Krefeld Das Bandoneon kehrt zurück

Krefeld · Seit gestern ist Krefeld im Besitz eines historischen Bandoneons – eben jenes Instrument, das der Krefelder Heinrich Band erfand und von Krefeld aus Musik- und Kulturgeschichte schrieb.

 Leidenschaft für das Bandoneon: Der Niederländer Harry Geuns (50) überließ Krefeld ein prachtvolles, funktionsfähiges Bandoneon, das er restauriert hat. Geuns betreibt in Belgien eine Bandoneon-Manufaktur, restauriert alte und baut neue Bandoneons. Mehr Informationen unter www.bandoneon.com.

Leidenschaft für das Bandoneon: Der Niederländer Harry Geuns (50) überließ Krefeld ein prachtvolles, funktionsfähiges Bandoneon, das er restauriert hat. Geuns betreibt in Belgien eine Bandoneon-Manufaktur, restauriert alte und baut neue Bandoneons. Mehr Informationen unter www.bandoneon.com.

Foto: Lammertz

Wenn Harry Geuns zu erzählen beginnt, hört man sofort gebannt zu: Wie er, der niederländische Junge, in seinem Heimatdorf Akkordeon lernte, mit 19 Jahren im Nachbarort auf dem Trödelmarkt das erste, reichlich marode Bandoneon ergatterte, mehr und mehr von diesem Instrument fasziniert war, das der Krefelder Heinrich Band erfunden hat. Gestern nun übergab Geuns ein prachtvoll restauriertes Bandoneon dem Krefelder Kulturbüro – die Stadt ist damit endlich im Besitz eines der Instrumente, die von Krefeld aus weltweit Musik- und Kulturgeschichte geschrieben haben.

"Wir sind glücklich" sagte Inge Brand, Vorsitzende des Fördervereins für das Kulturbüro, gestern bei der Übergabe des kostbaren Instrumentes im Kreise der Sponsoren, die den Ankauf ermöglicht haben. Das Instrument stamme etwa aus dem Jahr 1860, dem Todesjahr von Heinrich Band, berichtete Geuns. Er hat es vor 25 Jahren erworben, liebevoll restauriert und spielbar gemacht. Wie spielbar, führte Geuns gleich selbst vor – "ich mach dann mal ein bisschen Tamtam, mit einem Marsch für leichte Füße". Sprach's und spielte zum Entzücken der Kulturbüro-Leute, Sponsoren und Journalisten.

Das Bandoneon, das Heinrich Band (geboren 1821 in Krefeld; dort gestorben 1860) entwarf, entwickelte sich rasch zum Volksinstrument. Es gab eine eigene Notenschrift für die bis zu 100 Töne des Bandoneons: Mit einer Zahlentabelle wurden die zu spielenden Knöpfe am Instrument bezeichnet. Der Spieler musste also keine Noten lesen können – "so konnte jeder, auch wenn er nicht musikalisch begabt war, sehr schnell mitmachen". 1939 gab es in Deutschland fast 700 Bandoneon-Vereine. Deutsche Auswanderer brachten das Instrument nach Südamerika, vor allem Argentinien, wo der Bandoneon-Klang zum Inbegriff des Tangos wurde. Noch heute, so sagt es Inge Brand, könne man von Argentiniern hören: "Das Bandoneon ist das Beste, was die Deutschen uns gebracht haben." Der Zweite Weltkrieg zerstörte auch die deutsche Bandoneon-Kultur, berichtete Geuns. Viele Spieler kamen um, viele Instrumente und die Fabriken, wo sie gebaut wurden, wurden zerstört – nach dem Krieg war die Tradition wie abgeschnitten, und das Bandoneon wurde zum Fall für Sammler wie Geuns. Der gelernte Landschaftsarchitekt hat seine Leidenschaft vor ein paar Jahren zum Beruf gemacht; heute restauriert und baut er Bandoneons. Für ihn sei klar gewesen, dass er das Bandoneon von 1860 nur nach Krefeld gibt, sollte er sich je davon trennen. Den Preis von 5000 Euro bezeichnete Kulturbüro-Leiter Jürgen Sauerland-Freer beglückt als "Vorzugspreis, ein Schnäppchen". Das Geld kam durch Spenden von Firmen und Bürgern zusammen – sogar die Anwohner des Heinrich-Band-Weges hatten eine Sammlung gestartet. Das Kulturbüro plant für 2012 eine große Ausstellung im Museum Burg Linn über die musikalische und kulturhistorische Bedeutung des Instruments sowie eine Publikation, eine Geschichte des Bandoneons. Fortgeführt werden soll auch die Tradition, regelmäßig Bandoneon-Festivals in Krefeld zu veranstalten.

Die Spender Schinke Unique Fashion, Sparkasse, die Bürger Kappes, Gruyters, Hanrath, Esch, Brocker, Paikert, Behr-Negendanck, Weng und Boscher (für die Anwohner des Heinrich-Band-Weges)

(RP)
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