Theater Krefeld Wie das Theater durch die Krise geht

Krefeld · Das Theater ist geschlossen, aber die Arbeit geht weiter – allerdings unter besonderen Umständen. Denn Planungssicherheit, wann wieder gespielt wird, gibt es nicht. Finanziell wird es das Geschäftsjahr überstehen.

 Das Theater ist wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Auch in den nächsten Wochen wird dieses Schild vor dem Eingang stehen. Vor der Sommerpause rechnet Intendant Michael Grosse nicht mit normalem Spielbetrieb.

Das Theater ist wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Auch in den nächsten Wochen wird dieses Schild vor dem Eingang stehen. Vor der Sommerpause rechnet Intendant Michael Grosse nicht mit normalem Spielbetrieb.

Foto: Petra Diederichs

Noch mindestens bis zum 4. Mai wird auf dem Ankündigungsschild vor dem Theater stehen: „Heute keine Vorstellung“. Was dann passiert ist nicht sicher. „Wir können innerhalb von 48 Stunden die Produktion wieder aufnehmen“, hat Intendant Michael Grosse gesagt, als die Theater schließen mussten. Deshalb geht die Arbeit für die rund 530 Beschäftigten weiter – allerdings unter ungewohnten Bedingungen. Kurzarbeit gibt es nicht, zum Glück auch keine Krankheitsfälle. Die Künstler arbeiten derzeit viel zu Hause, lernen Texte, Partituren. Für die Tänzer gab es extra ein Stück Tanzboden fürs eigene Heim, damit sie gelenkschonend trainieren können.

 „Wir hangeln uns von Zeitfenster zu Zeitfenster“, sagt  Grosse. „Wir bereiten ständig neue Varianten vor und müssen die Folgen beleuchten, die sich auch auf die nächste, unter Umständen sogar auf die übernächste Spielzeit auswirken können.“ Zum Beispiel „Leonce und Lena“: Die Premiere war für den 18. April in Krefeld geplant – fällt aus. Oder „Sunset Boulevard“: Das Musical sollte Anfang Mai in Mönchengladbach herauskommen ­– geht nicht. „Wenn wir die Stücke jetzt nicht bringen, müssen wir Alternativen suchen für den nächstmöglichen Termin. Wenn der wieder verschoben werden muss, müssen wir neu überlegen.“ Und die Disponenten müssen berücksichtigen, dass die Produktionen auch ins andere Haus übertragen werden und dafür Zeitpuffer einkalkulieren. „Das ist ein unglaublicher Logistik- und Kommunikationsaufwand, vor allem, wenn Menschen betroffen sind, die nicht fest am Haus sind, wie Gastsolisten, Regisseure“, sagt Grosse. Das betrifft alle Sparten, Ballett, Musiktheater, Schauspiel und auch Sinfoniekonzerte.

Der Theaterchef geht davon aus, dass vor den Sommerferien „aller Voraussicht nach Theater wie die Besucher es traditionell gewohnt sind“ nicht stattfinden wird. Dabei geht es nicht nur um die Frage, wie das Theater die Gesundheit des Publikums schützen kann, sondern auch um den Schutz der eigenen Leute. Desinfektionsspray für Zuschauer, Einlassregelungen, damit sich keine  Schlangen bilden, Sicherheitsabstände bei den gebuchten Plätzen, Catering, Verzicht auf Pausen und ähnliches sei machbar. „Auch ein Gazevorhang zwischen Bühne und Zuschauerraum, der als Spuckschutz dient, aber die Sicht nicht verhindert, ist möglich“, meint Grosse. Mundschutz fürs Publikum ist eine Sache, aber Sänger und Schauspieler mit Gesichtsmasken möchte sich wohl niemand vorstellen. Und wie sehen die Sicherheitsabstände auf der Bühne aus? Wo soll das Orchester sitzen? „Im Orchestergraben wäre es zu dicht. Und dürfen Bläser noch mitwirken oder müssen wir uns auf Streicher beschränken?“  Derzeit laufen viele Überlegungen. Die alternativen kleinen Videoformate werden gut angenommen. „Aber alle haben den Drang nach dem nicht-digitalen Auftritt“, sagt der Intendant.

 Kennenlernen mit Theaterleuten - Serie Kulturmacher

Michael Grosse Theater

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Foto: Bauch, Jana (jaba)

Eine Begrenzung der Zuschauer-
zahl bedeutet auch weniger Einnahmen. Als Theatergeschäftsführer muss Grosse rechnen, ob sich der Betrieb bei einer stark reduzierten Auslastung lohnt. „Jede Einnahme ist besser als keine. Aber für mich stellt sich vor allem die Frage der Relevanz von Kunst und Kultur. Und die ist nach wie vor groß. Kultur ist ein Lebensmittel. Wir stehen für die kollektive Kunst, sowohl in der Ausführung wie in der Rezeption: Alle erleben zur selben Zeit das Gleiche, aber nehmen es anders wahr. Da sind wir natürlich sehr beschnitten.“ Finanziell steht es zum Ende des Konzepts Theater mit Zukunft II nicht rosig, weil seit Wochen die Einnahmen fehlen: „Aber wir werden dieses Geschäftsjahr überstehen können. Und dann müssen wir uns um die Rettungsschirme kümmern.“ Corona-bedingte Verluste und Zusatzkosten habe jedes Theater. Ein Trostpflaste hat Grosse:. „Es wird keine Produktion weggeworfen“. Leonce und Lena, Wilhelm Tell, Rusalka, Tschick und Sunset Boulevard wird es geben – irgendwann. Auch die Sinfoniekonzertprogramme werden zu späteren Zeitpunkt gespielt.

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