Städtebau in Krefeld Dezernent plädiert für Wohnbau-Offensive

Krefeld · Mit Blick auf frische Zahlen zur Sozialstruktur Krefeld plädiert Markus Schön eindringlich für Wohnungsbau im Zentrum und in den Außenbezirken. „Die Zahlen sprechen für mehr bauen“, sagt er.

 Sozialdezernent Markus Schön plädiert für mehr Wohnungsbau im Zentrum und in den Außenbezirken.

Sozialdezernent Markus Schön plädiert für mehr Wohnungsbau im Zentrum und in den Außenbezirken.

Foto: Thomas Lammertz

Sozialdezernent Markus Schön hat für eine Wohnbauoffensive in Krefeld plädiert, die auch sozialpolitische Entwicklungen in den Blick nimmt. „Wir brauchen eine Gesamtstrategie als Antwort auf die Frage: Wohin soll sich die Stadt entwickeln?“, sagte er auf Anfrage unserer Redaktion. Gefragt seien auf den Krefelder Bedarf abgestimmte Neubauten im Zentrum wie in den Stadtteilen, „Neubauten bringen auch unheimliche infrastrukturelle Chancen“, betonte er und appellierte an Politik wie an Bürger, nicht immer nur „Nein“ zu sagen. Ihm habe ein Satz von Sportmanager Michael Mronz (der die olympischen Spiele an Rhein und Ruhr holen will) gut gefallen: „Ich wünsche mir für Deutschland mehr Ja-Sager und weniger Nein-Sager.“

Debatten in Krefeld seien oft kleinteilig, erläuterte Schön, in den Diskussionen um Bebauungspläne würden oft nur ein Quartier ins Auge gefasst. Man müsse aber die Anforderungen ganz Krefelds berücksichtigen. „In Krefeld schaut jeder sehr stark auf seinen Bereich“, bedauerte Schön. Mit Blick auf frische Zahlen zur Sozialstruktur der Stadt, die in seinem Dezernat erarbeitet wurden, lassen sich die Herausforderungen in den Blick nehmen. „Von den knapp 120.000 Haushalten in Krefeld sind 47 Prozent Ein-Personen-Haushalte, 29 Prozent sind Ehepaare ohne Kinder, 14 Prozent Paare mit Kindern“, sagte Schön. Man brauche für diese Klientel bezahlbaren Wohnraum, mit einer reinen Debatte um Einfamilienhäuser komme man nicht weiter.

Es gibt zudem frappierende Zuwächse bei Kleinkindern, vor allem in den Stadtbezirken West (+26 Prozent), Nord (+33), Mitte (+31) und Ost (+24). Der Anteil Alleinerziehender ist in Mitte mit 1341 und West mit 907 Haushalten am höchsten. In Mitte und Süd ist der Anteil der Sozialhilfeempfänger am höchsten, ebenso wie der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (Mitte: 64 Prozent, Süd: 71). Ziel müsse es sein, solche Strukturen aufzubrechen, auch indem man gezielt Wohnraum schaffe, erläuterte Schön. „Die Zahlen sprechen für mehr bauen“, sagte der Dezernent, „wenn man nichts tut, dann entwickelt sich die Stadt nicht so positiv, wie wir es gerne hätten.“ Mit Skepsis sieht er die immer mal wieder ins Feld geführte Zahl von 7000 leerstehenden Wohnungen in der City. „7000 Wohnungen sind vielleicht vorhanden, aber sie sind nicht bezugsfertig.“

Auch integrationspolitisch ist es für Schön erstrebenswert, Viertel mit Ballungserscheinungen bestimmter sozialer Gruppen besser zu durchmischen. Wie groß die Herausforderung ist, zeigt ein Blick auf die Deutschkenntnisse von Krefelds Kindern. Demnach haben 36 Prozent der 1.962 einzuschulenden Kinder in den ersten drei Lebensjahren vorwiegend eine andere Sprache als Deutsch gesprochen (Stand 2016), also gut ein Drittel von Krefelds Kindern. Von diesen sprachen weniger als die Hälfte, nämlich 43 Prozent, fehlerfrei oder mit leichten Fehlern deutsch. 31 Prozent sprachen deutsch mit erheblichen Fehlern, 26 Prozent kein oder nur radebrechend deutsch

Viele Sozialhilfeempfänger sind zudem langjährige Transferempfänger. Eine Kennziffer dafür: Mehr als ein Drittel von Krefelds Kindern und Jugendlichen lebte im Dezember 2018 schon vier Jahre oder länger von Sozialhilfe.

Schön wünscht sich generell einen Mentalitätswandel im Umgang mit Neubauplänen. „Jeder sagt, der Güterverkehr auf der Schiene sei klima- und verkehrspolitisch wichtig, aber bauen Sie mal irgendwo eine Bahntrasse. Alle sagen Nein. Wir brauchen etwas mehr Gesamtblick und etwas mehr Mut.“

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