Propeller mit bis zu 5000 Umdrehungen pro Minute und fördert bis zu zehn Liter Blut pro Minute.

180 Gramm schwer - und ein Meisterwerk der Technik: Eine Pumpe, die das Herz unterstützt. Im Innern rotiert ein Propeller mit bis zu 5000 Umdrehungen pro Minute und fördert bis zu zehn Liter Blut pro Minute.

Foto: Lammertz Thomas

Die Pumpe kommt bei schwerer Herzinsuffizienz im Endstadium zum Einsatz - wenn das Herz nur noch weniger als 15 Prozent der üblichen Leistung bringt; etwa nach einem schweren Infarkt oder einer Herzmuskelerkrankung. Ohne Hilfe sterben 75 Prozent der betroffenen Patienten mit schwer geschädigtem Herzen innerhalb eines Jahres.

Mit der Pumpe wird entweder die Zeit bis zur Genesung des Herzens oder einer Herztransplantation ("bridge to transplant") überbrückt. Bei Patienten, bei denen eine Transplantation nicht in Frage kommt, kann die Pumpe auch eine Dauerlösung sein ("destination therapy"). "Es gibt Menschen, die damit sogar Sport treiben und Fahrrad fahren; auf jeden Fall bedeutet diese Technik eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität und Mobilität", sagt Schmid.

 Diese Zeichnung zeigt die Lage der Pumpe am Herzen.

Diese Zeichnung zeigt die Lage der Pumpe am Herzen.

Foto: Lammertz Thomas

Die Pumpe wird von außen mit Energie versorgt. Dazu führt vom Herzen aus ein Kabel zur unteren Bauchdecke, wo es an der Seite aus dem Körper herausgeführt wird. Dieser Ausgang muss sorgsam gepflegt werden, weil er durch die schützende Haut führt. Patienten und Pflegepersonal werden im Umgang mit dieser Stelle besonders geschult.

Von dort führt das Kabel zu einem Gürtel, in dem die Kontrolleinheit und die Batterien sitzen - zwei Akkus, die die Pumpe mit Energie für bis zu acht Stunden versorgen. Der Gürtel ist unauffällig und würde unter einem Pullover kaum auffallen. Das komplette System - genannt "Linksventrikuläres Herzunterstützungssystem" - kostet rund 100.000 Euro für die Hardware, sagt Schmid. Die Kosten für das Gesundheitssystem seien aber in Relation zu Krankenhausaufenthalten der Betroffenen zu sehen, die sonst mit ihrer Herzschwäche im Schnitt alle zwei, drei Monate stationär behandelt werden müssten. Herzschwäche werde als Thema in der Medizin immer wichtiger, betont Schmid weiter; heute seien etwa zwei Millionen Menschen in Deutschland davon betroffen, Tendenz steigend, weil die Menschen älter und die medizinische Versorgung von Herz-Kreislaufpatienten immer besser werden. Und er betont erneut: Die Lebenssituation der Patienten verbessert sich mit der Pumpe dramatisch. Die Patienten müssten anfangs alle vier Wochen, später nur noch alle drei Monate in der gemeinsamen Herzinsuffizienzsprechstunde von Prof. Klues (Kardiologie) und Prof. Schmid (Herzchirurgie) kontrolliert werden. Stationäre Behandlungen entfallen also. Die Technik ist auch ein Mittel, den Mangel an Spenderherzen für Transplantationen zu überbrücken: 2015 seien in Deutschland etwa 900 Unterstützungssysteme eingepflanzt worden, erläutert Schmid - bei rund 300 Herztransplantationen.

Zur Vorbereitung auf die OP gehört auch eine psychologische Vorbereitung der Patienten, erläutert Schmid. Sie müssen darauf vorbereitet sein, in Abhängigkeit von einer Maschine zu leben; allein der Umstand, dass man kaum noch den Puls spürt, kann kritisch für die Psyche sein; auch die Abhängigkeit von Batterien ist eine Belastung. Und schließlich: Die Operation ist keine einsame Spitzenleistung des Operateurs.

Bei Helios hat sich das komplette Team, das daran beteiligt war, ein halbes Jahr lang intensiv auf diesen Eingriff vorbereitet. Dennoch: Am Ende ist es der Operateur, dessen Fingerfertigkeit über den Ausgang der Operation entscheidet. Schmid ist hier bescheiden und kehrt seine Leistung nicht hervor. Er hat bereits in seiner Zeit als Chirurg in Regensburg ältere Modelle der Pumpe eingesetzt - die Geräte seien damals viel größer und lauter gewesen und hätten im Bauchraum der Patienten untergebracht werden müssen. Heute sei die Operation nichts Außergewöhnliches, meint Schmid; sie dauere dreieinhalb Stunden; Bypass-Operationen seien aufwendiger.

Das Krefelder Herzzentrum hat damit einen weiteren wichtigen Schritt zur Etablierung eines interdisziplinären Herzinsuffizienzzentrums gemacht.

(RP)
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