Kr Wie Krefeld Der Zorn über Zorns Rauswurf

Krefeld · Es ist eine vertrackte Geschichte um die Zwangspensionierung von Pfarrer Günter Zorn: Der Bischof ist offenbar getrieben von dem Ziel, die an der Basis vielfach ungeliebten Strukturreformen durchzusetzen und die Kirche zukunftsfest zu machen. Die St.-Thomas Morus-Gemeinde wiederum ist entsetzt über den rabiaten Stil. Nun steht das Bistum vor einem Scherbenhaufen: Es hat sich ein tiefer Riss zwischen Leitungsebene und Gemeinde aufgetan.

Zunächst: Die Beziehung zwischen Aachen und Zorn ist eine Geschichte fortschreitender Entfremdung. Zorn hat schon 2011 im Zusammenhang mit den Strukturreformen von einem "Unrecht" gesprochen. Unrecht - ein hartes Wort. Andererseits: Die schroffe Art, wie Zorn nun öffentlich gedemütigt wurde, ist beispiellos. Jedes Wirtschaftsunternehmen verpackt Trennungen von unliebsamen Mitarbeitern diplomatisch in Watte, so dass der Geschasste sein Gesicht wahren kann. Die Kirche aber war in diesem Fall brutal offen. Zorn ist sicher kein einfacher Mann für Aachen. Gerechterweise muss man dem Bischof zubilligen, dass es seine Pflicht ist, die Autorität seines Amtes in die Waagschale zu werfen, um das als richtig Erkannte durchzusetzen. Und nicht nur der Bischof hält diese Reformen für notwendig.

Im Falle Zorns zeigt sich allerdings, wie nötig Sensibilität, Stil, Augenmaß und Langmut bei solchen Veränderungsprozessen sind. Böse Ironie für Aachen: Zorn musste im Namen der Zukunft gehen, und nun ist es ausgerechnet diese Zukunft, die in Gestalt von 108 jungen Leuten gegen den Rauswurf Zorns protestiert. Die Messdiener sind enttäuscht über ihre Kirche. Sie stellen die Frage, was Zorn sich denn Schlimmes hat zuschulden kommen lassen, das diese scharfe Reaktion rechtfertigt. Die Jugendlichen stellen die Relation her zu Geistlichen wie Tebartz van Elst, der seiner Kirche nun wirklich schwer geschadet hat. Der "Protzbischof" ("Bild"-Jargon) wurde seines Amtes enthoben, richtig so - aber Zorn? Er hinterlässt ein gut bestelltes Gemeindehaus - nicht protzig gebaut auf Millionen Euro, sondern auf ein paar tausend Herzen, die an ihm hängen. Aachen hätte besser daran getan, den unbotmäßigen, womöglich auch starrsinnigen Mann noch ein paar Jahre zu ertragen. Jens Voss

(RP)
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