Kopftuch-Debatte in Krefeld „Muslimas scheuen Kopftuch-Debatte“

Krefeld · VHS-Leiterin Inge Röehnelt möchte eine Debatte über das Kopftuch anregen und dabei auch mit muslimischen Frauen ins Gespräch kommen. Auftakt ist eine Veranstaltung mit dem Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi.

 Eine türkische Schülerin mit Kopftuch – die VHS möchte auch mit muslimischen Frauen über das Kopftuch debattieren.

Eine türkische Schülerin mit Kopftuch – die VHS möchte auch mit muslimischen Frauen über das Kopftuch debattieren.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Die Zahl der muslimischen Frauen mit Kopftuch nimmt zu. Was sind die Gründe? Was bedeutet das Kopftuch den Musliminnen? Welche Rolle spielt es im Islam – und welche im gesellschaftlichen Kontext von Krefeld? Mit diesen Fragen möchte die Leiterin der Krefelder Volkshochschule, Inge Röhnelt, eine öffentliche Debatte über die gesellschaftlichen Herausforderungen bei der Integration anstoßen. In Kooperation mit der Gleichstellungsstelle der Stadt Krefeld lädt sie unter dem Titel „Ihr müsst kein Kopftuch tragen. Aufklären statt Verschleiern“ zu einer Lesung mit dem Islamwissenschaftler und Autor des gleichnamigen Buches Abdel-Hakim Ourghi für den 14. März in die VHS am Von-der-Leyen-Platz.

„Was hat es mit dem Kopftuch auf sich?“, diese Frage habe sie und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Heike Hinsen, im täglichen Kontakt mit muslimischen Frauen immer wieder beschäftigt, doch selbst im Gespräch mit den Frauen habe man nie Antworten finden können, berichtet Röhnelt. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass muslimische Frauen einer Antwort ausweichen. Sie scheuen den Diskurs mit Frauen und Männern aus dem westlich-aufgeklärten Kulturkreis.“ Trotz Kopftuchdebatte herrsche Unsicherheit, Unkenntnis und hohe Empfindlichkeit bei allen Beteiligten. „Die Einladung zum kritischen Austausch über konservativ-islamische Werte bewegt sich auf einem schmalen Grat und wird so manches Mal mit dem Vorwurf des Rassismus oder der Diskriminierung verhindert.“

Für einen „selbstbewusst demokratischen Diskurs“ über die Werte, die das Kopftuch symbolisiert, bedarf es nach Ansicht Röhnelts einer sachlichen Aufklärung. „Um den Stellenwert des Kopftuchs in der muslimischen Gesellschaft zu ermessen, ist es wichtig zu wissen, ob die Verschleierung religiöse Pflicht ist, oder ob es Machtinstrument einer patriarchalen Gesellschaft ist, das einem konservativ-politischen Islam zur Abgrenzung dient.“

Der Religionswissenschaftler Ourghi habe diese Frage zum Forschungsgegenstand erhoben und das mache den Reformer zu einem besonders interessanten Gastredner. Aufschlussreich sei nicht nur, dass er sich für einen innerislamischen Dialog einsetze und er für eine historisch-kritische Lesart des Korans sowie eine zeitgemäße Auslegung des Textes plädiere, sondern dass er die muslimische Frau hinsichtlich ihrer Eigenverantwortung ausdrücklich in die Pflicht nimmt. Sein persönlicher Hintergrund macht ihn nach Röhnelts Auffassung zu einem authentischen Beurteiler. „Wenn es um die Rolle der Frau im Islam geht, um ihre Emanzipation und die Aufforderung zur Selbstverwirklichung, dann ist es interessant, dazu einen aus Algerien stammenden Islamwissenschaftler von der Freiburger Hochschule für Religionspädagogik zu hören – und nicht die deutsche Feministin.“

Röhnelt glaubt, dass „unsere Demokratie sich durch Toleranz gegenüber Andersdenkenden auszeichnet“. Diese Toleranz dürfe aber nicht dazu führen, dass „demokratische Errungenschaften der westlichen Welt“ wie zum Beispiel die Gleichstellung von Mann und Frau bei der konservativen muslimischen Community nicht angemahnt werden. Ourghi warne in dem Zusammenhang vor der Gefahr von „falscher Toleranz“ gegenüber einem politisch motivierten Islam; statt einer fortschreitenden Integration drohe die Entstehung einer sich abgrenzenden konservativ-religiösen Parallelgesellschaft.

Eine Gefahr, die auch Röhnelt sieht. „Wenn es um gelingende Integration geht, dann ist der Dialog und die Begegnung von Mensch zu Mensch von entscheidender Bedeutung. Wir leben zu parallel – auch hier in der Volkshochschule“, glaubt sie. „Die Menschen kommen in unser Haus, besuchen die Deutschkurse – und verlassen unser Haus. Eine Auseinandersetzung zwischen den Kulturen zu Werten und Rollenverständnis findet kaum statt.“ Röhnelt fürchtet, „es gibt eine Parallelgesellschaft; und die wächst merklich – auch in Krefeld“.

Mit Blick auf die hohen Besucherzahlen bei den Veranstaltungen mit den Islamkritikern Ahmad Mansour („Klartext zur Integration“) in der Synagoge und Seyran Ates („Ist der Islam mit Homosexualität vereinbar“) in der Mediothek, unter Federführung von Tagrid Yousef und Harriet Fischer, sagt Röhnelt: „Gut, dass das Thema in der öffentlichen Diskussion angekommen ist.“ Sie meint nicht allein die Frage, „ob wir in unserer Demokratie Geschlechterrollen und Moralvorstellungen der muslimischen Gesellschaft akzeptieren müssen, die wir selbst seit langem überwunden haben“. Gut sei darüber hinaus, „dass die Kritik mancher Muslime an einer zu freizügigen, bisweilen orientierungslosen westlichen Welt ein wichtiger Beitrag für die Wertediskussion in Europa sein kann“.

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