Bürgerverein Verberg Ein Jahrhundert für die Gemeinschaft

Verberg · Der Bürgerverein Verberg feiert 100-jähriges Bestehen. Er vertritt Bürgerinteressen und verwirklicht eigene Projekte.

 Der Krefelder Stadtteil Verberg ist beliebt. Wahrzeichen des Ortes ist die Christus König Kirche. Man trifft sich bei „Kleinlosen“ und genießt ausgedehnte Spaziergänge im Grünen.

Der Krefelder Stadtteil Verberg ist beliebt. Wahrzeichen des Ortes ist die Christus König Kirche. Man trifft sich bei „Kleinlosen“ und genießt ausgedehnte Spaziergänge im Grünen.

Foto: Thomas Lammertz

Wenn Dieter Döll über den Bürgerverein und Verberg spricht, dann fühlt sich der Zuhörer in der Zeit zurückversetzt. Er kam in den 1960er Jahren aus Uerdingen nach Verberg. „Damals“, berichtet er, „war das noch ganz anders als heute. Die Stadtteile waren sehr viel eigenständiger, was das Gefühl angeht. Und Verberg war noch ein von Landwirtschaft geprägtes Dorf.“

Döll, der als Lehrer arbeitete und später ein Gymnasium in Duisburg leitete, fand jedoch schnell Anschluss. „Unser Haus war noch gar nicht ganz fertig, da klingelte es am Abend. Vor der Tür stand ein uns fremder Mann, der sich als Nachbar vorstellte und eine Flasche Schnaps dabeihatte. Er wolle uns kennenlernen, sagte er. Nun... der Abend ging bis fünf am Morgen“, erzählt er lachend.

 Verberg Marktplatz vor Kleinlosen

Verberg Marktplatz vor Kleinlosen

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

So war das damals, und Döll trauert dieser Zeit durchaus auch hinterher. Gern möchte er ein ähnliches Gemeinschaftsgefühl wieder erwecken. Auch deshalb ist er aktiv im Bürgerverein. Dieser versteht sich als Bindeglied zwischen Bürgern, Vereinen und Politik unter- und miteinander. Doch mit reden ist es nicht getan, auch handfeste Projekte startet der Verein. Diese haben sich mit der Zeit gewandelt. Noch während des Ersten Weltkriegs wurde der Verein gegründet. Damals ging es vor allem darum, die Interessen der Bauern in Verberg zu vertreten. Es gab eine starke Bindung an die Kirche.

 Die Zwei vom Bürgerverein: Dieter Döll (l.) und Manfred Steinborn vom Vorstand stehen am Ehrenmal für die Kriegsopfer.

Die Zwei vom Bürgerverein: Dieter Döll (l.) und Manfred Steinborn vom Vorstand stehen am Ehrenmal für die Kriegsopfer.

Foto: Sven Schalljo

Nach der Machtergreifung der Nazis wurde der Verein verboten und im September 1949 wieder gegründet. Damit ist er von der Neugründung an gerechnet fast genau einen Monat jünger als die Bundesrepublik. Das ist auch mehr als ein Zufall, denn die Arbeit des Vereins als Interessenvertretung ist zutiefst demokratisch und damit durchaus als verlängerter Arm des neuen, demokratischen Staates zu verstehen. Die ersten Projekte hatten auch mit dem Krieg und dessen Aufarbeitung zu tun. So war der Verein federführend bei der Errichtung eines Ehrenmals für die Kriegstoten im Jahr 1950 beteiligt.

In späteren Jahren wurden die Aufgaben dann mehr von aktuellen Entwicklungen geprägt. So engagierte sich der Verein, als 1990 die Niepkuhlen auszutrocknen drohten. Auch der Baumlehrpfad, der wenig später rund um Verberg eingerichtet wurde, ist ein Projekt des Bürgervereins. In jüngster Zeit aber sind die Repräsentanten auch immer wieder im Diskurs mit der Politik. So machten sie Vorschläge zur unendlichen Geschichte Marcelli-Kreuzung. Nach langen Gesprächen und vielen Argumenten, warum sie nicht möglich sei, wird nun tatsächlich die Lösung, die der Bürgerverein von Beginn an vorgeschlagen hatte, umgesetzt: Die Linksabbiegerspur.

Auf ein ähnliches Ergebnis hofft der Vorsitzende Manfred Steinborn auch beim neuen heißen Thema: Wiesenhof. Das Neubaugebiet erhitzt die Gemüter vieler Bürger nicht nur in Traar, sondern auch in Verberg. „Faktisch liegt es ja näher an Verberg, als an Traar. Wir würden die Menschen dort gern integrieren. Um das zu vereinfachen, haben wir einige Vorschläge zur Umsetzung. Wir sind nicht grundsätzlich dagegen, aber es muss richtig gemacht werden“, befindet Steinborn.

Unter dem Strich wünschen sich die Mitglieder des Vereins ein wieder zunehmendes Gemeinschaftsgefühl. „Manchmal fühlt es sich heute so an, als würden die Menschen in die globalisierte Onlinewelt fliehen und ihre Nachbarn kaum noch kennen. Das finde ich schade. Wir haben ein reges Vereinsleben, und bis auf wenige Ausnahmen fehlt auch nicht der Nachwuchs. Wir arbeiten daran, dass es so bleibt“, sagt Döll. Auch wenn er gern aus seinem langen Leben - er nähert sich dem 80. Geburtstag - erzählt und nebenbei Historiker ist: Sein Augenmerk liegt nicht nur auf der Vergangenheit. Auch die Zukunft zu planen ist dem Pensionär wichtig.

Und so will er wie auch der Bürgerverein als solcher dazu beitragen, dass vielleicht in 50 Jahren die Menschen, die heute nach Verberg ziehen, Ähnliches berichten wie er. Von Nachbarn, die einfach anklopfen und sich kennenlernen. Ob mit oder ohne Alkohol.

Und wenn das mit dem Wiesenhof gelänge, es wäre wohl das Glanzstück des Bürgervereins in seiner 100-jährigen Geschichte. Und so wollen sie sich auch verstanden wissen: Als Gestalter, nicht als Bedenkenträger.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort