Krefeld England-Auftrag sorgt für Begeisterung im Siemens-Werk

Krefeld · Das britische Verkehrsministerium hat grünes Licht für einen Zug-Großauftrag gegeben, auf den das Siemens-Werk in Uerdingen schon lange wartet. Entsprechend groß ist die Freude der Belegschaft.

Siemens produziert ICE-Züge im Krefelder Werk
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1140 neue Wagen für die Thameslink-Strecke bedeuten auf Jahre hinaus sichere Arbeitsplätze. Die Verlagerung von 200 Arbeitsplätzen nach Nürnberg ist vorerst vom Tisch.

Die Überlegung, 200 Stellen für die Fertigung von Umrichtern und Ladegeräten bis Ende September 2014 nach Nürnberg zu verlagern, sieht Betriebsratsvorsitzender Heinz Spörk nach der guten Nachricht der Thameslink-Strecke in dieser Härte abgewendet. "So wird das nicht erfolgen, wenn überhaupt." Der Uerdinger Betriebsrat hat mit dem Vorstand konstruktive Gespräche geführt, die zu der Entscheidung geführt hätten, den Plan erst mal nicht umzusetzen.

Offiziell will die Siemens AG derzeit noch keine Stellung zum Auftrag aus England beziehen. Zwar war man sich bereits seit Monaten mit dem Betreiber der Linie einig, aber über die Finanzierung wurde in England noch verhandelt, sagte Peter Gottal, Pressesprecher der Siemens-Division Rail Systems in Berlin, noch am Mittwoch. Gestern hieß es "kein Kommentar" in der Niederlassung West in Düsseldorf. Noch liege kein unterschriebener Vertrag vor, das werde noch einige Wochen dauern.

Auch wenn die Siemens-AG damit noch etwas Wasser in den Wein gießt, ist vor Ort im Werk in Uerdingen die Stimmung ausgesprochen gut. "Auf diese Nachricht haben wir schon lange gewartet", sagte gestern Heinz Spörk auf Nachfrage der RP. Der Krefelder Betriebsratsvorsitzende ist hochzufrieden. Nach diesem Riesenauftrag aus England stehe das Werk Uerdingen so gut wie noch nie da. Das britische Verkehrsministerium teilte am Freitag in London mit, dass die Siemens AG für die Modernisierung der Thameslink-Strecke insgesamt 1140 neue Wagen für 1,6 Milliarden Pfund (1,9 Milliarden Euro) liefern solle.

Die Siemens AG hat für die Strecke, die von Bedford im Norden Londons über London nach Brighton am Ärmelkanal führt, auf dem erfolgreichen Desiro-Triebwagenkonzept für Großbritannien die neue Plattform des Desiro City entwickelt. Die Leichtbauweise des Zuges und der Drehgestelle sowie eine intelligente Fahrzeugsteuerung reduzieren den gesamten Energieverbrauch des Zuges um bis zu 50 Prozent gegenüber den Vorgängermodellen.

Die Belegschaft sei auf den umfangreichen Auftrag gut vorbereitet, am Standort seien die entsprechenden Investitionen getätigt worden. In Absprache mit dem Kunden seien bereits die ersten Züge in die Fertigung gegangen. Der Riesenauftrag halte die Beschäftigungslage über die nächsten Jahre stabil. Zurzeit werden noch 300 Züge für die belgische S-Bahn gefertigt, in der Produktion sind auch noch die Desiro-Züge für Sotschi in Russland.

Dazu kommen noch die Euro-Star-Züge für die Strecke durch den Ärmelkanaltunnel. Diesen Auftragsberg schafft man mit einer guten Mannschaft und Termintreue der Lieferanten, ist Spörk überzeugt. Ob weitere Leute eingestellt werden müssen, hängt davon ab, wie schnell die Züge ausgeliefert werden müssen, und ob weitere Großaufträge hinzukommen. Unter normalen Umständen sei die Belegschaft im Moment ausreichend. Kein Standort schafft den Zugbau in dieser Geschwindigkeit wie Krefeld-Uerdingen.

Für Zufriedenheit sorgt auch eine andere Meldung von Freitag: Die Deutsche Bahn darf künftig Züge durch den Ärmelkanaltunnel schicken. Nach dreijähriger Prüfung erteilte die zuständige Kommission die notwendige Genehmigung, so Eurotunnel-Chef Jacques Gounon. Bisher hakte die Zulassung der neuen ICE-Züge. 16 nagelneue ICE-Züge im Gesamtwert von rund 530 Millionen Euro warten auf die Auslieferung an die Deutsche Bahn und belasten den Ertrag der Siemens-Zugsparte. Bisher fehlt die Zulassung des Eisenbahnbundesamtes.

(RP/rl/gre)
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