Künstler aus Krefeld Kunst und Werbung: Die zwei Welten des Heinz von der Way

Krefeld · Stadtarchiv und „Kunst und Krefeld“ erinnern in einer Doppelausstellung an den Krefelder, der mit Bier-Reklame den finanziellen Durchbruch hatte, aber am liebsten idyllische Szenen malte.

 „Freilichtbildnis meiner Frau 1919“ hat Heinz von der Way das Ölgemälde genannt. Es ist in der Alten Post zu sehen.

„Freilichtbildnis meiner Frau 1919“ hat Heinz von der Way das Ölgemälde genannt. Es ist in der Alten Post zu sehen.

Foto: Petra Diederichs

„Schön“ ist kein Gütesiegel für Kunst. Und doch: Die Motive, die Heinz von der Way malte und zeichnete, sind schön: ein wolkenumwobener Mond über Baumwipfeln, das satte Grüne der Nieederrheinweiden, ein schlummernder Mann in einem Kahn vor der frühmorgendlichen Kulisse an der Kull, Porträts mit feinen, weichen Zügen. Jenseits aller Lieblichkeit strahlen die Bilder  eine Harmonie aus, die selbst aus den über Jahrzehnte nachgedunkelten Farben strahlt. Der Künstler hat auf der Leinwand keine persönlichen Krisen, keine Traumata abgearbeitet. Er war mit sich und der Welt im Reinen. Wer war dieser Heinz von der Way, der 1888 in Krefeld geboren wurde und 1973 hier gestorben ist, der zwei Weltkriege überlebt hat – und dann so malte?

„Er war ein durch und durch positiver Mensch“, sagt seine Enkelin Ursula Altenähr. Einer, dem die Familie das Wichtigste war, der keinen Streit mochte. Das erklärt vieles. So hat er zwei Seelen in seiner Brust in Gleichklang gebracht: den Broterwerb und die künstlerische Freiheit. An den Gebrauchsgrafiker und an den Kunstmaler Heinz von der Way erinnert eine Doppelausstellung, die am Wochenende startet. Unter dem Titel „Zwischen Bier und Waggons“ zeigt das Stadtarchiv ab Freitag, 20. September, die Gebrauchsgrafik des Krefelders; „Gemälde und Zeichnungen“ stellt der Verein Kunst und Krefeld in der Alten Post, Steinstraße 5, ab Sonntag aus. Beide pflegen den wirtschaftlich-biografischen und den künstlerischen Nachlass, den Ursula Altenähr ihnen übergeben hat.

 Enkelin Ursula Altenähr mit Bierreklame und dem Porträt ihrer Mutter.

Enkelin Ursula Altenähr mit Bierreklame und dem Porträt ihrer Mutter.

Foto: Peztra Diederichs/Petra Diederichs

Es ist ein Schatz „besonderer Güte“, so Stadtarchivar Olaf Richter. Denn nur selten sind so umfangreiche Aufzeichnungen aus der Wirtschaft erhalten. Von der Way hat genau dokumentiert, detailierte Memoiren verfasst. Die Bilder schaffen Kopfkino: Wie der junge Maler in den Zwanziger Jahren in seinem Atelier im vierten Stock des Hansahauses sitzt. Sobald er etwas verkauft hat, geht er in die Stadt, um Essen für seine Frau und die beiden Töchter zu kaufen. „Denn am nächsten Tag, erzählte er, war das Geld nichts mehr wert“, erinnert sich seine Enkelin. Bis zu sieben Nullen hatten die Beträge, die von der Way damals für seine Arbeiten erhielt.

Von der Ways Werk ist bekannt, auch wenn viele gar nicht wissen, dass sie es kennen. „Halb Krefeld hat anscheinend während seiner gut 50 Schaffensjahre bei ihm arbeiten lassen oder gekauft“, sagt Ursula Altenähr. Für die Chemische Fabrik Stockhausen hat er Werbung, Briefköpfe und Verpackung gestaltet, für die Waggonfabrik Uerdingen, die Bäckerei Hauser, die Tapetenfabrik Heeder, Rhenania und etliche mehr. Den finanziellen Durchbruch hatte er, als er 1950 vom Deutschen Brauerbund den Auftrag erhielt, ein appetitliches Bier zu gestalten. „Bis dahin waren auf solchen Plakaten Flüssigkeiten in Gläsern dargestellt, die eher an Erbesensuppe als an Bier erinnerten“, schreibt er in seinen Memoiren. Er erfand den „Kältetropfen“, der im Gegenlicht über ein halbbeschlagenes Glas rinnt. Das Motiv auf knallblauem Blech war nach seinen Worten „der Schlager in der Brauereireklame“ unbd wurde berühmt. Aufträge quer durch Bierdeutschland folgten: vom Münchner Löwenbräu bis zu Holsten in Hamburg.

Von der Way hatte Dekormalerei gelernt. Auf einer handfesten Lehre hatte der Vater bestanden. Doch nach der Ausbildung wurde er Schüler von Jan Thorn Prikker an der Kunstgewerbeschule, in einer Klasse mit Heinrich Campendonk. Von der Way hatte seinen Frieden mit den Brot-Aufträgen, aber liebte seine Malerei: die Landschaften am Niederrhein, die Porträts, vorzugsweise von seiner Frau, von den Töchtern und auch Selbstbildnisse, die in der Alten Post zu sehen sind.

Er war ausgeglichen, einer, der Krieewelsch sprach und sich engagierte. Er war ein früher Netzwerker, gründete die Niederrheinische Künstlergilde, die sich als Gegenpol der experimentelleren Künstlergruppe ’45 verstand, eher konservativ und weniger modern malte. Er pflegte Freundschaften zum Kunstschmied Paul Sieben, zum Buchdrucker Ernst Düsselberg, zum Architekten Eugen Bertrand. Und er hatte Einfluss. Auf seine Initiative hat die Stadt 1929 zwei Doppelhäuser für Künstler an der Windmühlenstraße bauen lassen.

Die Kriege spiegeln sich nicht in seinem Werk. Er war nicht im Widerstand, aber bis auf die Parole „Heimat“ auf zwei Werbungen für Rhenania ist das Gedankengut in von der Ways Bildern nicht zu sehen. 1943 wurde er als Hilfspolizist herangezogen. „Doch die Alliierten haben anerkannt, dass er keine Gefahr war“, sagt Altenähr. Seine Kunst ist eine Enklave, in der nur Schönheit Platz hat. „Opi lebte immer im Vertrauen, dass alles schon gut weitergehen würde.“

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