Interview mit Ermittlern "Die Einbrecher organisieren sich in Banden"

Krefeld · Robert Lax, Chef der Einsatzkommission Dämmerung, und Krefelds Polizeisprecher Acor Kniely, sprechen im Interview über lokale Einbruchsfälle, die Herkunft der Täter und die Wirksamkeit von Polizeipräsenz auf der Straße.

Acor Kniely (r.), Robert Lax (M.) und RP-Redakteur Sebastian Peters vor der Polizeiwache an der Hansastraße. Im Hintergrund ein Zivileinsatzwagen der Krefelder Polizei mit aufgesetztem Blaulicht.

Acor Kniely (r.), Robert Lax (M.) und RP-Redakteur Sebastian Peters vor der Polizeiwache an der Hansastraße. Im Hintergrund ein Zivileinsatzwagen der Krefelder Polizei mit aufgesetztem Blaulicht.

Foto: Thomas Lammertz

Herr Lax, Herr Kniely, die Krefelder Polizei hat mit der Ermittlungskommission Dämmerung großen Erfolg. Die Fallzahlen im Dezember 2013 sind deutlich zurückgegangen. Die Aufklärungsquote 2013 ist deutlich besser geworden als im Vorjahr. Woran liegt das?

Robert Lax Wir setzen mehr Personal für diesen Bereich ein, und wir intensivieren die Kontrolldichte. Das zahlt sich aus. In der Regel sind in Krefeld 20 Personen im Einsatz allein für die Bekämpfung von Einbrüchen. Regelmäßig sind Zivilfahrzeuge im Stadtgebiet unterwegs, um Einbrecher aufzuspüren. Die Anzahl variiert und hängt davon ab, wie viele Teams zur Verfügung stehen. Früher war Kriminalität ein Hauptthema allein der Kripo — mittlerweile haben wir bei diesem Thema aber polizeiübergreifend ein Wir-Gefühl. Jeder ist sich bewusst: Wenn wir eine zeitlang nichts machen, haben wir irgendwann ein Problem in Krefeld.

Acor Kniely Der Personaleinsatz zahlt sich aus. Wir hatten diverse Festnahmen im vergangenen Jahr, weil wir zeitnah vor Ort waren.

Seit gut einem Jahr veröffentlichen Sie jetzt die Einbruchsorte mit Nennung der Straße — das schürt, wie wir als Lokalredakteure am Telefon erfahren, auch Ängste bei den Bürgern.

Lax Am Anfang war das tatsächlich so, wir haben dann aber in den Bürgervereinen erklärt, warum wir das machen, dass wir sensibilisieren wollen. Nach sechs bis acht Wochen ist das umgeschwenkt — die Leute sind inzwischen froh, dass wir die Straßennamen nennen. Die Einbrecher kennen die Stadtteile Krefelds und die Verteilung des Wohlstands sowieso.

Kniely Wir haben ja auch auf Bürgerversammlungen immer wieder gefragt: Sollen wir die Straßen nennen? Die Antwort war stets: Ja.

Durch die Nennung der Straßen lassen sich auch die Stadtteile in Krefeld ausmachen, in denen besonders häufig eingebrochen wird.

Kniely Das wissen die Einbrecher auch so. Es ist zum Beispiel spürbar in der Einbruchsstatistik, dass autobahnnahe Wohngebiete wie Fischeln besonders häufig von Einbrechern heimgesucht werden.

Warum veröffentlichen Sie eigentlich keine Hausnummern bei der Nennung der Einbruchsorte in Krefeld? Wie sollen sich Zeugen melden, wenn man nicht weiß, wo eingebrochen wurde?

Lax Das ist ein Problem, in der Tat. Wir wollen die Einbruchsorte nicht direkt nennen. Grundsätzlich hoffen wir, über die Nennung der Straße Zeugen zu finden, die verdächtige Autos oder Personen auf dieser Straße gesehen haben.

Sie setzen mittlerweile auch Hubschrauber bei der Suche ein, wenn Sie wissen, dass Einbrecher sich noch im unmittelbaren Umfeld aufhalten.

Kniely Das kommt immer auf die konkrete Lage vor Ort an, nicht in jedem Fall können wir einen Hubschrauber holen. Aber wenn der Hubschrauber rausrückt, dann hat das oft eine hohe Wirkung.

Lax Ich erinnere mich an einen Fall am Dahlerdyk im März 2013, bei dem sich Täter nach einem Einbruch im Hülser Bruch nachts unter Büschen versteckt hielten. Der Hubschrauber hat sie mit der Wärmebildkamera entdeckt. Anschließend konnten wir sie festnehmen.

Wer sind die Täter, woher kommen sie?

Lax Wir nehmen ja nur einen gewissen Prozentsatz der Einbrecher fest. Man kann also sagen, dass wir 80 bis 85 Prozent der Täter nicht kennen; ganz einfach, weil sie nicht gefasst werden. Von den Festgenommenen sind aber mittlerweile die meisten Osteuropäer, dies machte der Minister für Inneres und Kommunales auch im letzten Jahr deutlich. Und es ist nicht ein Alleintäter, sondern oft mindestens drei. Tagsüber werden auch Kinder und Frauen losgeschickt. Die Täter organisieren sich in Banden, werden gesteuert von einer Zentrale, die irgendwo in Osteuropa sitzt. Es sind übrigens viel seltener Rumänen und Bulgaren, als gemeinhin angenommen wird. Wichtig aber ist: Fast alle der Festgenommenen in den vergangenen Monaten hatten keinen Bezug zu Krefeld. Eine Bande war aus Krefeld dabei —aber die hat die Einbrüche in Gladbach begangen.

