Neuwahl abgebrochen Outokumpu: Betriebsrats-Posse geht weiter

Die Betriebsrats-Posse bei Outokumpu Nirosta geht in die nächste Runde. Die vom Gericht erzwungene Neuwahl wurde abgebrochen, noch ehe sie richtig begonnen hatte. Schon der erste Versuch wurde vom Arbeitsgericht Krefeld gekippt.

 Das Outokumpu-Werk an der Oberschlesienstraße.

Das Outokumpu-Werk an der Oberschlesienstraße.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Professionell wirkt das Vorgehen nicht: Der Wahlvorstand der Outokumpu Nirosta GmbH leitete mehr oder weniger überraschend Neuwahlen ein, um sie fünf Tage später wieder zu stoppen und abzubrechen. Offenbar sind erneut formale Fehler unterlaufen. Das Besondere dabei, der Wahlvorstand setzt sich auf Initiative der IG Metall-Mitglieder im Betriebsrat auch aus Personen zusammen, die bereits bei der vom Arbeitsgericht Krefeld für ungültig erklärten ersten Wahl Verantwortung trugen. Aus der Belegschaft kam im Vorfeld schon deshalb die Forderung nach einem gerichtlich eingesetzten, neutralen und unabhängigen Wahlvorstand. Das kümmerte die IG Metall-Mitglieder nicht. Der Abbruch der Neuwahlen komme nach den Geschehnissen im Vorfeld einem Offenbarungseid gleich, heißt es bei einigen Mitarbeitern des finnischen Stahlkonzerns mit Werk in Krefeld. Der Gewerkschaft sei eine Auszeit zur Selbstfindung empfohlen.

Zum Hintergrund: Die Amtszeit des Betriebsrats schien im August 2018 vorzeitig nach nur gut vier Monaten zu enden. Die dritte Kammer des Arbeitsgerichts unter dem Vorsitz von Richter Jan-Philip Jansen erklärte die Wahl von Anfang des vergangenen Jahres für unwirksam. Vier knapp gescheiterte Kandidaten hatten die Rechtmäßigkeit der Wahl angefochten. Das Gericht war bereits frühzeitig zu der Auffassung gelangt, dass die vorgeschriebene Briefwahl für Mitarbeiter der Werksfeuerwehr, des Werkschutzes und des ärztlichen Dienstes gegen die Vorschriften verstoßen hat. Die Betriebsstätten der von der Briefwahlregelung Betroffenen lägen nicht so weit vom Wahllokal entfernt, dass eine solche Einschränkung gerechtfertigt gewesen wäre.

Das Gericht musste klären, ob das Ergebnis womöglich anders ausgefallen wäre, wenn die auf die Briefwahl beschränkten Arbeitnehmer ihre Stimme im Wahllokal hätten abgeben dürfen. Da der Gruppierung der Kläger (Liste) nur sechs Stimmen fehlten, um einen Sitz im Betriebsrat zu erhalten, versuchten Kläger und Beklagte ihre Auffassungen mit eigenen Rechenmodellen zu untermauern. Die Wahlanfechtung ist in Paragraf 19 Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Eine Betriebsratswahl ist bei einem Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift anfechtbar, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht beeinflusst werden konnte.

Eine Beeinflussung war aber nach Auffassung von Richter Jansen und der beiden Laienrichter gegeben. Die Zahlen, die das Gericht für seine Entscheidung zu Rate zog, lieferte der Betriebsrat. Demnach hatten 38 von 72 Beschäftigten per Briefwahl ihre Stimme abgegeben, was einen Anteil von 49 Prozent bedeutete. Insgesamt lag die Wahlbeteiligung jedoch bei 76 Prozent (954 von 1260 Mitarbeitern). Hochgerechnet wären 59 statt 38 der „Zwangs-Briefwähler“ zur Abstimmung gegangen, hätten sie — wie die anderen Outokumpu-Beschäftigten auch — ein Wahllokal aufsuchen dürfen. Das wären 21 Wähler mehr gewesen.

Weitere neun zusätzliche Wähler ergeben sich aus folgender Betrachtung: Bei Briefwählern ist der Anteil ungültiger Stimmen höher als bei der Abgabe des Stimmzettels im Wahllokal. Das hätte im konkreten Fall besagte neun zusätzliche Stimmen ergeben. Die zusätzlichen 30 Wähler seien hinreichend viele, um anzunehmen, dass sechs von ihnen den Klägern ihre Stimme hätten geben können, resümierte Richter Jansen.

Der Betriebsrat ging in die nächst höhere Instanz zum Landesarbeitsgericht nach Düsseldorf, um gegen das Krefelder Urteil anzugehen. Vor dem Termin in der Landeshauptstadt am 19. Februar trat der Outokumpu-Nirosta-Betriebsrat dann einstimmig und komplett zurück. Am 15. Februar leitete der neue fünfköpfige Wahlvorstand bereits Neuwahlen ein. Fünf Tage später dann der Rückzieher – ohne Begründung.

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