Scheinadressen in Krefeld Großrazzia ergab Spur zu Kindergeldbetrügern

Krefeld · Steuerfahndung, Zoll, Polizei und Stadt kontrollierten im März zwei Häuser und enttarnten mehr als 40 Scheinadressen.

 An der Alten Linner Straße 9 und 64 entdeckte die Polizei in einer gemeinsamen Aktion mit der Stadt 40 Scheinadressen und nicht erlaubte Wohnverhältnisse.

An der Alten Linner Straße 9 und 64 entdeckte die Polizei in einer gemeinsamen Aktion mit der Stadt 40 Scheinadressen und nicht erlaubte Wohnverhältnisse.

Foto: Norbert Stirken

Im März dieses Jahres enttarnten Polizei, Zoll, Steuerfahndung und Stadt mehr als 40 Scheinadressen in zwei Mehrfamilienhäusern an der Alte Linner Straße. Die so genannten Problemhäuser gerieten wie schon andere Immobilien in Krefeld zuvor in den Fokus der Ermittler. Das Ergebnis der weiteren, aufgrund der damaligen Verdachtsmomente eingeleiteten Ermittlungen des Landeskriminalamtes (LKA) liegen jetzt offenbar vor. Rumänen und Bulgaren bezogen zu Unrecht für 90 Jungen und Mädchen Kindergeld. Das treffe in der Hauptsache zu, Details könne sie nicht mitteilen, erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums am Dienstag auf Anfrage unserer Redaktion. Das LKA wolle am Mittwoch in Düsseldorf über die Hintergründe des groß angelegten Kindergeldbetrugs informieren. Der Schaden soll jenseits der Millionengrenze liegen.

Solche Scheinadressen böten ausreichend Verdachtshinweise, dass die Männer und Frauen in Sozialhilfebetrug verwickelt sein könnten, berichtete die Krefelder Polizeisprecherin Karin Kretzer seinerzeit. Polizei, Zoll, Steuerfahndung und Stadt setzen damals ihren erfolgreichen Kurs gegen oftmals illegale Nutzung Krefelder Schrottimmobilien fort. Einer der Schwerpunkte der Aktion lag auf dem Abgleich vorliegender Daten der Meldebehörde, des Jobcenters und der Familienkasse. Dabei wurden schon vor neun Monaten erhebliche Unterschiede zwischen den gemeldeten und den tatsächlichen Bewohnern festgestellt.

Es wurden seinerzeit über 40 Personen, die dort nicht tatsächlich wohnhaft waren, von Amts wegen abgemeldet. Jobcenter und Familienkasse hätten ebenfalls teilweise erhebliche Unstimmigkeiten festgestellt und würden ihre gezahlten Leistungen entsprechend kontrollieren, anpassen und gegebenenfalls zurückfordern, teilte die Polizei im März dieses Jahres mit.

Es sei verboten, eine Wohnungsanschrift für eine Anmeldung anzubieten oder zur Verfügung zu stellen, wenn ein tatsächlicher Bezug der Wohnung weder stattfinde noch beabsichtigt sei, informierte Stadtsprecher Dirk Senger. Bei einem Verstoß könne der Wohnungsgeber mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro belangt werden.

Dass die Kinder, für die Kindergeld bezogen wurde, nicht in Krefeld lebten, spielt für die Bewertung wahrscheinlich keine Rolle. In Deutschland kann auch rechtmäßig für Nachwuchs Kindergeld bezogen werden, der im Ausland lebt. Deutsche Behörden haben 2018 Kindergeld in Höhe von rund 402 Millionen Euro ins Ausland überwiesen. Unter den knapp 252.000 Kindern, für die Kindergeld in europäische Staaten oder die Türkei überwiesen wurde, bildeten die polnischen Kinder (123.855) die größte Gruppe. Das geht aus der Statistik der Familienkasse für 2018 hervor. Gezahlt wurde zudem für rund 32.500 Kinder mit deutschem Pass, die im Ausland lebten. Wichtige Empfängerstaaten waren 2018 Rumänien, Tschechien und Frankreich.

 Rund neun Monate nach der Durchsuchung an der Alten Linner Straße 9 und 64 liegen jetzt offenbar Ergebnisse intensiver Folgeermittlungen vor.  Das LKA informiert heute.

Rund neun Monate nach der Durchsuchung an der Alten Linner Straße 9 und 64 liegen jetzt offenbar Ergebnisse intensiver Folgeermittlungen vor.  Das LKA informiert heute.

Foto: Norbert Stirken

Die Krefelder Razzia im März dieses Jahres ist augenscheinlich eine Methode, um Sozialleistungsbetrug auf die Spur zu kommen, das Modell Präsenzkonzept Innenstadt scheint als Vorbild für andere Kommunen geeignet. Die Schadenhöhe des Krefelder Kindergeldbetrugs hochgerechnet für Deutschland hochgerechnet beträgt rund 320 Millionen Euro.

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