Krefeld Eros-Center: Stadt hat offenbar jahrelang beide Augen zugedrückt
Krefeld · Das Eros-Center im Gewerbegebiet Mevissenstraße ist baurechtlich ein Wohnheim. Der Betreiber vermietet und vermittelt Zimmer. Zur Zahlung von Vergnügungssteuern wird der Gewerbetreibende von der Stadt Krefeld nach eigenen Angaben bislang nicht herangezogen. Entsprechende Nachfragen der Ratspolitiker treffen in der Stadtverwaltung offenbar einen empfindlichen Nerv.
Das neue Vergnügungsstättenkonzept für die Stadt Krefeld, das in der Sitzung des Rates am Donnerstag, 9. Februar, beraten werden soll, bereitet der Stadtverwaltung nicht nur Vergnügen. Barbara Behr und Heidi Matthias von den Grünen sorgten in der Sitzung des Ausschusses für Verwaltung, Vergabe, Sicherheit und Ordnung mit ihrer Anfrage zur Mevissenstraße 70 für außergewöhnliche Reaktionen: Die beiden Ratsfrauen wollten wissen, wieso der bordellartige Betrieb in der Immobilie offiziell als Hotel Garni oder Wohnheim gelte. Georg Lieser, Leiter des Fachbereichs Ordnung in der Krefelder Stadtverwaltung, witterte Ungemach und ging direkt in die Defensive. Eine solche Einstufung sei unter Beteiligung der Politik in den 1990-er Jahren erfolgt. Er sei als Verwaltung nicht bereit eine wie auch immer geartete Schuld in dieser Sache zu übernehmen. Offenbar habe die Politik jahrelang die Auffassung vertreten, an der baurechtlichen Bewertung des Betriebs nicht rühren zu wollen. Sollte dazu aktuell eine andere Auffassung herrschen, so stünde der Politik dazu der Weg frei, sagte Lieser. Allerdings sollten sich die Ratsvertreter dann auch nicht wundern, wenn der Eigentümer oder Betreiber mit "Bestandsschutz" argumentiere.
"Das Thema ist offensichtlich bislang totgeschwiegen worden", erklärte Heidi Matthias, Fraktionsvorsitzende der Grünen, im Gespräch mit unserer Redaktion. Es gehe ihr und ihrer Kollegin nicht darum, das Eros-Center zu verlagern oder gar zu schließen, sie fordere lediglich Transparenz. Ferner sei es überflüssig zu betonen, dass baurechtlich und steuerrechtlich, aber auch arbeitsrechtlich alles korrekt laufen müsse.
Die Grünen verlangen entsprechende Informationen vonseiten der Stadtverwaltung und liegen damit auf einer Linie mit den übrigen Ratsfraktionen. "Nach unserer Kenntnis zahlt der Betrieb zwar Gewerbesteuer, aber keine Vergnügungssteuer", sagte Heidi Matthias. Das sei verwunderlich, wenn man bedenke, dass Tanzschuppen und Gaststätten mit Spielautomaten, Kino- und Diskothekenbetreiber zur Zahlung von Vergnügungssteuern veranlagt würden.
"Wir wollen überprüft wissen, was an der Mevissenstraße eigentlich los ist", betonte Heidi Matthias. Die Stadtverwaltung habe offenbar seit den 1990-er Jahren "beide Augen zugedrückt", sagte sie. Ihr Interesse rühre von dem neuen Prostitutionsgesetz her. Demnach müssen die Männer und Frauen, die dort arbeiten, ihre Tätigkeit bei den Behörden anmelden. "Uns geht es auch darum zu erfahren, welche Rolle Zwangsprostitution, Menschenhandel, Schwarzarbeit und andere Aspekte spielen", informierte die Fraktionsvorsitzende.
Die CDU-Kollegin Simone Roemer hatte bereits vor zwei Monaten über die spezielle Problematik des Eros-Centers hinaus auf die Wohnungsprostitution in der Stadt hingewiesen. "Die Stadtverwaltung Krefeld hat offensichtlich nicht verstanden, dass dort Frauen einem Gewerbe nachgehen, im Internet dafür inserieren, dies aber alles illegal passiert. Jede Dönerbude jeder Versicherungsmakler wird vom Gewerbeamt kontrolliert, nur die Frauen, die Prostitution betreiben, nicht. Das ist ein Unding", sagte sie.
Die FDP hat unterdessen beantragt, die Verabschiedung des neuen Vergnügungsstättenkonzepts von der Tagesordnung am 9. Februar abzusetzen und zu verschieben. Begründung: Der Fachausschuss hatte noch nicht die Gelegenheit, den Entwurf zu beraten.
Mehr Erfolg hat die Kommune mit der Ausweisung des Sperrbezirks Ritterstraße: Wie Lieser mitteilte, waren in der zweiten Wochen kommunaler Kontrollen dort am Straßenstrich keine Prostituierten mehr anzutreffen.
Die Stadtverwaltung blieb eine für gestern angekündigte Stellungnahme bislang schuldig.