Serie Unsere Lehrer Die gute Seele der Brüder-Grimm-Schule

Krefeld · Angelika Kumstel ist seit 40 Jahren Lehrerin. Seit 23 Jahren unterrichtet sie an der Grundschule Freiligrathstraße.

 Grundschullehrerin Angelika Kumstel: "Die Schule ist für viele Kinder ein zweites Zuhause. So soll es auch sein. Das funktioniert aber nur, wenn das Miteinander stimmt. Lob ist dabei ganz wichtig".

Grundschullehrerin Angelika Kumstel: "Die Schule ist für viele Kinder ein zweites Zuhause. So soll es auch sein. Das funktioniert aber nur, wenn das Miteinander stimmt. Lob ist dabei ganz wichtig".

Foto: Thomas Lammertz

Diessem Wenn Schüler sich eine Lehrerin backen könnten, dann sollte sie so sein wie Angelika Kumstel. Freundlich und offen, voller Begeisterung für ihre Schützlinge, nachsichtig gegenüber ihren kindlichen Marotten und mit sicherem Blick für die Stärken jedes einzelnen Schülers, die ihn zu etwas ganz Besonderem machen. Wer nun meint, dass diese Pädagogin wahrscheinlich gerade erst ihren Lehrerdienst angefangen hat und deswegen noch so optimistisch zur täglichen Arbeit erscheint, der irrt. Angelika Kumstel ist im Gegenteil die älteste Lehrerin im Kollegium. Seit nun mehr 40 Jahren unterrichtet sie Kinder, seit inzwischen 23 Jahren an der Brüder-Grimm-Schule an der Freiligrathstraße.

Ihr Motto: Jedes Kind sollte fröhlich zur Schule kommen, fröhlich wieder nach Hause gehen und zwischendurch mindestens einmal herzhaft mit seiner Lehrerin und den Mitschülern gelacht haben. "Die Schule ist für viele Kinder ein zweites Zuhause. So soll es auch sein. Das funktioniert aber nur, wenn das Miteinander stimmt. Lob ist dabei ganz wichtig", sagt die erfahrene Pädagogin.

So könne man einem Kind entweder seine Schwächen vorhalten oder es für seine Stärken loben. Durch so ein Lob wachse ein Kind innerlich und sei dann auch in der Lage, sich an Aufgaben in einem schwachen Fach zu wagen. "Es gibt immer etwas, was ein Kind gut macht und wofür man es loben kann. Gerade für Kinder, die Zuhause vielleicht nicht so viel Zuwendung bekommen, ist das besonders wichtig", weiß Kumstel.

Aber auch Lehrer hören gerne lobende Worte, wie die Pädagogin schmunzelnd erzählt. "Mir gefällt an dieser Schule die Wertschätzung, die die Eltern uns und unserer Arbeit entgegenbringen. Das tut richtig gut." Dem Kollegium wiederum tut die ausgeglichene Art der 63-Jährigen gut, sagt Schulleiterin Ruth Schai, die sich an einige Situationen in Konferenzen erinnert, in der die Emotionen hochkochten, und die von Angelika Kumstel durch ihre besonnene Art schnell entschärft werden konnten. "Sie ist Sternzeichen Waage. Das merkt man in solchen Momenten", erklärt ihre Chefin.

Es gibt einen Augenblick, der schon lange zurückliegt, an den sich Angelika Kumstel dennoch immer erinnern wird. Es war am Anfang ihrer Ausbildung in Niedersachsen. Als 19-Jährige stand sie zum ersten Mal vor einer Klasse und sollte den Drittklässlern ein Märchen erzählen. Sie wählte "Die sieben Raben" der Gebrüder Grimm. "Während ich erzählte, sah ich plötzlich, wie die Augen der Kinder immer größer wurden und sie gespannt zuhörten. Dieser Moment war so schön, dass ich wusste, ich will das ganz oft erleben." Noch heute erzählt sie das Märchen der weltbekannten Brüder, die Namensgeber ihrer Schule sind. Und noch immer kann der Text Schüler begeistern, die der Erzählung ihrer Lehrerin mit großen Augen folgen.

Andere Sachen dagegen haben sich geändert. So bedeutet Lehrerin sein heute längst nicht mehr nur, den vorgegebenen Lehrstoff abzuarbeiten. Das soziale Miteinander muss ebenfalls vermittelt werden. Das fängt schon beim Händewaschen an. "Als Lehrerin bin ich Vorbild für die Schüler. Ich kann also keine Ordnung von den Kindern einfordern, wenn mein eigenes Pult nicht aufgeräumt ist. Beim gemeinsamen Frühstück sehen die Schüler, was ich esse. Das sollte dann natürlich kein Schokoladenbrot sein, sondern etwas Gesundes. Und bevor der Unterricht am Morgen startet, waschen wir uns alle erstmal die Hände. Weil es einfach schöner ist, mit sauberen Fingern die Stifte und Hefte anzufassen."

Respekt vor der Lehrerin haben Kinder heute nicht mehr automatisch, weiß die 63-Jährige. Den Respekt muss sich die Lehrerin durch ihre Ausstrahlung verdienen. Das war in den 70er-Jahren, als Angelika Kumstel als junge Lehrerin eine Stelle an einer Schule für Lernbehinderte in Duisburg annahm, noch anders. Und obwohl die Kinder dieser Schule als schwierig galten, hat die zweifache Mutter inzwischen erwachsener Kinder schöne Erinnerungen an diese Zeit. "Es war toll mitzuerleben, wie Kinder, die sich selbst als Loser betrachteten, plötzlich in der kleinen Gruppe aufblühten und erste Lernerfolge erlebten."

Unterricht in kleinen Gruppen wünschte sich auch Schulleiterin Ruth Schai. Da dieser Wunsch trotz des märchenhaften Schulnamens so schnell jedoch nicht in Erfüllung gehen wird, ist sie froh, engagierte Lehrerinnen wie Angelika Kumstel in ihrem Team zu haben. "Sie ist die gute Seele unserer Schule!"

(bk)
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