Krefeld Die Lebensretter von Linn

Krefeld · Nach den Messerstichen an der Hafenstraße steht fest: Nur durch das schnelle Eingreifen von Passanten und der Feuerwehr wurde das Leben der 26-Jährigen gerettet. Der Täter hatte Halsschlagader und Lunge verletzt.

"Warum hilft mir denn keiner?" Die 26-jährige Frau schrie diese Worte um 22.55 Uhr, die Schallwellen prallten gegen die graue Wand des Hauses Hafenstraße 35, wurden zurückgeworfen über die beiden Fahrspuren, überquerten die zwei Bahngleise, zogen weiter, schwächer schon, über die Fahrbahnen der Gegenseite, durchquerten eine dichte grüne Hecke, bevor sie, rund 100 Meter weiter, durch das offene Fenster des Obergeschosses der Hafenstraße 50 stießen und die Trommelfelle mehrerer Männer in Bewegung setzten. Es ist das Gebäude der Feuerwache 2 in Linn.

Es muss ein lauter Schrei gewesen sein, denn die Männer in der Feuerwache hören ihn deutlich, obwohl die Frau, die ihn ausstößt, schwer verletzt ist. Ihre Halsschlagader ist von einem Messer verletzt worden, sie hat einen Stich in die Lunge erlitten, ihre Hände bluten, weil sie versucht hat, den Attacken des Mannes auszuweichen, der ihr gesagt hat: "Du kommst jetzt mit."

Und der in seinem Lastwagen schon Handschellen und Klebeband für sein Opfer bereitgelegt hat. Und den sie noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen hat: ein 29-jähriger Fernfahrer aus Niedersachsen.

"Dieser Schrei", sagt Heinz-Egbert Tabbert, "war komisch. Man hat sofort gespürt, dass da etwas überhaupt nicht in Ordnung war." Der 51-jährige Feuerwehrmann arbeitete an diesem Mittwochabend noch im Erdgeschoss der Wache am Computer. Zusammen mit seinem Kollegen Dusan Plohl sprintete er los. "Wir sahen, wie sich eine junge Frau um die am Boden liegende 26-Jährige kümmerte." Dann hätten sie "nur unsere Arbeit gemacht", sagt Tabbert. Er brachte die starke Blutung zum Stoppen. Das rettete der 26-Jährigen das Leben.

"Wir sind keine Helden", wiegelt Tabbert ab. "Aber dem jungen Anwohner gehört ein Orden verliehen." Der Mittzwanziger, Freund der Frau, die sich beim Eintreffen der Feuerwehrleute um das Opfer kümmerte, war aus seiner Wohnung im Haus 35 gerannt, als er die Schreie hörte. "Dieser Mann hat dafür gesorgt, dass der Täter nicht weiter auf sein Opfer eingestochen hat", lobt Tabbert. Als der Fernfahrer flüchtete, lief der junge Mann hinterher.

"An der Straße hat er ein Auto angehalten und um Hilfe gebeten. Gemeinsam haben sie den Täter verfolgt." Stefan Dostal (40), Kollege von Tabbert, kann dazu mehr sagen: Mit einem Mercedes Sprinter fuhr er die Straße Am Steinacker hinauf. Dorthin sollte der Täter geflüchtet sein. "Der Mann war bereits von Passanten umringt. Zwei Männer hatten sich Holzlatten vom Sperrmüll gegriffen." Er lobt den Mittzwanziger für seine Zivilcourage: "Er hat der Frau das Leben gerettet — und dafür gesorgt, dass der Täter verhaftet werden konnte."

(RP)
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