Chorkonzert „Die Geisterbraut“ bietet Gefühlskino

Krefeld · Dvoraks Werk erinnert an eine Gruselballade und kommt einem musikgeschichtlichen Unikum gleich, sagt Chordirektor Michael Preiser.

 Der niederrheinische Konzertchor will am Mittwoch die große Aufgabe im Seidenweberhaus mit einigen Aushilfen verstärkt meistern.

Der niederrheinische Konzertchor will am Mittwoch die große Aufgabe im Seidenweberhaus mit einigen Aushilfen verstärkt meistern.

Foto: niederrheinischer konzertchor

Da sitzt die Jungfrau am heimischen Fenster und betet und weint, schmachtet dem fernen Geliebten hinterher. „Weh mir, ach weh“, seufzt die Sopranistin in höchsten Tönen und droht dem verlöschenden Tag mit Selbstmord. Da pocht es an der Tür, der Jüngling, natürlich ein Tenor, tritt ein und verspricht der Holden die Ehe noch in dieser Nacht, sie solle sich nur sputen. Und dann beginnt ein schauerlicher Ritt durch Feld, Tann und Flur, erlköniggleich, nur im Ton des großen slawischen Spätromantikers Antonin Dvorak. Der hat das große Orchester aufgeboten, eine fulminante Chorpartie komponiert und einem Erzähler-Bariton viel zu singen gegeben. Die Geschichte entwickelt sich zum Horror-Trip, denn der ersehnte Jüngling ist längst verblichen, sein Geist entführt die Braut. Die muss in immer rasenderer Fahrt Kreuz, Ring und Amulett wegwerfen, damit das Paar rechtzeitig zum Ziel kommt. Doch, oh Scheck, nicht in die Kirche führt die Reise, sondern auf den Gottesacker, an des Untoten offenes Grab.

„Eine Gruselballade, fast ein musikgeschichtliches Unikum“, sagt Michael Preiser, der Direktor des 50-köpfigen Niederrheinischen Konzertchores, der mit ein paar Aushilfen verstärkt am Mittwoch im Seidenweberhaus die große Aufgabe meistern will. Kommentierend, die Spannung hochschraubend, immer im Dialog mit dem Erzähler (Johannes Schwärsky) spielt der Chor eine gewichtige Rolle im Geschehen, das Dvorak auf einen Text von Karel Jaromir Erben zu einer oratorischen Sinfonie komponierte. Da können sich die Zuhörer auf einiges gefasst machen, meint Dramaturgin Eva Ziegelhöfer.

Im Seidenweberhaus werden diesmal eine Reihe Konzertbesucher aus Mönchengladbach sitzen, so etwa 150 Abonnenten kommen mit dem Shuttle aus der Nachbarstadt, weil das Chorkonzert in der immer noch nicht fertiggestellten Kaiser-Friedrich-Halle ausfällt. Auch sie erwartet ein weiteres Schmankerl in Krefelds Guter Stube: Mit Anne Löper hat das Theater eine Künstlerin engagiert, die mit farbigen Sanden live zur Musik „malt“. Heißt: sie streut mit den Körnern Bilder auf einen von unten beleuchteten Tisch, erweckt so die musikalische Geschichte optisch zum Leben, was per Beamer auf Leinwände übertragen wird. Das soll ein faszinierendes Erlebnis sein, hört man. Freuen darf man sich außerdem auf die aktuelle „Zauberflöte“-Königin Judith Spießer als Braut und Kairschan Scholdybajew als Geist. Ob vielleicht alles doch noch gut ausgeht, wird nicht verraten.

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