Krefeld Charme-Offensive: Aachens neuer Bischof wird Steckenpferdritter

Krefeld · Die Nachricht, dass der neue Bischof von Aachen, Helmut Dieser (54), Steckenpferdritter in Krefeld wird, ist keine der üblichen Personalien im Rahmen der fünften Jahreszeit. So sehr dieser Termin ein fester Punkt im närrischen Festkalender ist, so sehr ist der Prinzengarde diesmal ein Coup gelungen, der über den Karneval hinausweist. Bischof Dieser wird der Stadt in nächster Zeit gleich zweimal seine Aufwartung machen - man darf das getrost und etwas salopp als Charme-Offensive deuten oder schlicht als Signal: Nach Turbulenzen mit für Katholiken teils schmerzhaften Spannungen zwischen Krefelder Gemeinden und der Bistumsleitung in Aachen setzt der Bischof auf einen pastoralen Neuanfang.

Wie berichtet, wird Dieser am 3. Dezember zu einem Pontifikalamt in St. Dionysius mit anschließendem Gang über den Weihnachtsmarkt nach Krefeld kommen; am 25. Januar ist dann die Verleihung der Steckenpferdritterschaft. Beide Termine sind Gelegenheiten für den Menschenfischer und eine Chance, das Verhältnis von Aachen und der Basis quasi auf Anfang zu setzen. Die letzten Jahre waren für das katholische Krefeld überschattet von Konflikten um die Neuordnung der Gemeinden. Dafür stehen die Namen des Regionaldekans Johannes Sczyrba, der im Streit um die Reformen Krefeld verließ, und von Pfarrer Günter Zorn von St. Thomas Morus, der sich bis zuletzt erbittert gegen die von Aachen verordneten Änderungen gewehrt hat. Dem früheren Bischof Heinrich Mussinghoff war in dieser Phase die undankbare Aufgabe des Reformers zugefallen, der angesichts von Priestermangel und schrumpfender Gemeinden neue Strukturen angehen musste. Ob er dabei immer das nötige Fingerspitzengefühl walten ließ, sei dahingestellt. Sicher ist: Er musste als Bischof Kärrnerarbeit leisten, auf der sein Nachfolger nun aufbauen kann.

Nach allem, was man von Bischof Dieser weiß, ist der Wechsel eine glückliche Fügung. Die Aachener Zeitung berichtet über die Amtseinführung des Bischofs, Dieser habe die Herzen der Aachener im Sturm erobert. In seiner Predigt habe er leidenschaftlich dazu aufgerufen, "gemeinsam Kirche zu sein"; er wolle als Bischof nicht abgehoben, nicht elitär, nicht verschroben sein. Wie zum Beweis dessen stattete Bischof Dieser nach der Messe im Aachener Dom den Gläubigen in einer benachbarten Kirche, die die Amtseinführung per Video verfolgt hatten, einen Besuch ab: ein Bad in der Menge, das protokollarisch nicht vorgesehen war.

Dazu passt, dass Helmut Dieser auch über seine akademischen und kirchlichen Ämter ein ausgewiesener Pastoraltheologe ist. 1996 erhielt er einen Lehrauftrag für Homiletik am Institut für Pastoralpsychologie und Homiletik des Priesterseminars Trier. Zudem gehört er unter anderem der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz an. Bei Dieser schlagen Verstand und Herz offenbar für die Frage, wie man Menschen erreicht und ihnen Hirte und Leiter sein kann. Das ist es, was Krefeld nach den Konflikten der Vergangenheit brauchen kann.

Humor soll er übrigens auch haben. Auch eine gute Voraussetzung fürs Menschenfischen - und für die Verleihung des Närrischen Steckenpferdes.

(RP)
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