Krefeld CDU entsetzt, SPD jubelt

Krefeld · Krefeld gestern Abend um 18 Uhr zur ersten Hochrechnung: Bei der CDU herrschte nach dem Wahldesaster eisiges Schweigen, die SPD ahnte schon den "Doppelsieg".

Landtagswahl 2012 in Krefeld: CDU bitter enttäuscht
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Landtagswahl 2012 in Krefeld: CDU bitter enttäuscht

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Kollektiver Jubel herrschte gestern um 18 Uhr in der Krefelder SPD-Parteizentrale am Südwall. Die Krefelder Sozialdemokraten hatten sich im rot-grün beleuchteten Saal um den Flachbildschirm versammelt. Als die erste Hochrechnung verlesen wurde, spielten sich Emotionen ab wie sonst nur auf dem Sportplatz. Die Genossen lagen sich in den Armen, SPD-Ratsherr Frank Meyer ballte die Hände zur Faust, Ratsherr Jürgen Hengst rief sofort die Auswirkungen für Krefeld in den Saal ("Uli und Ina sind drin"). Die SPD feierte einen rauschenden Wahlabend: Alle Getränke ein Euro, dazu Currywurst vom Krefelder Caterer Jürgen Lomme (zwei Euro). Damit spielten die Sozialdemokraten auf das Plakat der Landes-SPD im Ruhrgebiet ("Currywurst ist SPD") an.


Die erste Freude über das Landes-Ergebnis kam spontan — danach begann für beide Krefelder Kandidaten das Warten auf Nachrichten aus dem Krefelder Rathaus. Ina Spanier-Oppermann (41,28 Prozent) blieb bis zum Endergebnis nervös, wollte keine vorschnellen Gratulationen annehmen. Den Nachmittag hatte sie mit Sohn Philipp (6) verbracht — zum Muttertag hatte der ihr einen DVD-Nachmittag geschenkt ("Wickie und die starken Männer"). Am Ende war es Ina Spanier-Oppermann, die den vermeintlich starken Mann Winfried Schittges (CDU) besiegte, und ihn noch in der Stunde ihres Sieges kritisierte: "Ich hätte mir gewünscht, einmal mit Herrn Schittges bei einer Podiumsdiskussion auftreten zu können. Statt seiner hat die CDU immer andere Vertreter geschickt.


Der Amtsinhaber im Wahlkreis 47, Ulrich Hahnen, wusste schon um 18 Uhr mit einiger Sicherheit, dass er wieder im Landtag ist (3,5 Prozent mehr als 2010). Seine ersten Chemo-Therapien nach der Krebs-Diagnose sah man ihm an. Hahnen wirkte aber fröhlich-kraftvoll: Die Prognose der Ärzte sei sehr gut: "Ende Juni kommt die Operation, nach der Sommerpause bin ich wieder im Landtag."


Einmal nur wurde es ganz still in der SPD-Zentrale; als CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen via TV seinen Rücktritt vom CDU-Landesvorsitz erklärt. Viele SPD-Leute empfanden Mitleid: "Man muss ihm Respekt dafür zollen, dass er die Schuld für die Niederlage auf sich nimmt", sagte der Krefelder SPD-Vorsitzende Bernd Scheelen. Er habe schon zum Wahlkampfstart prophezeit: "Ina und Uli, ihr holt beide den Wahlkreis direkt". Gestern wurde Scheelen bestätigt — und kann sich auch persönlich glücklich schätzen: Im Juni will er den Vorsitz der SPD an Frank Meyer abgeben: "Für die Abschlussbilanz in meiner Rede ist das Ergebnis ein Traum", sagte Scheelen.

CDU unter Schock

"Niederschmetternd" — kommentierte Winfried Schittges das Abschneiden der CDU in Nordrhein-Westfalen. Auch persönlich fühlte er sich gestern so, "wie Bayern München am Samstag." Er hat sein Direktmandat an die SPD verloren und wird wahrscheinlich nur über die Liste wieder in den Landtag einziehen. Das Ergebnis war überklar: Während die neue Herausfordererin Ina Spanier-Oppermann 41,28 Prozent erzielen konnte, blieb Schittges, nach 22 Jahren im Landtag ein "alter Hase", mit 33,86 Prozent deutlich hinter ihr. Gegenüber der Landtagswahl von 2010 verlor er 7,68 Prozentpunkte. Damals holte er den Wahlkreis mit 41,28 Prozent noch direkt, die SPD blieb bei 36,69 Prozent nur zweiter Sieger.


Auch für Peter Kaiser, CDU-Kandidat im Wahlkreis Krefeld I, bedeutete das Wahlergebnis das Ende seiner Ambitionen auf Landespolitik. Er unterlag deutlich dem bisherigen SPD-Landtagsabgeordneten Uli Hahnen. Während die SPD ihr Ergebnis von 41,03 auf 44,33 Prozent noch steigern konnte, verlor die CDU gegenüber der Wahl von 2010 deutlich über sechs Prozentpunkte: 28,92 Prozent nach 35,29 Prozent. Einen Plan B gibt es für Kaiser nicht. Er ist CDU-Ratsherr und wird im Stadtrat den Wählerwillen weiter erfüllen. "Ich mache weiter und werde mich nicht zurückziehen."


Bei der "Wahlparty" in der Kreisgeschäftsstelle wurde Kaiser nur kurz gesichtet, dann verschwand er ins Rathaus. Selbst CDU-Fraktionsvorsitzender Wilfrid Fabel wusste nicht, wo Peter Kaiser steckte. Am Telefon sagte Kaiser später, er fahre noch nach Fischeln, wo er sich mit Parteifreunden im Saal Gietz treffen wolle. Er hatte versprochen zu kommen, mit oder ohne Sieg, er wollte sich für die aktive Unterstützung im Wahlkampf bedanken. Das Ergebnis der Landtagswahl in NRW sei für die CDU eine Katastrophe. Kaiser hatte sich gestern aber schnell gefasst und schaute nach vorn — auf die Kommunalwahl 2014. Auch in Krefeld müsse sich jetzt die CDU als Partei personell und inhaltlich verändern und in ihrem Auftreten stärker werden.


Nach den ersten Trends war allen Beteiligten in der Kreisgeschäftsstelle klar, dass die Wahl gelaufen war. Je mehr die Wahlbezirke ausgezählt waren, desto mehr war zu erkennen, dass die Unterschiede zwischen den CDU- und SPD-Kandidaten zu groß waren. Es gab kein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Winfried Schittges erklärte, er habe einen engagierten Wahlkampf geführt und 2000 Hausbesuche absolviert. Weil für den Wahlkampf kaum Geld da war, habe er auch nicht Anzeigen geschaltet, sondern auf die persönliche Ansprache gesetzt.

(areh)
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