Krefeld Die letzte Fahrt der 8GTW

Krefeld · 45 Jahre lang fuhren Straßenbahnen des Typs 8 GTW durch Krefeld. Nun ist Schluss: Die alten Bahnen werden durch hochmoderne Niederflurstraßenbahnen ersetzt. Gestern fuhr Cebrail Temiz die letzte Bahn ins Depot. Wir haben ihn begleitet.

8GTW: Die Straßenbahn, die nie wieder in Krefeld fährt
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8GTW: Die Straßenbahn, die nie wieder in Krefeld fährt

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Der winzige graue Ventilator hat keine Chance. 35 Grad sind es in der winzigen Fahrerkabine der Straßenbahn am gestrigen Nachmittag am Krefelder Ostwall. Cebrail Temiz schwitzt. Er weiß: Bereits am nächsten Morgen wird er in einem geräumigen Cockpit einer hochmodernen Niederflur-Straßenbahn mit Klimaanlage sitzen. Denn die alten robusten Wagen werden durch neue hochmoderne Züge ersetzt. Doch Cebrail Temiz würde auf diesen Tausch lieber verzichten.

Gestern konnten die Krefelder zum letzten Mal eine Straßenbahn des Typs 8 GTW im Dienst der SWK sehen. Sie wurden in den vergangenen Monaten Stück für Stück aussortiert: Neun der alten Bahnen fahren bereits in Polen, sieben weitere gehen in die Bulgarische Hauptstadt Sofia. Lediglich eine einzige soll in Krefeld bleiben: Sie könnte künftig Gästen des Rennbahn-Restaurants für besondere gastronomische Angebote dienen. Vorausgesetzt, die Stadt genehmigt die Aufstellung der Bahn. Die bauchigen Bahnen mit den harten Sitzbänken sind ab heute also von Krefelds Straßen für immer verschwunden. Für Fahrer Cebrail Temiz geht damit auch ein Stück Krefelder Geschichte verloren. "Wenn ich daran denke, werde ich sentimental."

Fünf Jahre lang ist Temiz die 8 GTW jeden Tag gefahren. Bei Hitze und Schnee, mit lustigen und mürrischen Fahrgästen. Dabei war es mit der 8 GTW für ihn beilieibe nicht Liebe auf den ersten Blick: Jahrelang arbeitete er ausschließlich als Busfahrer. Als die SWK dann eines Tages Freiwillige fürs Straßenbahn-Cockpit suchte, meldete er sich zögerlich. Doch jetzt will er das für die alten Bahnen so charakteristische Kurbeln nicht mehr missen — und muss es doch. Denn per Drehung an dem großen silbernen Fahrtgeber bestimmte der Fahrer bei 8 GTW bisher das Tempo. Bei der neuen Niederflurbahn ist es statt der großen Kurbel ein kleiner Joystick, mit dem der Fahrer steuert. "Das macht weniger Spaß. Bisher hatte man etwas mehr zu tun", sagt Temiz.

Dann muss er wieder kurbeln. Nachdem er den betriebsamen Ostwall verlassen hat, fährt er nun auf der St.-Anton-Straße Richtung Straßenbahn-Depot. An der nächsten Haltestelle beschwert sich ein Fahrgast, dass sich eine Tür auch nach dreimaligem Knopfdruck nicht öffnen lasse. "Beim vierten Mal funktioniert es immer", sagt Temiz lachend. Sein Job macht ihm Spaß.

Doch es ist nicht nur Nostalgie, die aus seinen Worten spricht. Temiz hatte mit der rundlichen und etwas klobigen Bahn noch nie eine technische Panne. Kein Zufall — schließlich gilt die 8 GTW als sehr robust. "Sie laufen und laufen und laufen. Sie sind so etwas wie der VW-Käfer der Straßenbahnen", schwärmt Burkhard Kuphal, Leiter der Instandhaltung bei der SWK Mobil. Um mit interessierten Fahrgästen eine letzte nostalgische Tour mit der alten Bahn durch Krefeld zu machen, lädt der Verein "Linie 1" für den 29. August zu einer Sonderfahrt. ein. Die Krefelder Straßenbahnfreunde haben sich schließlich den Erhalt der historischen Straßenbahnen auf die Fahnen geschrieben.

Für Temiz aber endete gestern Abend eine Ära, als er die Tür der 8 GTW das letzte Mal von außen schloss. "Ich muss zugeben: Ich trauere, dass sie nun weg ist."

(RP)
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