Krefeld Der Badezentrum-Blues

Krefeld · Die Stadt hat ein Gutachten zum Zustand des Bockumer Badezentrums in Auftrag gegeben. Schon bekommt die Politik den Blues und befürchtet, dass eines der schönsten öffentlichen Gebäude Krefelds ein Risiko für den Haushalt ist. Ein Abriss steht nicht zur Debatte: Das Bade- zentrum ist denkmal-geschützt. Zu Recht.

Man darf es so sagen: Das Bockumer Badezentrum ist noch vor der Mediothek der schönste Bau, den die öffentliche Hand in der Nachkriegszeit in Krefeld realisiert hat. Der Bau ist ein Produkt der 60er Jahre - doch die Mischung aus Funktionalität und Modernität hat nichts an Frische verloren, anders als das Seidenweberhaus, das heute wie ein Klotz aus vergangenen Zeiten wirkt. Die Stadt hat jetzt ein Gutachten in Auftrag gegeben, um die Technik in dem Komplex auf Herz und Nieren prüfen zu lassen. "Wir erwarten durch das Gutachten detaillierte Aussagen über den Zustand der technischen Anlagen inklusive der Versorgungsleitungen", erklärte dazu eine Sprecherin der Stadt.

Allein der Auftrag ruft die Politik auf den Plan. Die FDP-Fraktion hat das Bad gestern als "tickende Zeitbombe für die Haushaltssanierung" bezeichnet und spricht schon von Alternativen zu einer Sanierung, sprich von Abriss und Neubau.

Das ist, gelinde gesagt, verfrüht: Zum einen sind in den vergangenen Jahren immer wieder erhebliche Beträge in die Technik des Bades geflossen - der oft zu hörende Vorwurf, die Stadt lasse ihren Immobilienbesitz verkommen, stimmt für das Badezentrum eben nicht. Eine Nachfrage bei der Stadt nach den letzten größeren Investitionen ergab: 2007 wurde die Dachhaut erneuert (Kostenpunkt 260.000 Euro), 2011 wurde von den Stadtwerken eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach installiert, und 2015 wurde eine Optimierung der Lüftungssteuerung durchgeführt. Die Kosten im Rahmen der Instandhaltung lagen bei rund 220.000 Euro. Zudem steht vor einem Abriss der Denkmalschutz. Der ganze Komplex steht seit 1997 unter Denkmalschutz. Folgt man dem Gutachten, geht es bei dem Bad um ein Prachtstück neuerer Architektur. Die Kernsätze in dem dreiseitigen Gutachten des Landschaftsverbandes Rheinland von 1997 lauten: "Mit dem Badezentrum ist dem Architekten P.F. Schneider eine Verbindung zwischen funktionalem Nutzbau und architektonischem Anspruch gelungen. Die Gliederung der Baukörper trägt der Verbindung zwischen Hallen- und Freibad Rechnung. Der großflächigen Südfassade wird durch die verglaste Rasterung Transparenz und Leichtigkeit verliehen, unterstützt durch die dynamische Gestaltung in Form der geschwungenen Fassade und des ansteigenden Daches." Die Südfassade - das ist's. Die ästhetische Einschätzung ist es, die bis heute überzeugt. Bei aller Funktionalität scheint die innere Struktur des Gebäudes doch auf die Glasfront hin angeordnet zu sein: Betritt man den Badebereich, öffnet sich der Raum mehrfach gestaffelt, bis die Fassade den Blick nach außen lenkt. Das ist so leicht inszeniert, dass einem die Raffinesse der Konstruktion kaum auffällt. Man fühlt nur Weite, wenn man im Bad seine Runden dreht und über einem Helligkeit aufsteigt. So funktioniert qualitätvolle Artchitektur.

(RP)
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