Woran erkennen Sie eigentlich die von Ihnen angenommene Bandenstruktur?

Lax Es sind oft mindestens drei Tatverdächtige, die gut organisiert als Bande agieren. Sie schlagen in der Regel nicht in einer Stadt alleine zu, sondern wechseln ständig die Bereiche.

Lax Ganz einfach an den guten Hinweisen. Es gibt zahlreiche Fälle, bei denen aufmerksame Zeugen Einbrüche aufgeklärt haben. In Traar gab es einen Fall, bei dem eine Zeugin eine auffällige Frau sah. Als am nächsten Tag in der Zeitung von Einbrüchen in Traar berichtet wurde, meldete sich die Frau bei uns. Etwas Ähnliches ist in Forstwald im letzten Jahr passiert. Eine Zeugin blickte auf einen verdächtigen Wagen, der an ihrer Straße stand. Einen Tag später brachen die Männer, die in diesem Wagen saßen, in ein Haus ein, das sie vorher observiert hatten. Auch diese Zeugin meldete sich mit dem Kennzeichen, das sie beobachtet hatte.

Was kann man über die Opfer sagen? Wer wird Opfer eines Einbruchs?

Lax Wir machen die Beobachtung, dass viel häufiger in normale Ein- oder Mehrfamilienhäuser eingebrochen wird als in große Villen. Die Täter, mit denen wir es in den meisten Fällen zu tun haben, brechen auch für wenige hundert Euro ein. Die wollen Schmuck und Bargeld. Alles, was schwerer als ein Laptop ist, lassen die stehen. Die Täter gehen auf Masse, nicht auf den großen Bruch. Man kann sagen: je höher die Beuteerwartung, desto professioneller der Einbrecher.

Wie geht man mit den Ängsten der Bürger um, die Opfer eines Einbruchs geworden sind?

Lax Wir kümmern uns auch um die Opfer. Und für jeden Anrufer gibt es in der Regel eine Rückmeldung.

Kniely Nach einem Wohnungseinbruch ist der psychische Druck sehr hoch. Wichtig ist es auch, dem Opfer zu signalisieren, dass in den meisten Fällen der Einbrecher sein Opfer nicht aus einem speziellen Grund ausgesucht hat. Das Opfer vermutet ja immer, dass es aus einem speziellen Grund ausgewählt wurde, dass zum Beispiel die Putzfrau die Täterin ist. Dem ist aber nicht so. Viel ist bei der Auswahl des Opfers einfach nur vom Zufall abhängig.

Muss man Angst davor haben, dass Einbrecher gewalttätig werden?

Lax Die flüchten, die suchen keine körperliche Auseinandersetzung. Die wollen nicht erkannt werden. Meist verfahren die Einbrecher auch so, dass sie ihren Rückweg sichern. Sie blocken also die Eingangstür zusätzlich ab und öffnen nach hinten ein Fenster, so dass sie bei Eintreffen des Bewohners schnell und unerkannt flüchten können. Die Fälle aus Sendungen wie Aktenzeichen XY, bei denen Bewohner geknebelt und ausgeraubt werden, gibt es beim klassischen Wohnungseinbruch überhaupt nicht.

Zur Frage der Wohnungssicherung: Wenn man nicht im Haus ist — Rollladen hoch oder runter?

Lax Das entscheidet jeder selbst. Eine Pauschallösung gibt es nicht. Am besten sind Rollläden mit Zeitschaltuhr. Wenn die Rollläden heruntergezogen sind am Tag, sieht man, dass Bewohner wohl nicht zu Hause sind. Andererseits verursacht es Lärm, wenn man eine Rolllade hochschiebt — Nachbarn können also aufmerksam werden, wenn ein Bruch begangen wird.

Wie weit sollte man als Zeuge gehen, wenn man einen Einbrecher sieht?

Lax Im vergangenen Jahr hatten wir zwei Fälle, bei denen couragierte Zeugen selbst die Einbrecher gestellt haben. Das ist natürlich mit einer gewissen Gefahr verbunden. In einem Fall hat ein Zeuge einen Einbrecher mit einem Baseballschläger bedroht. Wir konnten den Täter vor Ort abholen. In einem zweiten Fall haben fünf Nachbarn in Oppum einen Einbrecher festgehalten. Funktionierende Nachbarschaft ist oft die halbe Miete, um Einbrecher fernzuhalten. Aber: Man sollte sich als Zeuge selbst nie in Gefahr bringen und sofort aus sicherem Abstand die 110 wählen!

Die Standkontrollen, die sie in Krefeld vornehmen, spüren auch ganz normale Krefelder, die in ihrem Auto lange warten müssen. Was sagen Sie denen?

Lax Das müssen die Bürger in Kauf nehmen, wenn sie Sicherheit wollen. Bei den Standkontrollen können wir eine Menge Informationen sammeln. Wir bekommen auch immer eine Menge an — ich nenne es Beifang. Autofahrer, die unter Drogen fahren, ohne gültigen Führerschein. Auch so tragen die Kontrollen zur öffentlichen Sicherheit bei.

(RP)
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