Krefeld Die Heilige Anna im Spiegel der Künstler

Krefeld · 16 Künstler aus Deutschland und Polen haben sich mit der Mutter Mariens und dem Wallfahrtsort St. Annaberg aus-einandergesetzt. Morgen eröffnet Bischof Johannes Bündgens die Ausstellung im Ökumenischen Begegnungszentrum.

 Letzte Vorbereitungen für die "Anna"-Ausstellung treffen (v.l.) Mauga Houba-Hausherr (mit ihrem Bild "Martin Luther), Übersetzerin Johanna Kern, Stefanie Denter und Jan Masa (mit seiner Collage "St. Annaberg").

Letzte Vorbereitungen für die "Anna"-Ausstellung treffen (v.l.) Mauga Houba-Hausherr (mit ihrem Bild "Martin Luther), Übersetzerin Johanna Kern, Stefanie Denter und Jan Masa (mit seiner Collage "St. Annaberg").

Foto: Thomas Lammertz

Sie ist die Großmutter Jesu. Obwohl sie in der Bibel nicht erwähnt wird, genießt die Heilige Anna in Europa große Verehrung: Sie ist die Mutter aller Mütter, die Schutzpatronin der Witwen und kinderlosen Frauen - und sie hält ihre Hand schützend über etliche Handwerksberufe. Auch über die Weber. Das passt nach Krefeld, ist aber nicht der entscheidende Grund für die hochspannende "Anna"-Ausstellung, die am morgigen Sonntag - unter anderem von Bischof Johannes Bündgens - in der Ökumenischen Begegnungsstätte Hüls eröffnet wird.

16 Künstler aus Deutschland und Polen nähern sich Anna auf ganz unterschiedliche Weise und in ganz verschiedenen Techniken, aber jedes Werk strahlt ein inneres Leuchten aus - wie die berühmteste Anna-Darstellung von Leonardo da Vinci (um 1500). Anna ist Kraftquelle. Dabei stehen nicht alle Arbeiten in religiösem Kontext. "Es war uns wichtig, das Thema offen zu halten", sagt Mauga Houba-Hausherr. Die Krefelder Künstlerin ist in Polen aufgewachsen, nicht weit von St. Annaberg entfernt, dem wichtigsten Wallfahrtsort in Schlesien. Als Kind hat sie die Anziehungskraft des Kalvarienbergs, der Kapelle mit der berühmten Anna-Statue und des Franziskanerklosters fasziniert. Bei einem internationalen Künstlertreffen dort hat sie die Magie des Ortes wieder eingefangen. In Stefanie Denter, Pastoralreferentin der Ökumenischen Begegnungsstätte, fand sie eine ausgewiesene Anna-Kennerin. Die Idee zur Schau war geboren.

"In Deutschland spielt Anna für viele keine wichtige Rolle, obwohl wir in unserem Bistum eine große Tradition haben", sagt Steffi Denter. Die Dürener Annakirche bewahrt die Reliquie des Anna-Hauptes. In der Bibel gibt es keinen Verweis auf Jesus Vorfahren. Nur aus apokryphen Evangelien ist die Geschichte Annas überliefert, die zu Gott um ein Kind betet und ihren Wunsch nach 20-jähriger Ehe mit dem viel älteren Joachim erfüllt bekommt. "In Polen ist Anna viel präsenter, sie wird als Patronin Schlesiens verehrt, besonders aber als Großmutter. Zu ihrem Namenstag am 26. Juli findet eine große Prozession statt", sagt Dolmetscherin Johanna Kern.

Die große Hoffnung, die Verzweifelte in die gütige weise Frau setzen, zeigt Jolanta Golenia-Mikusz in einem großformatigen abstrakten Werk: In Weiß und Grauschattierungen schafft sie einen trostlosen Nebel, durch den sich unvermittelt das Licht schiebt. "Anna tritt in eine kalte und traurige Welt - und alles wird anders", sagt sie dazu. Ähnliche Hoffnung spricht aus Jan Masas Collage. Auf einem Stück alten Holzes hat er Accessoires des Künstlertreffens in Annaberg verewigt. Nicht die Kraft der Figur, sondern die Kraft des besonderen Ortes hat ihn beschäftigt: Gold und der Schriftzug Blask (= Glanz) auf einer Landkarte stehen im Fokus, darüber ein polnischer Pilgerspruch. "Es mag mit mir geschehen, was will, die heilige Anna ist meine Hoffnung", übersetzt er. Und damit ist er wieder ganz bei der Ur-Frau Anna.

Als Mona Lisa, als geheimnisvolle Gestalt in einem labyrinthartigen Universum, als Heiligenfigur in einer surrealen Fotoarbeit oder als Umriss, in dem Leben und Welt entstehen, als Frau, die sich nicht nur als Mutter definieren will, taucht sie auf. Bei Mauga Houba-Hausherr ist sie nur eine Ahnung: Die Künstlerin bedient sich der Legende, nach der Luther bei einer Wanderung in Thüringen von einem Gewitter überrascht wurde und Anna um Schutz angerufen haben soll. Ein eilender Mönch strebt dem Schutz versprechenden Kloster zu, über dem der Himmel wetterleuchtet. Besonders berührend sind Zeichnungen von Füßen und Händen von Boleslaw Polnar, der kurz vor der Ausstellung starb. Ihm gilt eine separate Ecke. Auch dort ist ein Leuchten.

(RP)
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