Krefeld Entsetzen an der Kliedbruchstraße

Krefeld · Es klingt wie ein Alptraum für jeden Hausbesitzer: Plötzlich rollen die Bagger an und beseitigten Rasen- und Pflasterflächen aus den Vorgärten. Die Anwohner zeigten sich über 60 Jahre alte Katasterunterlagen überrascht.

Das ist das Architektur-Biotop Kliedbruchstraße
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Aufruhr an der Kliedbruchstraße. Dort rückten die Bagger an, um den umstrittenen Ausbau zu beginnen. Für die Anwohner erfüllten sich Freitag schon nach wenigen Stunden ihre schlimmsten Befürchtungen. An Privatgärten grenzende Rasenflächen wurden ausgekoffert, aufwendig gepflasterte Wege zerstört, 80 Jahre alte Buchenhecken gefährdet und mehrere Birken in ihrer Standsicherheit bedroht.

Die Anwohner um ihren Sprecher Dr. Wolf Bachmann sehen den Charakter der mit Architektur-Perlen bestückten Straße im so genannten Heimatstil mit Fachwerk- und Backsteinoptik gefährdet. In der kommenden Woche habe die Denkmalbehörde prüfen wollen, ob nicht der komplette Straßenzug im Abschnitt zwischen Minkweg und Hökendyk als Denkmalbereich ausgewiesen werden sollte. Nun habe die Stadt offenbar zuvor überfallartig Fakten schaffen wollen, lautet die Befürchtung der Betroffenen, die sich Freitagmittag zu einem Ortstermin versammelt hatten.

Die Stadt hat die Fahrbahnbreite auf 5,50 Meter festgesetzt; ausgewiesene Parkplätze sind nicht vorgesehen. Auf der östlichen Seite soll ein 2,50 Meter breiter Gehsteig angelegt; auf der westlichen Seite wegen der vorhandenen Bäume auf einen Gehweg verzichtet werden. Stattdessen sieht der Plan im Bereich der Eichen einen 5,50 Meter breiten Streifen aus Versickerungs- und Grünfläche vor. Durch den beidseitigen Einbau von zwölf Zentimeter hohen Bordsteinen sollen Autofahrer davon abgehalten werden, Grünflächen und Versickerungsmulden zu überfahren. Sollte sich das als unzureichend erweisen, müssten Sperrpfosten oder Schutzbügel installiert werden.

Über die Eigentumsverhältnisse für die in Anspruch zu nehmenden Flächen herrschte offenbar bis zuletzt Unklarheit. "Die Anwohner haben ihren Rasen zum Teil in gutem Glauben auf städtisches Terrain gesät", sagte Florian Monheim am Freitag. Erst durch einen Blick in die Unterlagen des Katasteramtes habe er erfahren, dass die Toreinfahrt zu seinem expressionistischem Poelzig-Haus schon seit 1952 im Eigentum der Stadt sei. Wie die Kommune mit dem zum Denkmal gehörenden Objekt umgehen wolle, wisse er mit Gewissheit bis heute nicht.

Die Anwohner betonen, dass ihr Widerstand gegen die Planung keine finanziellen Gründe habe. Sie hätten sogar bereits im Jahr 2008 bei Gesprächen über eine Kompromisslösung angeboten, die Kosten für eine neue Fahrbahndecke komplett zu übernehmen. In der Sache herrscht an der Kliedbruchstraße seltene Einigkeit. 97 Prozent der Anwohner wenden sich gegen Versickerungsmulden, Sperrbügel und hohe Bordsteine. "Das ist alles nicht nötig", so der einhellige Tenor.

Die Stadt war gestern Nachmittag für eine Stellungnahme nicht mehr zu erreichen.

(RP/ac)
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