Krefeld CDU-Parteigeldaffäre: Strafbefehl für Ex-Geschäftsführer Jürgen S.

Krefeld · Der langjährige Parteigeschäftsführer der CDU erhält einen Strafbefehl über zehn Monate auf Bewährung. Er hat gestanden, Parteigeld veruntreut zu haben. Sein Geständnis erspart ihm einen Gerichtsprozess.

 Bei der Pressekonferenz zur Parteigeldaffäre im Juni 2013: CDU-Kassiererin Anja Peters, CDU-Parteichef Marc Blondin und Ex-Parteichef und Landtagsabgeordneter Winfried Schittges.

Bei der Pressekonferenz zur Parteigeldaffäre im Juni 2013: CDU-Kassiererin Anja Peters, CDU-Parteichef Marc Blondin und Ex-Parteichef und Landtagsabgeordneter Winfried Schittges.

Foto: Thomas Lammertz

Jürgen S. (66), ehemaliger Parteigeschäftsführer der Krefelder CDU, hat wegen der Veruntreuung von Parteigeldern einen Strafbefehl mit einer zehnmonatigen Haftstrafe auf Bewährung erhalten. Dies teilte der Krefelder Staatsanwalt Axel Stahl auf Anfrage unserer Zeitung mit. Im Juni 2013 hatte der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe als mögliches Strafmaß für S. angekündigt. Das Schuldeingeständnis wirkt nun strafmildernd. Auch erspart es Jürgen S. den öffentlichen Gerichtsprozess. Der Angeklagte sei letztlich geständig gewesen, berichtete Stahl. Von einer Geldstrafe hat die Staatsanwaltschaft abgesehen, weil bei S. ohnehin "nichts mehr zu holen" sei.

Krefelds CDU-Parteichef Marc Blondin erfuhr gestern über unsere Zeitung von dem Strafbefehl und sagte: "Es ist eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft, die muss man respektieren." Am 16. September will er den Fall bei der nächsten Sitzung des CDU-Kreisvorstandes besprechen. "Wir behalten uns auf jeden Fall weitere rechtliche Schritte vor."

Die CDU-Parteigeldaffäre hatte im Juni 2013 weit über Krefeld hinaus Wellen geschlagen. Bei einer Überprüfung des Parteivermögens durch den neuen CDU-Vorstand um Marc Blondin fiel zunächst auf, dass Computer und Beamer im Parteibüro an der Carl-Wilhelm-Straße fehlten. Durch Prüfung der Parteikonten wurde dann festgestellt, dass der langjährige Parteigeschäftsführer Jürgen S. mindestens von 2005 bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2012 Geld vom CDU-Parteikonto auf eigene Konten transferiert hat, mit einem "ausgeklügelten und undurchsichtigen System von Buchungen", wie es damals hieß. Diesen Fall machte Marc Blondin öffentlich, übergab alle Unterlagen an die Staatsanwaltschaft Krefeld. Die CDU ging zunächst von 90 000 Euro Schaden aus, allein 18 000 Euro aus der Kasse der Seniorenunion. Inzwischen, so teilte gestern Blondin mit, sei der Schaden noch höher. Zusammen mit seiner Kassiererin Anja Peters sei er immer noch dabei, die endgültige Schadenssumme festzustellen. Das Problem: Weil alle Geschäftsberichte, die vor 2003 erschienen, nicht mehr aufbewahrungspflichtig sind, ließen sich die Kontenvorgänge in der Zeit davor nicht mehr nachvollziehen, sagte Blondin zuletzt.

S. hat bereits im Sommer 2013 eine notarielle Schuldanerkenntnisurkunde unterschrieben, in der der Schaden auf 72 000 Euro taxiert wird. Seitdem habe S. einige Zahlungen getätigt, um seine Schulden zu begleichen, erklärte Parteichef Marc Blondin. Allerdings reiche dies bei Weitem noch nicht.

Klar ist schon jetzt: Die Staatsanwaltschaft sieht keinen Grund, auch den damaligen CDU-Parteichef Winfried Schittges juristisch zu belangen, für den S. die Parteikasse führte. Staatsanwalt Stahl betonte gestern gegenüber unserer Zeitung, dass sich Schittges nach Kenntnis der Staatsanwaltschaft nichts habe zu Schulden kommen lassen.

30 Jahre war Jürgen S. insgesamt Geschäftsführer der Krefelder CDU. Der in Menden/Sauerland geborene S. war in Krefeld auch als Sprecher der Fischelner Schützen bekannt. Gegenüber unserer Zeitung zeigte sich S. bereits im Juni 2013 geständig. Einer der Gründe für den Griff in die Parteikasse sei sein Ärger über den Vorschlag eines vorgezogenen Ruhestands gewesen, erklärte er vor einem Jahr. Hintergrund: Der CDU-Geschäftsführer wird aus Mitteln der Landespartei finanziert - da die Krefelder CDU bei dieser Schulden hat, wollte sie einige Zeit auf einen Parteigeschäftsführer verzichten, um Schulden abzubezahlen. S. sollte also früher in Rente gehen, er schob dies auf und ging erst im August 2012 offiziell. Erst danach begann die Ermittlung. S. bestritt gegenüber unserer Zeitung vor einem Jahr, dass er Transaktionen so verschleiert hat, dass es bei einer gründlichen Prüfung nicht hätte auffallen können. "Es waren in der Regel direkte Überweisungen von der CDU auf meine Konten, mit fingierten Betreffzeilen".

S., bei der CDU verdiente er damals ca. 5000 Euro Monatsgehalt brutto, betonte auch, dass es keine Mitwisser gab, er die Entnahme alleine vollzogen habe. Der Grund für die Handlung: Schulden. "Die Hausschulden drücken, ich zahle sechs Prozent Zinsen für meine Kredite. Die Hälfte meines Gehaltes als Geschäftsführer geht für die Finanzierung des Hauses drauf. Ich hatte offenbar einen Vertrauensvorschuss, dem ich aber nicht entsprochen habe." Mittlerweile will sich S. nicht mehr öffentlich äußern.

(RP)
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