Krefeld Empörung über abgebrochene Trauerfeier

Krefeld · Darf eine Trauerfeier nur höchstens 30 Minuten dauern? Ein Fall in Krefeld sorgt derzeit für Empörung. Bei einer Beerdigung wurde der Sarg noch vor dem Schlusssegen aus der Kapelle gefahren. Die Stadt bedauert dies, sieht aber bisher keinen Anlass, die bewährte Praxis zu verändern.

 Trauerhalle auf dem Friedhof in Oppum: Im Juni hat ein Sargdienst hier eine Beerdigung vorzeitig abgebrochen. Die Stadt erklärt sich jetzt in einer Vorlage für den Bauausschuss.

Trauerhalle auf dem Friedhof in Oppum: Im Juni hat ein Sargdienst hier eine Beerdigung vorzeitig abgebrochen. Die Stadt erklärt sich jetzt in einer Vorlage für den Bauausschuss.

Foto: Lothar Strücken

Der Krefelder Pfarrer Volker Hülsdonk spricht gerade die Schlussworte bei der Trauerfeier auf dem Friedhof, als der Sargdienst anrückt, um den Sarg zum Grab zu fahren. "Plötzlich ertönte Glockengeläut, die Sargträger kamen nach vorne, wir waren völlig erstaunt", erinnert sich der Sohn der Verstorbenen, der das Verhalten "pietätlos" nennt. Die Beerdigungspanne sorgt in Krefeld für Wirbel — und für große Verärgerung bei den Hinterbliebenen.

Der Vorfall vom 18. Juni 2012 wurde erst jetzt durch die Krefelder FDP bekannt, die einen Antrag für den nächsten städtischen Bauausschuss zur "Einsatzplanung von Sargträgern" schrieb. Bei der Trauerfeier für eine Krefelderin im Stadtteil Oppum hatte ein durch die Stadt beauftragter Sargdienst vorzeitig Blumen und Sarg in der Trauerhalle abgeräumt — während der Pfarrer noch sprach. 283 Euro hatte der Sohn der Verstorbenen für die Nutzung der Friedhofskapelle gezahlt.

Die Stadt Krefeld bedauert den Vorfall und betonte gestern ausdrücklich, dass das Verhalten der Sargträger falsch war. Die Krefelder Friedhofssatzung sehe aber vor, dass eine Trauerfeier auf 30 Minuten begrenzt ist. "Ausnahmen bedürfen der vorherigen Zustimmung der Stadt Krefeld — Fachbereich Grünflächen", heißt es in der Krefelder Friedhofssatzung. So sei sichergestellt, dass "auch bei einer maximalen Ausnutzung der verfügbaren Zeit einer Trauerfeier von 30 Minuten die Bestattung auf einem anderen Friedhof pünktlich erfolgen kann", teilte ein Stadtsprecher mit. Auf Wunsch der Hinterbliebenen könne vorher eine Verlängerung beantragt werden. Im konkreten Fall, beim Begräbnis auf dem Friedhof Oppum, sei dies nicht geschehen.

Beim Bistum Aachen, zu dem Krefeld gehört, war gestern kein Ansprechpartner zu erreichen. Im Nachbarbistum Köln stößt der Fall auf Unverständnis. "Eine religiöse Feier sollte generell immer nur vom Pfarrer beendet werden und nicht von Sargdienern", sagt eine Sprecherin. "Alles andere ist würdelos."

Der Ablauf einer Bestattung obliegt laut NRW-Gemeindeordnung der Verantwortung der Städte. Die Friedhofssatzungen, die in den Stadträten beschlossen werden, können sich deswegen von Kommune zu Kommune deutlich voneinander unterscheiden. In Moers, wo es im vergangenen Jahr knapp 1100 Beerdigungen gab, gibt es keine zeitlichen Begrenzungen für Beerdigungen. "So ein Fall wie in Krefeld ist bei uns undenkbar. Wir würden nie eine Bestattung abbrechen. Das wäre pietätlos", sagt Herbert Hornung, Sprecher des kommunalen Dienstleisters Enni. "Wir setzen Bestattungen generell nur im Ein-Stunden-Takt an, so dass Überschneidungen so gut wie ausgeschlossen sind." Grundsätzlich sei es aber so, dass evangelische und katholische Beerdigungen durchschnittlich 30 Minuten dauerten, sagt Hornung.

In Duisburg sind die städtischen Wirtschaftsbetriebe für Friedhofsangelegenheiten zuständig. "Bei uns gilt zwar die 30-Minuten-Regel. In vorheriger Absprache mit den Betroffenen dürfen die Beerdigungen selbstverständlich auch länger dauern", sagt Sprecher Volker Lange. "Allerdings hatten wir auch noch nie Probleme mit zu langen Bestattungen."

Die Trauerfeier in Oppum begann um 12 Uhr, um 13 Uhr hatte der Sargdienst einen Folgetermin auf dem 12,3 Kilometer entfernten Friedhof von Krefeld-Hüls. Der Sargdienst beim Oppumer Begräbnis habe bemerkt, dass die Zeit knapp wird und deshalb reagiert. "Eine nicht angekündigte Verlängerung der Trauerfeier ist natürlich kein Grund für den Verantwortlichen der Bestattung, diese Trauerfeier zu beenden", schreibt die Stadt im Bericht für den Ausschuss. Aus Sicht der Stadt reicht jedoch die jetzige 30-Minuten-Regelung.

Den Sohn der Verstorbenen empörte das Vorgehen des Sargdienstes so, dass er kurz nach der Beerdigung einen Brief an die Krefelder Ratsfraktionen und den Oberbürgermeister Gregor Kathstede (CDU) schickte. Er spricht von einem "unmöglich engen Zeitfenster in der Einsatzplanung ihrer Mitarbeiter". Er fordert jetzt eine Verlängerung der Nutzungszeit der Trauerhalle für ein angemessenes Abschiednehmen von dem Verstorbenen und eine Anpassung der Einsatzplanung der Sargträger.

(RP/jco)
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