Krefeld "Castellfest" mit archäologischen Führungen und Römer-Bratwurst

Krefeld · Geschichte anschaulich vermittel: Dargestellt wird römischer Alltag vom Handwerker bis zum Soldaten, es gibt Führungen zu archäologischen Grabungen - und römische Essen.

 Römer in Krefeld: Ralf Möller als syrischer Hilfstruppensoldat (l.), Museumsleiterin Jennifer Morscheiser, und Legionär Marcellus, Michael Kadler (v.l.) werden beim Kastellfest erklären, wie die Römer vor 2000 Jahren lebten.

Römer in Krefeld: Ralf Möller als syrischer Hilfstruppensoldat (l.), Museumsleiterin Jennifer Morscheiser, und Legionär Marcellus, Michael Kadler (v.l.) werden beim Kastellfest erklären, wie die Römer vor 2000 Jahren lebten.

Foto: Stadt Krefeld

Es ist eine Premiere: Römisches Leben und eine aktuelle archäologische Grabung können Besucher in Krefeld erleben. Das Museum Burg Linn veranstaltet am Samstag, 23. September, und Sonntag, 24. September, ein Castellfest in Krefeld-Gellep. "In dieser Form findet es zum ersten Mal statt", so Museumsleiterin Jennifer Morscheiser. Der Eintritt und die Führungen sind kostenfrei. Das Programm bietet lebendige Einblicke in das Leben römischer Soldaten aus dem 1. Jahrhundert nach Christus am Niederrhein. Wer mag, kann sogar römische Bratwürste probieren, die eigens für diesen Tag von einem Metzger nach einem Rezept des römischen Kochbuchautors Apicius hergestellt wurden.

Spektakulärer dürfte die Darstellung eines römischen Lagers mit römischen Handwerkern und Soldaten in authentischer Gewandung und Bewaffnung sein. "Wir haben als einen Höhepunkt eine römische Reitereinheit, die einmal am Tag eine Vorführung macht", berichtet Morscheiser. Die "Darsteller" kommen aus ganz Deutschland zusammen. Sie repräsentieren eine Disziplin, die in der Archäologie wichtig und anerkannt ist: das "Reenactment" (englisch für Wiederaufführung; Nachstellung). Mit Spaß am Verkleiden hat das wenig zu tun; es geht um historisch korrekte Rekonstruktion: "Unter anderem stellt ein Teilnehmer einen syrischen Bogenschützen dar, der mit seiner Reitereinheit im 1. Jahrhundert am Niederrhein war - da stimmt das kleinste Detail", sagt Morscheiser.

Auch die römische Küche ist ein Thema des Wochenendes. "Getreide war ein Hauptnahrungsmittel der Soldaten", berichtet Morscheiser, "Fleisch war teuer." Wie die Römer gegessen haben, ist in Kochbüchern und Rezepten überliefert. Zu den bekanntesten römischen Gourmets gehörte Marcus Gavius Apicius (25 v. Chr. bis vor 42 v. Chr.). Er galt als Luxus-Prasser, soll von Flamingozungen geschwärmt und empfohlen haben, Schweine mit Feigen zu mästen, damit ihrer Leber besonders gut schmeckt. Aus einem der Bücher von Apicius stammt das Bratwurstrezept, das Morscheiser einem Metzger gegeben hat.

Das Wochenende ist auch ein Familienfest. Die Gäste lernen einen römischer Bäcker kennen, einen Schmied, einen Edelsteinschleifer, einen Arzt und einen Lehrer aus der Antike, dazu Hilfstruppen und Prätorianer. Kinder können sich auch mal eine Legionärsuniform anziehen und an einigen Ständen aktiv werden, beispielsweise Rundmühlen und Lederbeutel basteln.

Für das aktuelle Grabungsgelände im nördlichen Lagerdorf werden Führungen mit Archäologen angeboten. Mitarbeiter des Museums Burg Linn zeigen und erklären dort Techniken archäologischer Ausgrabungen.

Unter der Leitung des Krefelder Stadtarchäologen Dr. Hans-Peter Schletter gräbt ein Team aus Archäologen, Grabungstechnikern und Studenten auf einer Fläche von 3,7 Hektar seit April im römisch-fränkischen Gräberfeld und im Bereich der römischen Siedlung Gelduba. Auslöser für diese Ausgrabung ist der Plan für den einer Getreidemühle durch die österreichische Good Mills Group an dieser Stelle. Ohne vorherige archäologische Ausgrabung würden durch das Bauvorhaben bedeutende Informationen an einem der wichtigsten archäologischen Fundplätze Europas verlorengehen. Das zur Grabungsfläche angrenzende römische Kastell Gelduba soll Teil des für 2020 geplanten Unesco-Welterbes "Niedergermanischer Limes" werden.

(RP)
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