Werbegemeinschaft Borgmanns Frust

Krefeld · Der Vorsitzende der Krefelder Werbegemeinschaft verschärft den Ton: Er ist tief enttäuscht, dass in Krefeld zu wenig vorankommt, und ruft Politik und Verwaltung dazu auf, schneller zu entscheiden.

 „Wenn Sie nach Osnabrück ’reinfahren, ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht“: Christoph Borgmann.

„Wenn Sie nach Osnabrück ’reinfahren, ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht“: Christoph Borgmann.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Christoph Borgmann ist frustriert. Er hat seinem Unmut über Stillstand in Krefeld in einer Wutrede in der Bezirksvertretung Mitte und gestern bei einer Vorstandssitzung der Werbegemeinschaft Luft gemacht. Eigentlich ging es bei seinem Besuch in der Bezirksvertretung um den Zehn-Punkte-Plan für Krefeld, den er dort vorstellen sollte, dann aber bekam er wohl in der Sitzung in der halben Stunde, in der er warten musste, Anschauungsunterricht, wie zäh und kleinteilig kommunalpolitische Debatten zuweilen verlaufen. Darin sieht er mehr und mehr ein grundsätzliches Problem: „Sie reden mit Planungsdezernent Linne, und er sagt, wir könnten schneller sein, wenn die Politik entscheidet. Dann reden Sie mit Politikern, und sie sagen: Wir könnten viel weiter sein, aber die Verwaltung blockiert. Was stimmt denn nun? Ich kann das nicht mehr hören“, sagte er gestern im RP-Gespräch.

Beim Seidenweberhaus komme ja nun Bewegung in die Sache, sagte Borgmann, „doch das hätte man auch schon vor fünf Jahren haben können. Wir brauchen in Politik und Verwaltung mutige Entscheidungen, auch wenn man es nicht jedem recht machen kann.“

Wie sehr in Krefeld die Nerven blankliegen, zeigt für Borgmann auch das Video des Comedian Felix Lobrecht, der nach einem Krefeld-Auftritt das Seidenweberhaus in Heroinweberhaus umbenannt hatte (das Video ist ein Internet-Hit; wir berichteten): „Dieses Video ist mir zigmal von den unterschiedlichsten Leuten zugeschickt worden. Der Tenor war immer der gleiche: Das ist peinlich, wir müssen etwas tun.“ Er müsse auch mit Kunden in seinem Geschäft ständig Gespräche über die Lage in der Innenstadt führen. Thema und Tenor auch dort: „Es ist schlimm, es wird immer schlimmer.“ Unterm Strich beklagt Borgmann: „Es dauert einfach alles zu lange.“

Er befürchtet auch, dass das Konzept „Handeln und Helfen“, das Oberbürgermeister Meyer zum Thema Sicherheit und Ordnung vorgelegt hat, versandet. „Wenn man das Papier liest, dann rieche ich förmlich, dass da nix bei rumkommt.“ Tatsache sei, dass „wir im Moment so viele Junkies auf dem Theaterplatz haben wie noch nie. Gehen Sie doch da mal lang. Es ist ein Unding, dass dort Straftaten im Minutentakt passieren, und keinen interessiert’s. Aber wehe, Sie parken mal drei Minuten falsch, dann bekommen Sie sofort ein Knöllchen. Das funktioniert.“ Unverständnis zeigte er darüber, dass bei Überlegungen zur Drogenszene mehr über Hilfsangebote für Junkies gesprochen werde als über die Vernichtung von Einzelhändler-Unternehmen. „Das sind Existenzen, an denen Lebensunterhalt, Arbeitsplätze und Steuergeld hängen. Darüber wird viel zu wenig geredet.“

Dass eine Stadt sich anders aufstellen kann, hat sich für Borgmann beim jüngsten Besuch in Osnabrück gezeigt, wo er das Fußballspiel des KFC Uerdingen verfolgt hat. „Das ist nun wirklich keine Weltstadt“, resümiert Borgmann, „aber fahren Sie da mal in die Innenstadt. Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Sie sehen, diese Stadt lebt, atmet, ist sauber, man kann sie sehr gut mit dem Auto erreichen, sie ist gut ausgeschildert, der Straßenbelag ist ordentlich. Auch da gibt es Baustellen, aber sie sind vernünftig beschildert, und man hat nicht das Gefühl, dass an 1000 Ecken alles aufgerissen wird. Das hat alles Hand und Fuß, das merken Sie einfach, wenn Sie in eine solche Stadt reinkommen.“ Die Parkhäuser seien „picobello sauber“. „Das alles ist ja möglich“, sagt Borgmann, „ich frage mich, wenn das in anderen Städten möglich ist, warum nicht auch in Krefeld?“

Borgmann zeigte sich fassungslos über die Zustände in der Rathaus-Tiefgarage, über die zuletzt der WDR berichtet hat, weil dort Blut, Urin, Kot und Erbrochenes an den Wänden der Zugänge kleben. „Wie kann ich akzeptieren, dass die Tiefgarage zum Rathaus so herunterkommt?“, fragt er.

Die seit Jahren schwelende Debatte über neue Konzepte für den Westwallmarkt nannte er als Beispiel für mangelnden Willen zur Entscheidung. „Es läuft doch offensichtlich nicht. Dann lass uns doch etwas Anderes ausprobieren, und sei es für zwei Jahre; man könnte danach ja wieder zum alten Zustand zurückkehren, aber nein, es wird jahrelang geredet und nichts entschieden.“

Borgmann verwahrt sich gegen den Vorwurf, ein „Nestbeschmutzer“ zu sein. „Das bin ich gewiss nicht, aber man muss auch mal Dinge artikulieren, von denen ich glaube, dass sie den Leuten wirklich auf den Nägeln brennen. Wir haben einen dramatischen Verfall beim Image, und da muss schleunigst gegengesteuert werden.“

Er wünsche sich, dass die Politik erkenne, dass die Innenstadt die wichtigste Visitenkarte für eine Stadt ist, „und die muss ich tipptopp in Ordnung bringen“. In Krefeld sei in den Ortsteilen die Welt in Ordnung, „aber in der Innenstadt ist es nicht in Ordnung, und das höre ich von meinen Kunden tagtäglich nicht einmal, sondern 50mal. Das muss man angehen, und zwar schnell.“

Das Krefelder Forum an der St.-Anton-Straße sei ein Hoffnungsschimmer, „ich hoffe, dass dem noch viele positive Nachrichten folgen“, sagt er. Die Werbegemeinschaft bereite ein gutes Programm für das kommende Jahr vor und nehmen dazu auch mehr Geld in die Hand, kündigte er an, „wir brauchen jetzt endlich positiven Schwung. Danach lechze ich.“

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