Krefeld Elf Babys in der Glockenspitzhalle -Hilfsbereitschaft hoch wie nie

Krefeld · Die Caritas sagt: Eine solche Welle der Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge habe sie noch nicht erlebt. Gesucht werden Dolmetscher und Paten, die bei Behörden- oder Arztgängen helfen wollen.

 Eine von vielen Helfern: Dorothea Niedziela hilft ehrenamtlich im Wartecafé der Caritas; dort bietet sie auch Flüchtlingen, die sich Rat holen, etwas zu trinken und erste Gespräche an.

Eine von vielen Helfern: Dorothea Niedziela hilft ehrenamtlich im Wartecafé der Caritas; dort bietet sie auch Flüchtlingen, die sich Rat holen, etwas zu trinken und erste Gespräche an.

Foto: Lothar Strücken

Zu den 150 Flüchtlingen, die nun in der voll besetzten Glockenspitzhalle Unterkunft gefunden haben, gehören auch elf Babys: Dies teilte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) auf Anfrage mit. Die Caritas, die mit dem DRK die Betreuung der Flüchtlinge in Krefeld übernommen hat, berichtet von einer beispiellosen Welle der Solidarität aus der Krefelder Bürgerschaft: "Während früher die Vorbehalte sehr groß waren, ist heute die Hilfsbereitschaft enorm hoch. Wir haben es in all den Jahren noch nicht erlebt, dass es eine solche Bereitschaft zu helfen gibt", resümierte gestern Eva Renard, zuständige Bereichsleiterin bei der Caritas, auf Anfrage unserer Zeitung.

Zurzeit sind zwei Gruppen von Flüchtlingen in Krefeld zu unterscheiden: Die Menschen in der Glockenspitzhalle sind zur Erstaufnahme im Auftrag des Landes hier; sie werden mit Nahrung und Kleidung versorgt und erhalten Taschengeld: 30 Euro pro Woche für Erwachsene und 15 Euro pro Woche für Kinder unter 18 Jahren. Nach einigen Wochen werden sie dann einer Kommune zugewiesen.

Die übrigen Flüchtlinge in der Stadt sind zur Unterbringung während des Asylverfahrens nach Krefeld verwiesen. Sie erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die sich seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2012 am Sozialhilfesatz ("Hartz IV") orientieren.

Auch die Caritas kümmert sich um die Flüchtlinge, achtet aber darauf, dass es keine Bevorzugung gegenüber einheimischen Sozialhilfeempfängern gibt. "Oft kommen Flüchtlinge nur mit den Kleidern am Leib zu uns; sie werden natürlich aus unserer Kleiderkammer umsonst eingekleidet", berichtet Renard. Können Flüchtlinge eine Wohnung beziehen, holt die Caritas erst die Expertise eines Paten ein, der empfiehlt, welche Möbel die Flüchtlinge neben der Erstausstattung (Betten, Tisch, Stühle, Küchengrundbedarf) gebrauchen können. Die Paten kommen aus Kirchengemeinden oder ehrenamtlichen Helfer-Gruppen. Die Caritas verwaltet zudem ein Konto mit Spenden für die Flüchtlingsarbeit. Wie das Geld ausgegeben wird, entscheidet ein Vergabeausschuss, in dem Vertreter des Katholikenrates, des Flüchtlingsrates, der Krefelder "Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände" und der Caritas sitzen. "Das gespendete Geld fließt ausschließlich in die Flüchtlingsarbeit", betont Renard; Verwaltungskosten gebe es nicht.

Es geht bei der Hilfe nicht nur um Sachen und Geld. Genauso dringend werden Helfer gesucht, die als Paten Flüchtlinge bei Behörden- oder Arztgängen begleiten, Deutschunterricht geben oder Hausaufgabenbetreuung für Kinder übernehmen, berichten Renard und die DRK-Kreisgeschäftsführerin Sabine Hilcker übereinstimmend. "Wir hatten letztens einen arabisch sprechenden Flüchtling, der zum Zahnarzt musste. Wir haben also jemanden gesucht, der ihn begleitet und dolmetscht", berichtet Renard. Schon der öffentliche Nahverkehr stellt Neuankömmlinge vor unlösbare Probleme, wenn sie die Sprache nicht beherrschen. Hilcker betont, dass etwa Kleiderspenden immer willkommen sind, es gebe genug bedürftige Menschen.

Stadt, Caritas und DRK werden aus der Politik gelobt für die Unterbringung der Flüchtlinge. CDU-Ratsfrau Britta Oellers würdigt die "hervorragende Arbeit", UWG-Sprecher Andreas Drabben erklärt: "Wir können stolz sein auf solch ein Team aus Rotem Kreuz, Stadtverwaltung und den weiteren Helfern."

Kritik richtet sich vor allem gegen die Art, wie das Land die Kommunen bei der Verteilung von Flüchtlingen regelrecht überfällt: Krefeld hat etwa am Dienstag früh erfahren, dass es innerhalb von Stunden eine Unterkunft für bis zu 150 Flüchtlinge zur Erstaufnahme vorbereiten müsse. Die Krefelder Grünen - deren Partei in der Landesregierung vertreten ist - haben es als "äußerst problematisch" bezeichnet, dass das Land per Amtshilfegesuch gleichsam über Nacht Krefeld 150 Flüchtlinge zugewiesen habe.

(RP)
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