Einbahnstraßen und Desinfektion So läuft die Wiedereröffnung von Krefelds Schulen

Krefeld · Wie die Schulen sich vorbereiten: Es gibt Unklarheiten über die Rolle von brandgefährlichen Desinfektionsmitteln und viele Ideen zur Einhaltung von Abständen: „Einbahnstraßen“ etwa und die Vergrößerung enger Lehrerzimmer.

 Solche Spender für Desinfektionsmittel soll es laut Stadtverwaltung auf Fluren und an Eingängen von Schulen wegen der Brandgefährlichkeit der Flüssigkeit nicht geben.

Solche Spender für Desinfektionsmittel soll es laut Stadtverwaltung auf Fluren und an Eingängen von Schulen wegen der Brandgefährlichkeit der Flüssigkeit nicht geben.

Foto: dpa

Die Krefelder Schulen bereiten sich auf die schrittweise Öffnung des Schulbetriebs vor.  Es gibt eine gravierende Unklarheit: Die Stadt hat am Freitag klargestellt, dass es keine Desinfektionsmittel-Ständer am Eingang von Schulen geben wird; die Brandgefahr sei zu groß. Die Schulen scheinen aber davon auszugehen, dass solche quasi öffentlich zugänglichen Desinfektionsständer zur Ausrüstung gehören. Dabei sagen die Fachleute: Seife reicht aus. Die Detailregelungen auf anderen Bereichen sind vielfältig: Treppenhäuser werden in Einbahnstraßen verwandelt, enge Lehrerzimmer werden durch Klassenzimmer vergrößert, Kurse werden drastisch verkleinert.

Stefan Bur  hat Schulleiter des Vera Beckers Berufskolleg eine besonders schwierige Aufgabe zu bewältigen: Seine Schule soll in diesem Jahr gut 900 Schüler zu einem Abschluss bringen. Einige machen Abitur oder Fachabitur, andere Berufsabschlussprüfungen. Da alle Abschlussklassen ab Donnerstag zurück in den Unterricht sollen, wird dies eine Herausforderung. „Von unseren 200 Lehrern könnten bis zu fünfzig unter die Risikogruppe fallen“, berichtet er. Sein Tag ist von Telefonkonferenzen mit der erweiterten Schulleitung geprägt.  Zum Thema Desinfektion sagt er: „Wir haben schon versucht, unseren eigenen Bestand an Desinfektionsmittel zu ordnen, aber das ist leider nicht viel“, sagt Bur. „Womöglich werden wir den Eingangsbereich unserer Schule mit selbstgebauten Desinfektionsmittelspendern versehen müssen.“ Genug Papiertücher und Seife sei zum Glück da. Desweiteren habe die Schulleitung bereits über ein internes Maskengebot am Vera Beckers nachgedacht.

Kathrin Rengers, Schulleiterin der Gesamtschule Kaiserplatz, sieht vor allem Probleme mit der Stärke des Kollegiums: Lehrer, die  älter als 60 sind, Vorerkrankungen haben, oder Schwangere würden als Risikogruppe eingestuft. „Wenn diese Definition so bleibt, werden uns die Hälfte der Lehrer wegbrechen“, vermutet sie. Um räumlicher Enge auszuweichen, sei es es gut möglich, dass das Lehrerzimmer auf freie Klassenzimmer ausgeweitet werde, um eine Ansteckungsgefahr zu minimieren.

Anja Rinnen, Schulleiterin des Gymnasiums am Stadtpark, ist sich sicher, dass die Wiedereröffnung problemlos verlaufen kann. Die Schulleitung habe einen Plan erstellt, wie man die Rückkehr der Schüler in die Schulen gestalten kann. Nur die Q2, die in diesem Jahr Abitur macht, soll vorerst unterrichtet werden. Die EF für den Realschulabschluss fällt raus, da der Abschluss an Gymnasien automatisch mit der Versetzung erlangt wird. Unterrichtet werden nur die Abiturfächer der rund 80 Abiturienten. „Es geht nicht um Unterricht“, erläutert die Schulleiterin. „Es geht darum, Fragen zu stellen und zu wiederholen.“ Ziel der Schule ist es, dass jeder Schüler an bis zu vier Tagen in der Woche jeweils rund drei Zeitstunden Unterricht hat. Nach jedem Unterricht wird jeder Raum vollständig gereinigt, pro Klasse können sich je nach Raumgröße acht bis zwölf Schüler gleichzeitig darin aufhalten. Die Kurse werden mindestens geteilt, die Tische auseinandergerückt. Masken sind freiwillig.

Das Lehrerzimmer wird gar nicht erst geöffnet, da die Lehrer nur für die Stunden kommen und sich gar nicht erst in der Schule aufhalten sollen. „Die größte Schwierigkeit wird es, die Schüler jetzt noch zu motivieren“, vermutet die Schulleitung. Rinnen ist sich sicher, dass die Abiturienten in diesem Jahr einen Nachteil haben. „Die ganze Situation ist künstlich, und das fühlen die Schüler. Sie sind nervös und angespannt.“

Eric Mühle des Gymnasium Fabritianum wird mit seiner Schule in diesem Jahr 101 Schüler zum Abitur führen, die unter diesen außergewöhnlichen Bedingungen ihre Prüfungen ablegen werden. In der letzten Woche wurde die Schule bereits grundgereinigt. Wenn die Schüler am Donnerstag wieder in den Schulbetrieb zurückkehren, sollen sie sich auch auf dem Gang möglichst nicht zu nahekommen. Dafür werden die Treppenhäuser in „Einbahnstraßen“ verwandelt. Jedes Gebäude hat zwei Treppenhäuser – eines für den Aufgang und eines für den Abgang. Der Unterricht wird für die Abiturienten in Kleingruppen stattfinden. „Die verpassten Leistungskurs-Stunden werden in zehn bis zwölf Stunden pro Fach nachgeholt.“  Die Lehrer werden dazu angehalten, ihre Pausen in den Klassenräumen zu verbringen, damit das Lehrerzimmer nicht zu voll wird. „Aber das sollte ohnehin kein Problem darstellen“, vermutet Mühle. Meistens werden sich nur sieben bis acht Lehrer gleichzeitig an der Schule aufhalten. Mehr Sorgen macht sich der Schulleiter darum, wie der normale Schulbetrieb mit allen Schülern wieder aufgenommen werden kann. „Ich glaube nicht an den Vollbetrieb“, sagt er. Die Sicherheitsmaßnahmen seien dann nur schwer einzuhalten. Primär möchte er sich  darauf fokussieren, die Abiturienten bestmöglich vorzubereiten. „Sie dürfen ihr Ziel nicht aus den Augen verlieren.“

Gabriele Vogt der Montessori-Gesamtschule muss mit der Herausforderung umgehen, gleich zwei Jahrgänge zu einem Abschluss führen zu müssen: Die EF und die Q2. Für die Schüler soll die Möglichkeit geschaffen werden, noch einmal Fragen zu stellen und vorbereitete Referate als Wiederholung zu halten. Außerdem sollen mündliche Prüfungen simuliert werden. „Wir haben ohnehin Einzeltische“, berichtet die Schulleiterin. „Das erleichtert es uns, den vorgeschriebenen Abstand einzuhalten“. Besonders herausfordernd findet sie die Unplanbarkeit der Situation und die Tatsache, dass sich die Vorgaben täglich ändern können. „Es wird Schüler geben, die nicht am Unterricht teilnehmen können, die müssen dann digital unterrichtet werden“, berichtet Vogt.

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