Krefeld EGN büßt Wettbewerbsvorteil ein - und verliert Kompostwerk und Sortieranlage

Krefeld · Die Entsorgungsgesellschaft Niederrhein (EGN) - eine 100-prozentige Tochter der Stadtwerke Krefeld - büßt einen wichtigen Wettbewerbsvorteil ein: Das Unternehmen muss seine Wertstoffsortieranlage und sein Kompostwerk zum Jahresbeginn 2017 an den Rhein-Kreis Neuss abgeben. Der Erlös von angeblich 15 Millionen Euro macht die Verantwortlichen nicht wirklich glücklich.

 Kerstin Abraham, Vorstand der Stadtwerke Krefeld, ist Aufsichtsratsvorsitzende der EGN.

Kerstin Abraham, Vorstand der Stadtwerke Krefeld, ist Aufsichtsratsvorsitzende der EGN.

Foto: Lammertz

Die Entsorgungsgesellschaft Niederrhein (EGN) scheute den Konflikt mit dem Kreis Viersen nicht. Das Krefelder Unternehmen weigerte sich, die eigene Kompostieranlage auf den Süchtelner Höhen zu verkaufen. "Wir sägen doch nicht den Ast ab, auf dem wir sitzen", hieß es aus der Geschäftsleitung. Schließlich wolle die EGN auch in Zukunft in der Sparte Bio- und Grünabfälle ihr Geld verdienen. Im Rhein-Kreis Neuss hatte die Stadtwerke-Tochter nun keine andere Möglichkeit, als ihre Wertstoffsortieranlage in Neuss-Grefrath und das Kompostwerk in Korschenbroich zum 1. Januar 2017 abzugeben. Das war in dem vor 20 Jahren geschlossenen Gesamtentsorgungsvertrag zwischen den Parteien so vereinbart.

"Die EGN Entsorgungsgesellschaft Niederrhein mbH hat die Ausschreibung des Rhein-Kreises Neuss zur Entsorgung von Hausmüll und Sperrmüll zum 1. Januar 2017 gewonnen. Die Veräußerung der Wertstoffsortieranlage in Neuss und der Kompostierungsanlage in Korschenbroich an den Rhein-Kreis Neuss erfolgte unter Rahmenbedingungen, die bereits im alten, noch gültigen Entsorgungsvertrag festgelegt wurden. In einer weiteren Ausschreibung hat der Rhein-Kreis Neuss die Betriebsführung der Wertstoffsortieranlage zur Aufbereitung des Hausmülls und Sperrmülls vergeben. Hieran hat sich die EGN beteiligt und konnte den Zuschlag für sich erzielen", berichtete Unternehmenssprecherin Kristiane Helmhold auf Anfrage unserer Redaktion.

 Die Kompostieranlage in Korschenbroich ist noch bis Jahresende im Eigentum der Stadtwerke-Tochter Entsorgungsgesellschaft Niederrhein mit Hauptsitz in Viersen. Danach geht sie für rund sechs Millionen Euro an den Rhein-Kreis Neuss.

Die Kompostieranlage in Korschenbroich ist noch bis Jahresende im Eigentum der Stadtwerke-Tochter Entsorgungsgesellschaft Niederrhein mit Hauptsitz in Viersen. Danach geht sie für rund sechs Millionen Euro an den Rhein-Kreis Neuss.

Foto: Illgner

In dem neuen Vertrag mit dem Rhein-Kreis Neuss hat die EGN offenbar eine Trendwende einleiten können. Nachdem der Kreis Viersen komplett von der Fahne gegangen ist, und die Aufträge zur Entsorgung des Hausmülls der Stadt Mönchengladbach und der Stadt Mülheim weit unter den bisherigen Preisen gehalten werden konnten, scheint der Abschluss in Neuss die Verantwortlichen zufriedenzustellen. Nach Informationen unserer Zeitung zahlt der Kreis Neuss für die Entsorgung einer Tonne Restmülls zukünftig statt 188,50 Euro 175 Euro, für Bioabfälle 80 Euro statt 96 Euro pro 1000 Kilogramm. "Eine Aussage zu Vertragspreisen machen wir grundsätzlich nicht", betonte Kristiane Helmhold.

Wie gut der Abschluss mit dem Rhein-Kreis Neuss aus Unternehmenssicht ist, unterstreichen die Vergleichszahlen: Mülheim zahlt rund 54 Euro pro 1000 Kilogramm, Mönchengladbach 70 Euro und die Stadt Krefeld 172 Euro (hier ist noch keine Neuausschreibung beziehungsweise Neuverhandlung erfolgt. Der Vertrag wurde per Option verlängert).

In den zurückliegenden Jahren hat die EGN so genannte Drohverlustrückstellungen bilden müssen. Sie garantiert der Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage (MKVA) nämlich Festpreise für die thermische Verwertung des Restmülls, unabhängig davon, welche Preise sie von den Kommunen für die Entsorgung erzielt.

Die Erlöse aus Krefeld und aus dem Rhein-Kreis Neuss dürften für eine wirtschaftliche Zukunft ausreichend sein, wenn sich an den Verbrennungspreisen in der MKVA in Elfrath nichts ändert. Nach dem Willen der Krefelder Stadtverwaltung und der EGN sollen die Konditionen tatsächlich unverändert bleiben. Andernfalls müsste der entsprechende Vertrag zum Ablauf des Jahres 2018 gekündigt werden. Es nicht zu tun bedeutet, dass sich der Kontrakt automatisch um zehn Jahre bis 2028 verlängert. Das letzte Wort in der Angelegenheit hat der Rat der Stadt Krefeld in seiner morgigen Sitzung am Donnerstag, 8. Dezember, im Seidenweberhaus.

In der Frage, ob ein Verzicht auf eine Kündigung rechtlich in Ordnung ist, sieht die Verwaltung kein Problem, so lange Leistung und Kosten in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Kritiker sehen das anders. Es gibt zahlreiche Gerichtsurteile, in denen Festlegungen von kommunalen Unternehmen über 20 bis 30 Jahre in Zusammenhang mit Gebühren und Energiepreisen als unzulässig lang betrachtet wurden.

Die EGN bleibt auch im kommenden Jahr im Rhein-Kreis Neuss Eigentümer der Deponieflächen in Neuss-Grefrath und für deren abschließende Verfüllung und Nachsorge verantwortlich.

(sti)
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