Krefeld "Die Krefelder sind ein bisschen vornehm"

Krefeld · Konrad Beikircher hat eine besondere Beziehung zu Krefeld. Hier bekam er das Närrische Steckenpferd verliehen. Hier verlieh er gemeinsam mit dem Krefelder Kabarett die Krähen-Auszeichnung an Dieter Hildebrandt. Morgen präsentiert er sein Programm "Schön ist es auch anderswo ..." im Seidenweberhaus.

 "Vom Menschlichen her mag ich Krefeld sehr": Konrad Beikircher gastiert morgen um 20 Uhr im Seidenweberhaus.

"Vom Menschlichen her mag ich Krefeld sehr": Konrad Beikircher gastiert morgen um 20 Uhr im Seidenweberhaus.

Foto: J. Venn

Herr Beikircher, die Krefelder kennen alle bisherigen Folgen Ihrer Rheinischen Trilogie, Sie sind regelmäßiger Gast auf den hiesigen Bühnen. Wir haben Sie als Preisträger und als Laudator erlebt, unter anderem bei der Krähenverleihung, und auch als Sänger italienischer Gassenhauer waren Sie hier - eigentlich ist es Zeit, Ihnen die Ehrenbürgerschaft anzutragen.

Beikircher Es stimmt: Zu Krefeld habe ich eine besondere Beziehung. Vor vielen Jahren hatte ich hier meinen ersten Auftritt in der Kufa. Seitdem ist Krefeld kein weißer Fleck mehr. An das Konzert in der Muschel am Stadtwaldhaus habe ich beste Erinnerungen, auch die Musiker erzählen noch oft, wie besonders die Atmosphäre war. Dabei war ziemlich schlechtes Wetter, aber die Krefelder sind geblieben. Ein Highlight ist und bleibt für mich die Verleihung der Krähe an Dieter Hildebrandt. Aber die Ehrenbürgerwürde, die hätte eigentlich viel mehr Heinrich Band verdient. Der Erfinder des Bandoneons — ein Krefelder! Hierzulande kennen viele das Bandoneon gar nicht mehr, aber in Argentinien, in der Heimat des Tangos, ist dieses göttliche Instrument hochpopulär. Die Ehrenbürgerschaft wäre eine schöne Ehrung, die nix kostet, aber eine Besonderheit unterstreicht — darüber sollte Krefeld mal nachdenken.

Ihr neues Programm heißt "Schön ist es auch anderswo..." Bedeutet das eine Abkehr von der rheinisch-kleinen Welt, einen Blick über den Tellerrand in ferne Weiten?

Beikircher Nicht unbedingt. Ich guck mal ein bisschen hier und ein bisschen da — und ein bisschen auch als Südtiroler, der ich ja bin. Oft werde ich gefragt, warum ich das Rheinische so gut kann. Auch davon will ich ein Stückchen erzählen. Als Südtiroler bin ich dreisprachig aufgewachsen. Das schult das Gehör für Sprachen. Und ich möchte ganz ernsthaft den Dialekt hochhalten. Davor habe ich großen Respekt. Was den Titel betrifft — übrigens ein Zitat von Wilhelm Busch: Der Rheinländer braucht nicht hin, wo es schön ist. Da, wo er ist, ist es schön. Aber es zeigt auch ein Stück rheinischer Seelenlage: Dem Rheinländer würde ein bisschen südländische Melancholie gut tun. So etwas wie der Fado — ein Lied, das diese schöne melancholische Seite auskostet. Das Wetter im Rheinland fördert diese Stimmung doch. Man denke an "In Kölle do isset am reäne". Diese Melancholie, die würde ich dem Rheinländer wünschen.

Als geborener und bekennender Südtiroler und ewig lange schon Wahl-Rheinländer — was bedeutet Heimat für Sie?

Beikircher Heimat ist ganz wichtig. Je älter ich werde, umso mehr wird mir das klar, umso froher bin ich, dass ich eine habe. Das ist natürlich Südtirol, das ist meine Familie. Daher ziehe ich viel Kraft. Mein Zuhause ist das Rheinland, ich möchte nicht in Südtirol leben. Hier sind meine Freunde. Ich bin glücklich, dass ich beides habe, eine Heimat und ein Zuhause.

Sie analysieren die Besonderheiten des Rheinländers sehr genau. Doch nicht nur die Düsseldorfer und die Kölner sind höchst verschieden. Wie beschreiben Sie den Krefelder?

Beikircher Krefelder sind nochmals anders. Ein bisschen vornehm. Sie haben ja eine reiche wirtschaftliche Vergangenheit. So gucken sie immer ein bisschen von oben auf die umliegenden Ländereien und fühlen sich als Großstädter. Der Krefelder zieht eine Augenbraue hoch, mit dem anderen Auge blickt er nach Köln — nicht nach Düsseldorf. Die Aachener etwa sind da selbstbewusster und gelassener. Sie sagen sich "Wir sind Karl, der Große". Aber die Krefelder können andere auch spüren lassen, dass sie eigenwillig sind. Als mir das Närrische Steckenpferd verliehen wurde, haben die Krefelder die zugereisten Künstler sehr wohl auch merken lassen, dass "wir in Krefeld auch gute Kräfte haben". Und was mir in Krefeld gut gefällt, ist zum Beispiel das Engagement der Krähen: Kabarett ausschließlich als Benefiz, davon könnte sich mancher eine Scheibe abschneiden.

Und wie gefällt ihnen die Stadt?

Beikircher Ich bin gerne in Krefeld. Okay, aus städtebaulicher Sicht ist man immer froh, wenn man wieder rausfahren kann. Aber vom Menschlichen her mag ich Krefeld sehr.

Sie treten am Tag nach dem Dreikönigstag im Seidenweberhaus auf. Wenn Sie als einer der Heiligen Drei Könige kämen, was würden Sie dem Neugeborenen mitbringen?

Beikircher Auf jeden Fall keinen Laptop. Eher ideelle Gaben: Unaufgeregtheit und die Selbstsicherheit, nicht jeder Mode hinterherzulaufen und in jedem "Superstar" das Genie aller Zeiten zu sehen. Und Ohrenstöpsel, um das Getöse der modernen Zeit auszuhalten.

Was erwartet das Publikum bei Ihrem neuen Programm?

Beikircher Ein Teil ist wie eine Bundesliga-Schlusskonferenz konzipiert. Ich finde Sabine Töpperwien toll. Uns so werde ich die letzten zehn Minuten eines Konzerts so schildern wie die letzten Minuten eines Fußballspiels — mit Rainer Calmund, Reich-Ranicki und vielen anderen.

Petra Diederichs führte das Gespräch.

(RP)
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