Krefeld Einmal eine Oper "backstage"

Krefeld · Das Ehepaar Carola und Gunnar Lischke, Mitglieder der Theaterfreunde Krefeld und auf vielfältige Weise an Kunst interessiert, erlebte die Gluck-Oper "Orpheus und Eurydike" aus der Position des Inspizienten.

 Bühnenmeister Georg Rütsch (rechts) erklärt Carola und Gunnar Lischke die Abläufe im Theater.

Bühnenmeister Georg Rütsch (rechts) erklärt Carola und Gunnar Lischke die Abläufe im Theater.

Foto: Mark Mocnik

Es war Ognian Ratchkov, einer der Inspizienten des Theaters, der den Anstoß dazu gab, dass die Theaterleitung in ihrem Newsletter einen Preis auslobte: Zwei Theaterinteressierte sollten die Möglichkeit erhalten, einmal eine Oper "backstage", also aus der Sicht des Inspizienten, zu erleben. Ausgewählt dafür war die Oper "Hamlet", und zwar am 28. Januar dieses Jahres.

Carola und Gunnar Lischke, Mitglieder der Theaterfreunde Krefeld und auf vielfältige Weise an Kunst Interessierte - sie ist aktives Mitglied des "Frauenkunstforums Südwestfalen", er singt mit großem Engagement im Krefelder Gospelchor "Familie of Hope" - meldeten sich, weil der vorgesehene Termin ihr Hochzeitstag ist. Doch dann passierte es, was in dieser Saison noch keiner Opernaufführung widerfahren war - sie musste wegen Erkrankung im Ensemble ausfallen. Nach einigem Hin und Her wurde mit einer Aufführung der Oper "Orpheus und Eurydike" von Christoph Willibald Gluck ein würdiger Ersatz geschaffen.

Mehr als eine Stunde vor Beginn begrüßte Marketing-Referent Dirk Wiefel die neugierigen und verständlicherweise ein wenig aufgeregten Gäste beim Pförtner. Zunächst ging es durch lange Flure zur großen Bühne mit der unendlichen Höhe. Der freundliche Bühnenmeister Georg Rütsch kam zum Willkommen und ließ sogleich - im Beisein eines Feuerwehrmannes - den Eisernen Vorhang runter. "Das ist Vorschrift, die Feuerwehr muss kontrollieren, ob alle Brandschutzmaßnahmen eingehalten werden" erklärte Rütsch. Dann gab er noch einige Verhaltenshinweise - sich während der Vorstellung ruhig verhalten und im Notfall Hilfe beim Inspizienten suchen. Dieser - es war an diesem Abend Ognian Ratchkov, der Initiator der ganzen Unternehmung -hatte bereits an seinem achtunggebietenden Pult Platz genommen, bediente in aller Ruhe unzählige Tasten und beobachtete die drei Monitore, die die Bühne, den Orchestergraben und den Zuschauerraum zeigten. Gleich neben dem Inspizientenpult durften die Gäste Platz nehmen. Wichtig ist jeweils die Abendspielleiterin - diesmal Sybille Northmann - sie wacht darüber, dass die Intentionen des jeweiligen Regisseurs oder der Regisseurin, die nach der Premiere nicht mehr im Haus sind, genau beachtet werden.

Nach und nach trudelten alle Mitwirkenden ein: die Damen und Herren von Chor und Ballett und von den nur drei Solisten in dieser Oper zunächst der Orpheus und der Amor - beide von Sängerinnen interpretiert - zuletzt auch der Dirigent - noch ohne Frack. Es herrschte eine erstaunlich lockere, freundschaftliche Atmosphäre, von Anspannung keine Spur. Dann kam der Einruf für alle, und schließlich hieß es "wir beginnen". Der Chor formierte sich, vom Orchester sorgsam begleitet, zu einem klangschönen Eröffnungsgesang, Orpheus beklagte den Verlust seiner Eurydike, der er ins Totenreich folgt und die er nach Irrungen und Wirrungen endlich wieder in die Arme schließen kann - unterstützt vom klugen Ratgeber Amor. Die anrührende Geschichte wird in Krefeld ohne Pause gespielt, zwei kurze Umbauten - kaschiert durch einen schwarzen Vorhang - sind ausgefüllt mit der einnehmenden frühklassischen, dann wieder archaisch klingenden Musik Glucks. So konnten auch die Gäste in ungewohnter Position - die Bühnengasse gab immerhin einen Teil der Bühne frei - die Oper wie aus einem Guss erleben. Zum Schluss war es noch interessant zu beobachten, wie die Abendspielleiterin minutiös die Applausordnung reglementierte.

Insgesamt war es ein eindrucksvoller Abend, der dem Ehepaar Lischke mit Sicherheit noch lange in Erinnerung bleiben wird.

(RP)
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