Krefeld Blindenhund – ein kostbarer Gefährte

Krefeld · Für Beate Pogorzelsay hat sich die Welt verändert. Die blinde Krefelderin hat einen Blindenführhund bekommen. Für Betroffene ist es ein Glücksfall, ein solches Tier zu finden. Die Chemie zwischen Mensch und Hund muss stimmen.

 Die blinde Krefelderin Beate Pogorzelsay hat einen Blindenführhund bekommen.

Die blinde Krefelderin Beate Pogorzelsay hat einen Blindenführhund bekommen.

Foto: Fabian Kamp/Fabian kamp

„Willi, hier“: Nicht nur der Ruf von Beate Pogorzelsay ist es, der den Golden Retriever herantraben lässt. Die Krefelderin hält sein Geschirr in der Hand, das ist das Zeichen für den zweijährigen Rüden, dass es an die Arbeit geht. Willi stellt nämlich die Augen für Pogorzelsay dar und ersetzt den Langstock. Er ist ein Blindenführhund und begleitet die 59-Jährige seit Mai.

Der Weg zum Blindenführhund war nicht einfach. „Ich wollte schon immer gerne einen Hund haben. Aber meine Mutter, die mit im Haus lebte, war Asthmatikerin, daher ging das nicht“, erzählt Pogorzelsay. Als ihre Mutter vor drei Jahren starb, suchte Pogorzelsay ihren Augenarzt auf und erhielt eine Verordnung für einen Blindenführhund. Im Hunsrück fand sie eine Führhundschule, die Hunde für Blinde ausbildet. Dort hatte es gerade Welpen gegeben, die in zwei Jahren fertig ausgebildet sein würden.

Die Krefelderin schlug ein, doch dann stellte sich auf einmal die Krankenkasse quer und wollte die Kosten nicht übernehmen – ein ausgebildeter Hund kostet rund 30.000 Euro. Pogorzelsay klagte gegen die Entscheidung. Ein über zwei Jahre andauernder Kampf begann, den das Sozialgericht Düsseldorf letztendlich zugunsten der blinden Frau entschied.

Zwei Jahre und vier Monate waren vergangen und der Hund, der eigentlich aus dem Hunsrück nach Krefeld hätte gehen sollen, hatte in Berlin seine Aufgabe als Blindenführhund übernommen. Über ihre Mobilitätstrainerin erfuhr Pogorzelsay von Dirk Kempken, der in Kempen eine Ausbildungsschule für Servicehunde betreibt. Der Kontakt entstand. Durch einen Zufall gab es dabei in Kempen einen ausgebildeten zweijährigen Golden Retriever namens Willi, der eigentlich für jemand anderen bestimmt gewesen war, doch die Person hatte einen Rückzieher in Sachen Hund gemacht. „Meine Cousine hat mich nach Kempen gefahren, und dort bin ich Willi zum ersten Mal begegnet“, erinnert sich die 59-Jährige.

Die Chemie stimmte, und im Mai zog Willi bei Pogorzelsay ein. Trainerin Manuela kam dreimal die Woche. Gemeinsam ging es an die Einarbeitung. Anstrengende Wochen voller Konzentration. An die Stelle des Langstockes trat Willi. Das Dreierteam war viel unterwegs. Willi lernte die Umgebung kennen und erfuhr, wo der nächste Briefkasten ist, wo es zur Straßenbahn geht und wo die Feldwege beginnen, auf denen er mit vierbeinigen Freunden spielen darf.

Nach drei Wochen stand dann die Gespannprüfung an. „Ich war so nervös, als es zusammen mit meiner Mobilitätstrainerin, die auch gleichzeitig Prüferin ist, sowie einer Tierärztin losging“, berichtet die blinde Frau. Willi musste unter anderem im Freilauf seine Abrufbarkeit demonstrieren, seine blinde Hundehalterin zur Straßenbahn bringen, eine Sitzbank anzeigen und am Bahnhof die Abgrundverweigerung vorführen. „Was alle erstaunt hat ist die Tatsache, dass Willi mich an Gitterrosten vorbeiführt, die unseren Weg kreuzen. Ich bin in Kempen beim Training mit Willi auf einem solchen Gitter gestürzt, und seitdem führt Willi mich drumherum“, erzählt Pogorzelsay von ihrem klugen Hund.

Sie und ihr Führhund bestanden die Prüfung mit Bravour. „Willi ist ein Streber. Das haben wir schon während der Ausbildung gemerkt“, sagt Ausbilder Kempken lachend. Mit Willi hat sich für Pogorzelsay indes eine andere Welt aufgetan. Das Leben habe sich gedreht und zwar in Richtung schön, beschreibt sie es. „Seit ich Willi habe, benutze ich den Langstock nicht mehr. Ich verlasse mich völlig auf den Hund. Er gibt mir viel mehr Sicherheit, als es der Stock je getan hat“, sagt Pogorzelsay, die ihren vierbeinigen Helfer um nichts in der Welt mehr missen möchte.

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