Krefeld Das Sperrmüll-Projekt

Krefeld · Eine famose Idee: Drei junge Studentinnen wollen Krefelder beschenken, indem sie ihnen aus altem Sperrmüll kostenlos neue Möbel erfinden. Hunderte Briefe haben sie für ihr Projekt "Ausmöbeln" an die Krefelder verschickt.

Sie wollen Sachen, die eigentlich keiner mehr will; verstaubte Kellergeister, die von ihren Besitzern keines Blickes mehr gewürdigt werden. Die drei Krefelder Studentinnen Alicia (22), Sarah (25) und Benita (22) haben einen kühnen Plan: Sie wollen Möbeln neues Leben einhauchen, indem sie aus vielen alten Teilen ein neues, möglichst verrücktes Möbel machen. "Ein Stuhl und ein Schrank können ein Nachtschränkchen werden", erklärt Alicia Sobtzick, die hofft, dass sich viele Krefelder für die Idee begeistern. Dazu besteht auch Anlass, denn die Studentinnen wollen für ihre Arbeit kein Geld, nur Applaus.

Aus eins und eins mach eins

Das Prinzip ist einfach: Krefelder mit Sperrmüll können sich per Mail melden, die drei Studentinnen besuchen den Haushalt und überlegen zusammen mit dem Sperrmüll-Besitzer, was aus den alten Teilen werden könnte. Den Dreien geht es weniger um "Restauration", die originalgetreue Herrichtung von alten Gegenständen, sondern um das Erfinden von etwas Neuem. Aus eins und eins mach eins. "Wir wollen dem Besitzer aber nicht diktieren, was aus dem Möbelstück werden soll", sagt Benita Ewig. "Wir wollen im Gespräch mit dem Besitzer des Möbels herausfinden, was ihm gefallen könnte, wo er das Stück platzieren will, wie er es sich optisch vorstellt." Ausmöbeln nennen sie ihr Projekt; eine charmante Wortkonstruktion, die natürlich auch an das Wort "Ausmisten" erinnert.

Schon in den vergangenen Semestern haben die drei Studentinnen des Fachbereichs Design der Hochschule Niederrhein sich an Möbeln versucht. Sie sind also nicht gänzlich ungeübt im Bearbeiten von Holz. Ihre neue Arbeit ist Teil eines größeren Gedankens. Der Hochschulprofessor Eric Schmid hat sich mit seinen Krefelder Studenten das große "Krefeld-Projekt" ausgedacht. Die Studenten sollen darüber nachdenken, wie sie in der Stadt wirken könnten. Ein Semester lang dachten Alicia, Sarah und Benita nur theoretisch über das Projekt nach, schwelgten in Phantasien über tausende Kilogramm Sperrmüll, der in den Kellern der Krefelder Bürger vor sich hin staubt. Jetzt schreiten sie zur Tat.

500 Flyer in der Stadt verteilt

500 Flyer haben sie in den vergangenen Tagen in Haushalten verteilt; in soziologisch völlig unterschiedlich geprägten Gegenden. "Wir wollen unterschiedliche Zielgruppen ansprechen", erklärt Sarah von Danwitz. Einen dicken Stapel verteilte sie in der Innenstadt, in sozial schwächeren Wohngegenden. Einen anderen Stapel verteilte Alicia Sobtzick an der Wilhelmshofallee in Krefeld, einer der reichsten Straßen, wo wahrscheinlich wahre Sperrmüllschätze im Keller vor sich hinstauben.

Natürlich ist für die drei Studentinnen Sperrmüll nicht gleich Sperrmüll. "Wir brauchen gescheite Möbel mit Massivholz, kein Pressholz", sagt Sarah von Danwitz. Gestaltet werden könnten die Möbel aber auch mit anderen Beigaben, Fahrradschläuchen, alten Skiern. Fest stehe aber, dass daraus wieder Möbel werden sollen, keine unfunktionalen Design-Objekte, die "nur rumstehen". Am Ende sollen die alten und neuen Möbel Teil einer Ausstellung werden. Die Studentinnen wollen dafür auch das Wohnumfeld der Familien fotografieren, um zu dokumentieren, wie das Design das Wohnumfeld positiv verändern kann.

Und im absoluten Idealfall steht das neue Kleinmöbel, das Handwerksstück der drei jungen Frauen, dann nicht mehr im Krefelder Keller, sondern an einem stolzen Platz in der Wohnung.

(RP)
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