Krefeld Der Brand am 30. Mai
Krefeld · Experten der Firma Siempelkamp erläuterten Anwohnern am Inrath, wie es zu dem Brand am 30. Mai in einer der Ofenanlagen gekommen ist. Der Großeinsatz der Feuerwehr damals hatte bei Anwohnern Sorge und Angst ausgelöst.

Experten und Anwohner im Raphaelsheim an der Hülser Straße: Stehend Ulrich Quade (Leiter Recycling bei Siempelkamp); am Tisch von links Rainer Kreh (Leiter Strahlenschutz bei Siempelkamp), Michael Szukala (Siempelkamp-Geschäftsführer) und Rolf Hirschegger (Vorsitzender des Bürgervereins Inrath).
Foto: Thomas lammertzEs war ein Schock für die Anwohner am Inrath, als am 30. Mai bei einem Brand in der Firma Siempelkamp ein Großaufgebot von Polizei und Feuerwehr anrückte. Jetzt haben Siempelkamp-Experten auf Einladung des Bürgervereins im Raphaelsheim den Unfallhergang geschildert und erläutert, was in den Anlagen passiert. Am Ende der Veranstaltung würdigte Rolf Hirschegger als Vorsitzender des Bürgervereins den gut zweieinhalbstündigen Abend als ebenso reich an Information wie wichtig für das Verhältnis von Unternehmen und Anwohnern: "Es kommt darauf an, dass man miteinander redet; wir sind auf einem guten Weg." Hier die wichtigsten Ergebnisse.
Wo war die Betriebsstörung? In einem der beiden Schmelzöfen auf dem Gelände der Siempelkamp-Gießerei.
Was passiert im Normalbetrieb in den Öfen? Es gibt zwei Schmelzanlagen, die "Carla" und "Gerta" genannt werden — nach Mitgliedern der Familie Siempelkamp. Im Ofen "Carla" wird schwach radioaktives Material zum Beispiel aus Kraftwerken oder aus dem Bereich der Medizintechnik eingeschmolzen und so aufbereitet, dass am Ende das radioaktive Material herausgefiltert werden kann. Es macht etwa fünf Prozent der Gesamtmasse aus und wird vom Kunden abgeholt und endgelagert; übrigbleiben 95 Prozent "sauberes" Metall. In "Gerta" werden Metalle eingeschmolzen, die chemisch oder durch natürliche Radioaktivität belastet sind. Auch hier gilt: Im Schmelzprozess werden chemische oder radioaktive Stoffe herausgefiltert; übrigbleibt "sauberes" Metall. Bislang arbeiten beide Öfen reibungslos; Gerta ist seit 1997 in Betrieb und Carla seit 1989.
Wie kam es zum Brand? Der Brand ist im Bereich des Gerta-Ofens ausgebrochen, und zwar im Zuge einer Reparatur. Der Ofen hat neue Heizspulen bekommen. Diese mit Wasser durchströmten Spulen sind durch eine Schicht aus Keramik zum Inneren des Ofens hin geschützt. Auch diese Keramikschicht ist erneuert worden. Um sie auszuhärten, ist "sauberes", also unbelastetes Metall in dem Ofen geschmolzen worden. Eine der Spulen war leck; dadurch gelangte Wasser in das Ofeninnere; das flüssige Metall kochte über oder spritzte heraus. Das flüssige Metall setzte Hydraulik-Schläuche in Brand. Dadurch war die Halle abgedunkelt.
Bestand die Gefahr radioaktiver oder sonstiger Verseuchung? Nein, denn es war sauberes Metall. Die Feuerwehr hat rein vorsorglich die Bevölkerung warnen und naheliegende Häuser evakuieren lassen. Hier diagnostizieren die Siempelkamp-Leute eine "Kommunikationsschwäche" zwischen Siempelkamp und der Feuerwehr: Offensichtlich wusste die Feuerwehr nicht schnell genug, dass es sich um nicht-kontaminiertes Material handelt. Niemand machte der Feuerwehr an diesem Abend einen Vorwurf, der Tenor war: Besser einmal zu viel Alarm schlagen als einmal zu wenig. Alle hatten Verständnis, dass der Einsatzleiter in unübersichtlicher Lage rasch eine Entscheidung treffen musste. Welche Konsequenzen zieht Siempelkamp aus der Betriebsstörung? Die Ingenieure verstehen noch nicht, warum eine der Heizspulen leck war — das soll untersucht und künftig verhindert werden. Die Techniker planen, die Hydraulikschläuche besser gegen austretendes Metall zu sichern. Es gibt Gespräche mit der Feuerwehr, um die Kommunikation zu optimieren.
Was bewegte die Anwohner? Die Fragen kreisten vor allem um zwei Komplexe: Wie wird der Betrieb bei Siempelkamp überwacht, so dass sichergestellt ist, dass die Umgebung nicht radioaktiv belastet wird? Wie können die Anwohner besser informiert werden, wenn etwas passiert? Viele hatten es offensichtlich mit der Angst zu tun bekommen, weil sie nur gehört hatten, Fenster und Türen zu schließen, aber nichts sonst hörten.
Wie wird Siempelkamp überwacht? Der Betrieb wird durch eine Fülle von regelmäßigen Messungen in den unterschiedlichsten Intervallen überwacht — von der täglichen Messung während des Produktionsprozesses bis zu Langzeitmessungen. Die Messwerte werden ständig von der Bezirksregierung überwacht; Experten der Bezirksregierung messen auch selbst bei unangemeldeten Besuchen, etwa fünf- bis zehnmal im Jahr. Beanstandungen gab es nie. Die Jahres-Belastung der Mitarbeiter ist kaum messbar und liegt deutlich unter der Strahlenbelastung, der man etwa bei einer einzigen Computertomographie ausgesetzt ist.
Wie sollen die Anwohner im Unglücksfall besser informiert werden? Hier wird noch überlegt; bei Gesprächen mit der Feuerwehr soll eine Strategie entwickelt werden. Eine Anwohnerin regte an, die Sirenen einzusetzen; viele setzten auf das Radio.
Zufrieden mit dem Verlauf des Abends äußerten sich neben dem Bürgerverein-Vorsitzenden Hirschegger auch Siempelkamp-Geschäftsführer Michael Szukala: "Wir können Ihre Betroffenheit sehr, sehr gut verstehen, weil auch wir selbst betroffen sind." Er kündigte an, die Anwohner über das weitere Vorgehen, die technischen Neuerungen und die Gespräche mit der Feuerwehr zu informieren.